Flugzeug Sonnenaufgang

Die Luftfahrtindustrie, darunter auch Airbus, leidet sehr unter der Coronakrise. Jetzt kämpfen sie ums Überleben. - (Bild: Pixabay)

Das Glanzstück der Hamburger Industrielandschaft funkelt nur noch matt. Die Corona-Krise hat die Luftfahrtindustrie in eine tiefe Krise gestürzt und damit auch den Standort Hamburg. Mehr als 41.000 Menschen arbeiten bei Airbus, der Lufthansa Technik und am Hamburger Flughafen sowie einem dichten Netz von rund 300 Zulieferbetrieben, die sich darum gruppiert haben. Sie erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von mehr als fünf Milliarden Euro. Damit ist Hamburg der weltweit drittgrößte Standort der zivilen Luftfahrtindustrie - nach Seattle mit Boeing und Toulouse mit Airbus.

Ein Schwerpunkt der Hamburger Unternehmen ist die Ausstattung der Flugzeugkabinen; dazu gibt es eine weltweit beachtete Fachmesse. Eng verbunden mit der Branche sind zudem mehrere Forschungs- und Entwicklungsinstitute, darunter die Technische Universität Hamburg. "Für Hamburg hängt viel davon ab, dass sich Perspektiven entwickeln und Arbeitsplätze erhalten bleiben", sagt der Hamburger Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos). "Die Luftfahrtindustrie leidet als Branche mit am stärksten unter der Krise." Er setzt auf innovative Ideen und den Einsatz neuer Technologien.

Fatale Folgen für die Luftfahrtindustrie

"Das Stimmungsbild ist sehr negativ", berichtet Lukas Kaestner vom Netzwerk Hamburg Aviation. Neun von zehn der Hamburger Unternehmen erwarten einer Befragung zufolge schwere bis existenzbedrohende Folgen durch die Corona-Krise. Die Signale für die Branche sind verheerend. "Wir haben über Nacht mehr als ein Drittel unseres Geschäfts verloren", teilte Airbus-Chef Guillaume Faury seinen Mitarbeitern mit. "Die Luftfahrtindustrie wird schwächer und verletzlicher in der neuen Welt ankommen."

Das Hamburger Airbus-Werk in Finkenwerder mit rund 14.000 Beschäftigten wird weniger zu tun bekommen. Airbus drosselt die Produktion seiner erfolgreichen A320-Familie von 60 auf 40 Maschinen monatlich. Ungefähr die Hälfte dieser Flugzeuge wird bislang an der Elbe gebaut. Erst vor zwei Jahren hatte Airbus eine vierte, hochmoderne Fertigungslinie in Betrieb genommen, um die Produktion weiter hochzufahren.

Einige Abteilungen in Finkenwerder arbeiten bereits kurz, doch noch läuft die Produktion der A320-Familie. Ob alle Maschinen von den Kunden auch wie geplant abgenommen werden, ist dagegen nicht so sicher. Die Airlines verlieren selbst stündlich Millionenbeträge; ihre Flugzeuge stehen ungenutzt am Boden und verdienen kein Geld. "Im Moment gehen wir durch die Hölle", sagt Scott Kirby, der Chef von United Airlines. Ohne staatliches Geld wird kaum eine Airline durch die Krise kommen.

Alternativen zum Überleben

Für die Lufthansa wird es wohl eine Lösung geben und damit auch für die Lufthansa-Werft am Hamburger Flughafen. Sie hat bereits Kurzarbeit angemeldet für 12.000 Beschäftigte in Deutschland, davon 8.000 in Hamburg. Gegenwärtig bauen die Hamburger Techniker Passagiermaschinen zeitweise zu Frachtflugzeugen um, was relativ anspruchsvoll ist. Doch wenn nach der Krise weniger Flugzeuge in der Luft sind, benötigen sie auch weniger Wartung, Reparatur und Überholung. Die Lufthansa Technik steht nicht still; sie hat auch noch Aufträge von der Bundesregierung für neue Regierungsjets. Aber es ist dort sehr viel ruhiger geworden.

Die Zulieferer sind in der misslichen Lage, dass sie sich eng an Airbus gebunden und mit der Zusicherung auf langfristige Geschäftsbeziehungen Produktionskapazitäten und Personal ausgebaut haben. Einige von ihnen sind nicht allein auf die Luftfahrt-Branche angewiesen, sondern haben noch andere Standbeine oder versuchen, solche zu finden. So hat ein Zulieferer, der Kunststoffteile für die Nasszellen in Flugzeugen liefert, sich auf ähnliche Produkte für Wohnwagen und Wohnmobile verlegt, berichtet Kaestner. Doch das ist als Neustart nicht so einfach; die Märkte sind weitestgehend verteilt. Einige Unternehmen haben Kurzarbeit angemeldet, alle blicken voller Sorge auf Airbus.

Mittelfristig - wenn irgendwann Corona überwunden ist und das Fluggastaufkommen ähnlich hoch wie vor der Krise sein sollte - ist Hamburg gar nicht schlecht aufgestellt. "In der Perspektive hat sich nichts verändert", sagt der Hamburger Luftfahrt-Experte Cord Schellenberg. "Die Airlines werden wieder Flugzeuge brauchen und dann wird es einen Bedarf geben für neue Produkte." Punkten könnte Airbus zum Beispiel mit dem A321 XLR, einem Langstreckenflugzeug für 150 bis 180 Passagiere, das von 2023 an ausgeliefert werden sollte. "Die Luftfahrt hat in den vergangenen 70 Jahren alle Krisen überstanden" sagt Schellenberg optimistisch.

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dpa