Die IG Metall hat eine positive Zwischenbilanz der noch bis Ende Mai laufenden Betriebsratswahlen gezogen. "Angesichts von Kurzarbeit und pandemiebedingtem Homeoffice ist die bislang festgestellte Wahlbeteiligung von rund 62 Prozent ein sehr großer Erfolg", sagte die Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Christiane Benner, der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt. Die Bewerberinnen und Bewerber der IG Metall seien in den Belegschaften sehr gut angekommen und hätten auf vergleichbarer Basis mehr Mandate errungen als vor vier Jahren. Es sei zudem gelungen, extrem Rechte weitgehend aus den Gremien fernzuhalten.
Die IG-Metall-Vize-Chefin wies darauf hin, dass ihre Gewerkschaft erstmals die stärkste Liste beim Softwarekonzern SAP stellt und wertete auch den zweiten Platz im Tesla-Werk Grünheide als Erfolg. Dort hatten Bewerber der IG Metall 9 von 19 Sitzen errungen und mussten der firmennahen, von Inhaber Elon Musk unterstützten Gruppierung "Megavoice" die Mehrheit überlassen. Benner kündigte zügige Neuwahlen bei Tesla voraussichtlich im übernächsten Jahr an, wenn das Personal wie geplant schnell aufgestockt werde. So sehe es das Betriebsverfassungsgesetz vor. Die Gewerkschaft hofft vor allem auf Stimmen aus den Reihen der Produktionsbeschäftigten.
Mehrheit der Betriebe hat keinen Betriebsrat
Obwohl es laut Betriebsverfassungsgesetz in jedem Betrieb mit mehr als fünf Mitarbeitern einen Rat geben könnte, wird noch bis Ende Mai nur etwa in jedem zehnten Betrieb tatsächlich gewählt. Laut dem Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg (IAB) arbeiteten 2019 im Westen nur 41 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Arbeitnehmervertretungen, im Osten waren es sogar nur 36 Prozent. Wie bei der Tarifbindung gilt der Grundsatz, dass Mitbestimmung in größeren Unternehmen sehr viel wahrscheinlicher eingerichtet ist als in kleineren. Im Jahr 2018 lag die Beteiligung in den Betrieben, in denen gewählt werden konnte, laut DGB bei 75,5 Prozent.
Politisch dringt die IG Metall gemeinsam mit anderen Gewerkschaften auf eine ausgeweitete Mitbestimmung unter anderem in ökologischen und unternehmensstrategischen Belangen. "Das sogenannte Betriebsrätemodernisierungsgesetz der vorangegangenen Bundesregierung war nur ein Reförmchen", sagte Benner.
50 Jahre nach der letzten grundlegenden Änderung müsse das Betriebsverfassungsgesetz an die Bedingungen der Globalisierung angepasst und die Persönlichkeit der Arbeitnehmer gegen neue digitale Kontrollmöglichkeiten geschützt werden. In einem gemeinsamen Entwurf der DGB-Gewerkschaften ist zudem eine Reform der Vergütung für Betriebsratsmitglieder enthalten.