ZEW-Präsident Achim Wambach konnte einen Konjunktur-Aufschwung im Dezember verkünden.

ZEW-Präsident Achim Wambach konnte einen Konjunktur-Aufschwung im Dezember verkünden. (Bild: ZEW)

Wie haben sich die ZEW-Konjunkturerwartungen verändert?

Die Konjunkturerwartungen der deutschen Finanzexperten zeigen zum Jahresende einen unerwarteten Aufwärtstrend. Laut dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) stieg das Stimmungsbarometer im Dezember 2024 um bemerkenswerte 8,3 Punkte auf 15,7 Punkte. Damit erreichte der Index den höchsten Wert seit August. Analysten hatten hingegen mit einem leichten Rückgang gerechnet – auf lediglich 6,9 Punkte. Diese Diskrepanz zwischen Erwartung und tatsächlichem Ergebnis unterstreicht die aktuelle Unsicherheit in der wirtschaftlichen Prognose.

Die Einschätzung der Experten basiert maßgeblich auf den Entwicklungen in der deutschen Bundespolitik. Insbesondere die Aussicht auf vorgezogene Neuwahlen und die damit verbundenen Hoffnungen auf eine investitionsfreundlichere Wirtschaftspolitik scheinen den positiven Trend zu beflügeln. Hinzu kommt der Einfluss von möglichen weiteren Zinssenkungen, die den wirtschaftlichen Ausblick zusätzlich stabilisieren könnten.

Warum spielt die Politik eine zentrale Rolle?

ZEW-Präsident Achim Wambach betonte, dass die wirtschaftspolitischen Perspektiven eine Schlüsselrolle bei den verbesserten Erwartungen spielen. In einer offiziellen Mitteilung erklärte er: „Die vorgezogenen Neuwahlen in Deutschland mit der damit einhergehenden Erwartung auf eine investitionsfreundliche Wirtschaftspolitik sowie die Aussicht auf weitere Zinssenkungen sorgen für einen verbesserten wirtschaftlichen Ausblick.“

Zudem scheinen sich die Befragten hinsichtlich der Inflationsrate im Euroraum optimistisch zu zeigen. Laut Wambach erwartet die Mehrheit der Experten eine stabile oder sogar sinkende Inflationsrate. Diese Entwicklung könnte ein wichtiger Impuls für eine wirtschaftliche Erholung sein, da eine niedrigere Inflation Kaufkraft und Konsum stärkt.

Wie steht es um die aktuelle Konjunkturlage?

Trotz der verbesserten Erwartungen bleibt die aktuelle Bewertung der wirtschaftlichen Lage alarmierend. Der sogenannte Lageindikator des ZEW-Index fiel im Dezember weiter um 1,7 Punkte auf nunmehr -93,1 Punkte. Damit liegt die Bewertung auf einem der tiefsten Niveaus der letzten Jahre. Volkswirte hatten zwar mit einem leichten Rückgang auf -92,6 Punkte gerechnet, doch der weitere Absturz verdeutlicht die anhaltende Unsicherheit in der deutschen Wirtschaft.

Diese Divergenz zwischen den Erwartungen für die Zukunft und der gegenwärtigen Lage zeigt, dass die Wirtschaft trotz positiver Signale noch weit von einer nachhaltigen Erholung entfernt ist.

Wie unterscheidet sich die Entwicklung im Euro-Raum?

Auch die Eurozone zeigte ein ähnliches Bild wie Deutschland: Der Erwartungsindikator stieg um 4,5 Punkte auf 17,0 Punkte. Dies deutet darauf hin, dass Finanzexperten für den gesamten Euroraum etwas optimistischer in die Zukunft blicken. Doch wie in Deutschland trübt die aktuelle Lage das Gesamtbild erheblich. Der Lageindikator fiel für den Euroraum um deutliche 11,2 Punkte auf -55,0 Punkte.

Dieses Zusammenspiel aus wachsendem Optimismus und schlechter gegenwärtiger Situation zeigt, dass sich viele Experten auf mögliche politische und geldpolitische Maßnahmen stützen. Diese könnten den Wirtschaftsraum mittelfristig stabilisieren und Wachstum ankurbeln.

Welche Rolle spielen andere Stimmungsbarometer?

Der ZEW-Index steht nicht allein: Auch der Ifo-Geschäftsklimaindex liefert wichtige Indikatoren für die Wirtschaftsstimmung. Allerdings zeigte sich das Ifo-Barometer im Dezember weniger optimistisch. Es fiel auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, kommentierte die Entwicklungen wie folgt: „Während der Ifo-Geschäftsklimaindex die Hoffnungen auf eine baldige konjunkturelle Trendwende im kommenden Jahr begrub, senden die ZEW-Konjunkturerwartungen noch ein Fünkchen Hoffnung.“ Dieser Gegensatz zwischen den beiden Indizes könnte darauf hindeuten, dass der wirtschaftliche Ausblick stark von den bevorstehenden politischen Entscheidungen abhängt.

Was macht die ZEW-Erwartungen besonders?

Der ZEW-Index unterscheidet sich in seiner Methodik deutlich von anderen Stimmungsbarometern. Während beispielsweise der Ifo-Index auf Unternehmensbefragungen basiert, konzentriert sich das ZEW auf die Einschätzungen von Finanzmarktexperten. Diese Perspektive ist besonders wichtig, da sie Investorenstimmungen und Kapitalmarktbewegungen widerspiegelt.

Die im ZEW-Index enthaltenen Hoffnungen könnten also ein Frühindikator für mögliche Marktreaktionen sein. Gerade in Zeiten hoher Unsicherheit liefern solche Erwartungen wertvolle Einblicke in die mögliche Richtung der wirtschaftlichen Entwicklung.

dpa

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