Die Konjunktur des ostdeutschen Maschinen- und Anlagenbaus hat im dritten Quartal weiter an Fahrt verloren. Zwei von drei Unternehmen bewerteten ihre Geschäftslage negativ. Ausschlaggebend sind die Folgen der Coronavirus-Pandemie, welche die Branche zusätzlich zu den bestehenden wirtschaftspolitischen und strukturellen Herausforderungen bewältigen muss. Die Stimmung hellt sich unterdessen etwas auf: Mehr Betriebe als bisher rechnen bis zum Jahresende mit besseren Geschäften. Das ergab eine Umfrage des VDMA Ost unter den 350 Mitgliedern in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Die Auftragslage hatte sich aufgrund der globalen Handelsstreitigkeiten, der weltweiten Konjunkturflaute und des Strukturwandels in Automobilindustrie und Energiesektor bereits 2019 eingetrübt. „Im Frühjahr führte dann die Pandemie mit den weitreichenden Beschränkungen zu einem tiefen Einschnitt. Das internationale Geschäft wurde stark ausgebremst, Maschinen konnten und können nicht in Betrieb genommen, Serviceleistungen nicht erbracht werden“, sagt Oliver Köhn,
Geschäftsführer des Landesverbandes. Der schwer abschätzbare Pandemieverlauf hemmt die Investitionsbereitschaft zusätzlich. „Die Kunden ordern nur sehr zurückhaltend neue Maschinen, Anlagen und Teile. Sie verschieben und stornieren zudem bereits erteilte Aufträge“, ergänzt Köhn.
Politik soll Probleme der Unternehmen ernst nehmen
Das spiegelt sich in wichtigen Kennziffern wider. Fast die Hälfte der Unternehmen registrierte im dritten Quartal 2020 weniger Bestellungen als im Vorquartal. Die Kapazitätsauslastung sank auf durchschnittlich 71 Prozent – ein Jahr zuvor lag sie bei
85 Prozent. Das Auftragspolster der Firmen reicht im Durchschnitt für 3,5 Produktionsmonate bis Mitte Januar 2021.
Mit Sorge beobachten die Unternehmen jedoch nicht nur die Pandemie, sondern auch die politischen Schieflagen in vielen Ländern, die sich weiter zuspitzenden Handelskonflikte und die Sanktionspolitik gegenüber Russland. Kritik gibt es zudem an Stimmen aus der Politik, die sich auf bestimmte Antriebstechnologien für die Mobilität der Zukunft festlegen wollen. „Die Veränderungen in der Automobilindustrie dürfen nicht mit der Brechstange herbeigeführt werden, sonst riskieren wir das Ende einer ganzen Zulieferindustrie“, mahnt Köhn.
Der Verbrenner sei als Brückentechnologie wichtig, bis die bestmögliche Lösung gefunden ist. „Natürlich müssen sich die Unternehmen dem Wandel stellen, um international nicht den Anschluss zu verlieren. Aber alles auf eine Karte zu setzen, ist falsch“, fügt er an. Vielmehr müsse Technologieoffenheit im Vordergrund stehen, damit sich für die Vielfalt der Mobilitätsanwendungen die jeweils beste Technik durchsetzen kann.
Leise Zuversicht bei Geschäftsaussichten
Zudem beklagen die Maschinenbauer die überbordende Bürokratie in Deutschland. Neue Regelungen wie das geplante Lieferkettengesetz, ein Recht auf Homeoffice oder das Unternehmensstrafrecht würden der Branche schwer zu schaffen machen. „Politik muss kalkulierbar bleiben. Die Entscheidungsträger müssen sich bewusst machen, dass der industrielle Mittelstand entscheidend zum Wohlstand Deutschlands beiträgt – er leidet aber schon heute unter den bürokratischen Lasten“, klagt Köhn.
Die Zukunft lässt sich momentan nur schwer planen. Dennoch kehrt sich die Stimmung der Unternehmen langsam wieder ins Positive. 26 Prozent der Firmen erwarten bis zum Jahresende bessere Geschäfte als im dritten Quartal. Das sind deutlich mehr als zuletzt: Für das dritte Quartal 2020 sagten das 21 Prozent, für das zweite Quartal 2020 gerade vier Prozent der Firmen. „Dass diese Prognosen aber mit Vorsicht zu betrachten sind, zeigt die jüngste Virusausbreitung in deutschen Großstädten“, meint Köhn.
Unverändert sind die Personalplanungen. 70 Prozent der Betriebe wollen bis März 2021 ihre Mitarbeiter halten oder neue Mitarbeiter einstellen. Um die schwierige Zeit zu überbrücken, nutzten im dritten Quartal 2020 61 Prozent der Unternehmen Kurzarbeit. Das waren 7 Prozent mehr als im zweiten Quartal 2020, aber weniger Firmen als die, die das Arbeitsmarktinstrument ursprünglich in Erwägung gezogen hatten.
„Der Absturz scheint gebremst, die Lage bleibt jedoch angespannt. Wichtig ist daher, jetzt die Unternehmen zu entlasten, beispielsweise durch die Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags. Wir dürfen die wirtschaftliche Entwicklung der ostdeutschen Maschinen- und Anlagenbauer in den vergangenen 30 Jahren nicht aufs Spiel setzen“, betont der Landesverbandsgeschäftsführer.
Quelle: VDMA Ost