Die norddeutsche Chemieindustrie dringt auf einen schnellen Ausbau der Hafeninfrastruktur zur Einfuhr von Wasserstoff. "Aufgrund der riesengroßen Bedarfe an grünem Wasserstoff brauchen wir neben der forcierten Weiterentwicklung unseres Heimatmarktes dringend deutsche Importterminals", sagte der Landesvorsitzende des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Detlev Wösten, am Montag in Laatzen bei Hannover.
Die norddeutschen Häfen seien dafür wegen ihrer Erfahrung bei der Entladung von Gasen und vorhandener Pipelines ideale Standorte. Sowohl im niederländischen Rotterdam als auch im belgischen Antwerpen seien entsprechende Projekte schon angeschoben worden, der Handlungsdruck sei daher enorm, sagte Wösten.
So hoch wird der nationale Bedarf geschätzt
Die Bundesregierung hatte sich vor knapp drei Wochen auf eine nationale Wasserstoffstrategie verständigt. Diese sieht zusätzlich zu laufenden Förderprogrammen sieben Milliarden Euro dafür vor, dass sich die Technologie am Markt durchsetzt, und weitere zwei Milliarden Euro für internationale Partnerschaften. Bis 2030 sollen Anlagen zur Produktion von bis zu 14 Terawattstunden grünen Wasserstoffs aus erneuerbaren Energien in Deutschland entstehen. Der nationale Bedarf wird allerdings auf 90 bis 110 Terawattstunden geschätzt.
Das bedeutet: Stellt die Industrie auf Wasserstoff um, um klimafreundlicher zu produzieren als bisher, wird sie einen großen Teil aus dem Ausland importieren müssen - selbst wenn der Ausbau etwa der Windkraft hierzulande wieder an Fahrt gewinnen sollte. Stahlwerke und Raffinerien auch in Norddeutschland bräuchten Wasserstoff "in Riesenmengen, nicht in Apothekenmengen", betonte der Geschäftsführer des VCI Nord, Jochen Wilkens.
In Niedersachsen gab es nach der Veröffentlichung der nationalen Wasserstoffstrategie geradezu euphorische Reaktionen. Die Vision: In Industrie und Verkehr soll grüner Wasserstoff die bisherigen Energieträger Kohle, Öl und Erdgas verdrängen - und so die CO2-Bilanz Deutschlands aufhübschen.