Grammer, Prevent, Übernahme, VW

Grammer stellt Komponenten und Systeme für die Pkw-Innenausstattung sowie von Fahrer- und Passagiersitzen für Offroad-Fahrzeuge, Lkw, Busse und Bahnen her. - (Bild: Grammer)

Neben dem Austausch der Aufsichtsräte plant die Gruppe, Grammer-Chef Hartmut Müller abzulösen. Das berichtet das "Manager Magazin".

Laut öffentlich zugänglichen Quellen handelt es sich bei Cascade, die 10,001 Prozent der Stimmrechte an Grammer hält, um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Eastern Horizon Group Netherlands, an der die beiden Söhne des Unternehmers Nijaz Hastor, Kenan und Damir Hastor, zusammen mehrheitlich beteiligt sind. Darüber hinaus sind Kenan und Damir Hastor aktuell die alleinigen Anteilseigner von Halog, die weitere 10,22 Prozent der Stimmrechte an der Grammer AG hält.

Die Hastors, Inhaber der Prevent-Unternehmensgruppe, haben erst im Sommer 2016 gezeigt, dass sie nicht mit sich spaßen lassen. Im Streit um Geld für ein abgeblasenes Projekt stoppten zwei deutsche Prevent-Töchter im vergangenen August die Lieferung von Getriebeteilen und Sitzbezügen an Volkswagen.

Die Folgen: Dramatisch! Denn VW hatte sich bei diesen beiden Bestandteilen nur auf eben diese Zulieferer verlassen. In Wolfsburg stotterte zwischenzeitlich die Golf- und in Emden die Passat-Fertigung. 28.000 Mitarbeiter mussten pausieren.

Nun greift die Prevent-Eigentümerfamilie Hastor nach der Macht bei einem weiteren deutschen Zulieferer. Dieser spielt jedoch in einer anderen Liga als die bisherigen deutschen Prevent-Töchter. Mit seinen 12.000 Mitarbeitern und 1,5 Milliarden Euro Umsatz ist Innenraum-Spezialist Grammer fast dreimal so groß wie die Prevent-Gruppe, die jährlich rund 500 Millionen Euro umsetzt.

Hastors sind Übernahme-Profis

Kommt es nun zum Machtkampf um die Führung des Zulieferers? Die Pläne der Hastors scheinen undurchsichtig. Grammer erklärte mittels Pressemitteilung: „Die Hintergründe und Ziele der Beteiligung von Cascade und Halog an der Grammer AG sind nach wie vor nicht bekannt, sind aber für den Vorstand und den Aufsichtsrat der Grammer AG von großem Interesse für die weitere Entwicklung des Konzerns im Sinne aller Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden und aller anderen Stakeholder. Die Grammer AG hat daher wiederholt den Dialog mit Vertretern der Cascade und bereits vorher mit Vertretern der Familie Hastor aktiv gesucht. Es ist jedoch bislang zu keinem klärenden Gespräch gekommen.“

Darüber hinaus erklärte Grammer, dass die Forderung Cascades zur Einberufung einer Hauptversammlung und die Absicht zum Austausch von fünf der sechs Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner durch der Familie Hastor nahestehende Personen sowie der Vertrauensentzug gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden für Vorstand und Aufsichtsrat völlig unerwartet kamen und nicht nachvollziehbar seien. Denn die Umsetzung dieser Forderungen könnte letztendlich eine Kontrollübernahme durch einen Minderheitsaktionär zu Lasten aller übrigen Aktionäre bedeuten.

Weiter heißt es in der Erklärung gegenüber der Presse: „Vorstand und Aufsichtsrat der Grammer AG bekennen sich uneingeschränkt zur weiteren Fortsetzung der erfolgreichen Unternehmensstrategie und einer unabhängigen Corporate Governance im Interesse aller Aktionäre und Stakeholder und lehnen daher die Forderungen der Cascade ab.“

Auch wesentliche Kunden der Grammer AG verfolgen die Entwicklung in der Aktionärsstruktur und den Anteilsbesitz der Familie Hastor an der Grammer AG sehr genau. Sie haben gegenüber dem Unternehmen betont, dass die Unabhängigkeit der bestehenden Organe der Grammer AG und die erfolgreiche Weiterführung der operativen und strategischen Geschäftspolitik als unerlässlich angesehen werden. Auch der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler hat schon mal Widerstand gegen die Machtübernahme der Hastors bei Grammer angekündigt.

Darüber hinaus hätten weder Cascade noch Halog bislang Zweifel an der Geschäftsentwicklung des Unternehmens sowie den Leistungen des Vorstands und des Aufsichtsrates geäußert, heißt es in Grammers Presseerklärung. Vielmehr stimmte Halog noch auf der letzten Hauptversammlung der Grammer AG im Mai 2016 für die vollständige Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat und hat mit ihrer Zustimmung deutlich gemacht, mit der Arbeit der Organe der Grammer AG sehr zufrieden zu sein.

In einem ersten öffentlichen Statement zu den Vorgängen greift Cascade die Grammer-Führung jedoch an. Diese sei bei steigenden Umsätzen "nicht mit dem nötigen Engagement" gegen sinkende Gewinnmargen angegangen. Cascade forderte erneut "die schnellstmögliche Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung". Gleichzeitig bestreitet die Cascade, eine "feindliche Übernahme" von Grammer zu planen.

Dabei sind die Hastors Übernahme-Profis. Zur Prevent-Gruppe gehört auch eine Sparte für Holzverarbeitung und Möbelbau. Die war in den vergangenen Monaten in Deutschland auf Einkaufstour. Vor kurzem hat eine Investmentgesellschaft der Hastors den hoch verschuldeten Küchenhersteller Alno aus Pfullendorf übernommen. Im Jahr 2016 schluckte die Prevent-Gruppe den Möbelhersteller Wössner, im Jahr davor den Polstermöbelspezialisten Gepade.

Alldieweil dauerte es Jahrzehnte bis die Hastors ihre Unternehmensgruppe Stück für Stück zusammensetzte. Neben dem Automotive-Geschäft und dem Möbelbau sind sie auch in der Immobilienbranche, im Yachtbau und im Bankengeschäft aktiv.

Für viele Jahre waren die Hastors auch die bosnischen Hauptimporteure von VW, Audi, Seat, Skoda und Porsche. Dieses Geschäft traten die Hastors im Jahr 2015 an die VolkswagenTochter Porsche Holding Salzburg ab. Und das scheinbar nicht ganz freiwillig, sondern auf Druck des Volkswagen-Konzerns.

Sie möchten gerne weiterlesen?