von Dietmar Poll
Herr Franke, der Auftragseingang ist bei Siemens DT im Jahr 2012 zurückgegangen – welche Gegenmaßnahmen haben Sie ergriffen?
Im letzten Geschäftsjahr haben wir auf der einen Seite noch von unserem Auftragsbestand leben können – auf der anderen Seite aber auch zahlreiche Aktivitäten gestartet. In Regionen, in denen Geschäfte wie Solar oder wie Traktion wegbrachen, haben wir diese durch neue Geschäfte wie beispielsweise Marines ersetzt. Da sind wir sehr erfolgreich.
Und im kurzzyklischen Geschäft?
Da hält der Auftragsbestand eben nur über eine kurze Zeit, insbesondere bei den Geschäften mit Werkzeugmaschinen. Dort haben wir zwischen Auftragseingang und Auslieferung typischerweise sechs Wochen. Bei einem Standard-Asynchron-Motor, den wir millionenfach liefern, läuft das Geschäft teilweise im 24-Stunden-Raster ab. Da ist nun einmal die Situation so, dass die globale Wirtschaft an vielen Stellen schwächer ist als noch im letzten Jahr – das spüren wir natürlich auch.
Ihre Prognose?
Es wird sich im Wesentlichen auf das nächste Halbjahr des Geschäftsjahres konzentrieren, ob dann die Märkte wieder anziehen. Immerhin sind die Indikatoren für die Stimmungswende ja da. Denn wir werden im zweiten Halbjahr in China eine Wiederbelebung sehen, Deutschland wird das Niveau für den Rest des Jahres halten.
Und in Südeuropa?
Südeuropa wird dem so nicht folgen können, wobei Griechenland für unser Geschäft jetzt nicht wirklich etwas ausmacht. Italien ist da wichtiger – aber da sage ich ganz einfach, dass Italien auch an China hängt. Denn die italienischen Werkzeugmaschinen- und Produktionsmaschinenanbieter werden in der Zukunft auch wieder viel nach China exportieren. Und wenn China anspringt, dann kommt auch Italien wieder.
Auf welche neuen Technologien bauen Sie?
Mehr Integration und eine sinnvolle Verschmelzung des Antriebsstrangs aus Getriebe, Motor und Umrichter für den Anwender sind notwendig. Zudem die Integration in die Engineering-Systeme und daraus abgeleitet die Unterstützung für Industrie 4.0, dass wir dort eine einfachere Handhabbarkeit der Automatisierung für den Anwender anbieten – und zwar inklusive Antriebsstrang über den gesamten Lebenszyklus. Da gehen die Innovationen hin – inklusive neuer Materialien.
Blickt man über Ihre soeben genannten Innovationen hinaus – wo gibt es noch Handlungsbedarf?
Genau da, wo unser integriertes Antriebssystem hinzielt. Wir verstehen an vielen Stellen schon sehr genau, wie der Kundenprozess läuft – und auch wo dieser seine Schwachstellen hat. Und wo wir im Kundenprozess Produktivität, Verfügbarkeit und Energie-Effizienz steigern können. Das sind ja die Dinge, die letztendlich die Profitabilität des Kunden auch treiben. Genau an dieser Stelle wollen wir unsere Kompetenz weiter ausweiten und noch tiefer in die Kundenprozesse einsteigen, um Kundenverbesserungspotenziale in den Antriebsstrang zu übersetzen. Als ‚Integrated Drive Systems‘ werden wir diesen Ansatz auf der kommenden Hannover Messe vorstellen.
Wie begegnen Sie dem Thema der Rohstoffproblematik?
Die Lage betrachte ich zunächst als unkritisch. Denn ich glaube, es gibt immer Spekulationen und Preise, die sich anhand des Börsengeschäfts verändern, die aber nicht natürlich sind. Das Seltene-Erden-Beispiel ist ein hervorragendes, an dem man das ablesen kann, denn anhand des dramatisch steigenden Preises hat sich ganz klar gezeigt, dass die Attraktivität der Applikationen deutlich in den Keller gegangen ist.
Was zur Folge hat…
…dass viele Applikationen dann einfach umgestellt werden. Wird dieser spekulative Preis nicht nach unten korrigiert, dann ist der Markt weg. Dann wird der Motor eben nicht mehr mit Seltenen Erden bestückt sondern mit Ferriten oder es werden Reluktanzmotoren eingesetzt, die vorher eher eine Nische in dem Antriebsmarkt waren. Es wird also immer Ausweichtechnologien geben, wenn die Zulieferer die Preise überziehen. Das geht nicht immer 1:1, denn es braucht dafür eine Weile, aber die Dynamik ist dann doch sehr schnell.