Klaus Rosenfeld, Vorstandschef des noch im MDax notierten Zulieferers Schaeffler, will eine neue Sparrunde einläuten. Hunderte Stellen unter anderem in Deutschland sollen in der Autozuliefersparte wegfallen. Der Spezialist für Kupplungen, Getriebe und Wälzlager will sich stärker auf künftige Wachstumsfelder wie Elektroautos konzentrieren und Investitionen in unrentablere Bereiche zurückfahren. Die Aktie fiel am Mittag um fast 9 Prozent. Der Umsatz und mehr noch das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern hätten die Erwartungen des Marktes verfehlt, schrieb Analyst Jose Asumendi von der US-Großbank JPMorgan.
Einsparungen von 90 Millionen Euro
Schaeffler hatte schon früh im vergangenen Jahr vor widrigeren Bedingungen in der Industrie gewarnt. Doch die Probleme der Branche in Europa wegen des neuen Abgas- und Verbrauchstests WLTP sowie des Automarkts in China wegen des Zollstreits mit den USA verschärften sich im zweiten Halbjahr noch spürbar.
In einem ersten Schritt eines bis 2024 angelegten Effizienzprogramms will Schaeffler nun mit Einsparungen von 90 Millionen Euro die operative Marge in der Autozuliefersparte um einen Prozentpunkt verbessern. "Bei unserem neuen Effizienzprogramm geht es um Bremsen und Gasgeben gleichzeitig", sagte Schaeffler-Chef Rosenfeld im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Wenn der erste Schritt mit 90 Millionen Ergebnisverbesserung nicht reicht, dann werden wir nochmal nachlegen."
Rund 900 Stellen fallen weg
Mittelfristig soll die Rendite in der Automotive-Sparte im hohen einstelligen Prozentbereich liegen, vergangenes Jahr waren es 7,7 Prozent. Die Maßnahmen treffen insbesondere die Autozuliefersparte. Rund 900 Stellen in den europäischen Werken sollen insgesamt wegfallen, 700 davon in Deutschland. "Standorte zu konsolidieren heißt nicht, sie einfach kalt zu schließen", sagte Rosenfeld. Auch Verkäufe von Randaktivitäten aus den Bereichen Motoren- und Getriebesysteme seien denkbar, hieß es. Betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen sollen vermieden werden.
Die Investitionen in der Autozuliefersparte will Schaeffler in den nächsten beiden Jahren deckeln. "Wir müssen Investitionen stärker priorisieren, je nachdem wo die Nachfrage der Kunden ist", sagte Rosenfeld. "Klar, das bedeutet auch, dass nicht mehr so viel Geld in Aktivitäten fließt, die eher am Ende des Lebenszyklus stehen. In der jetzigen Welt macht es wenig Sinn, noch in Handschalter zu investieren."
In der E-Mobilität und der Fahrwerktechnik will Schaeffler den Auftragseingang in den kommenden drei Jahren auf 1,5 bis 2 Milliarden Euro pro Jahr steigern. "Wir sind etwas später in die Elektromobilität gestartet als andere, aber dank unserer technologischen Kompetenz sind wir gut gerüstet", so Rosenfeld. "Wir wollen zugleich die hohe Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor weiter reduzieren", sagte Matthias Zink, Chef der Autozuliefersparte.
Trübe Aussichten für 2019
Für die Umsetzung des Sparprogramms sind in diesem Jahr Kosten von rund 60 Millionen Euro veranschlagt. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren mehrere Programme gestartet, um die Profitabilität zu steigern. Zuletzt war der Umbau im Bereich mit Wälzlagern angegangen worden, dem weltweit rund 950 Stellen zum Opfer fallen dürften, davon rund 450 in Deutschland.
Zuvor hatte Schaeffler die lange schwächelnde Industriezuliefersparte und weitere kleine Bereiche auf mehr Rendite getrimmt, was bereits fast 1000 Arbeitsplätze wegfallen ließ. Auch in Großbritannien strafft Schaeffler die Produktion und legt Werke zusammen.
Grund für die Anstrengungen dürften die trüben Aussichten sein. 2019 rechnet Schaeffler mit noch weniger Schwung als im Vorjahr, der Umsatz soll - Währungseinflüsse ausgeklammert - um 1 bis 3 Prozent wachsen. Im vergangenen Jahr kletterte der Erlös vom starken Euro gebremst um 1,6 Prozent auf 14,24 Milliarden Euro, ohne Wechselkurseffekte wären es 3,9 Prozent gewesen. Das ist weniger als der Konzern mit mindestens vier Prozent zuletzt angestrebt hatte.
5 Milliarden Euro Fremdkapital über Anleihen
Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern ging um 12,8 Prozent auf 1,38 Milliarden Euro zurück, die entsprechende Marge sank von 11,3 auf 9,7 Prozent. Auch hier rechnet Rosenfeld 2019 weiter mit einem Rückgang - die operative Marge dürfte auf zwischen 8 und 9 Prozent fallen. "Wir sind mit unserer Prognose für 2019 bewusst vorsichtig geblieben", sagte Rosenfeld. "Ich glaube, dass man im Moment auf Sicht fliegen muss. Sie wissen nicht, wie es in China weitergeht und was aus dem Handelsstreit mit den USA wird." Unter dem Strich sank der auf die Anteilseigner entfallende Konzerngewinn im vergangenen Jahr um 10,1 Prozent auf 881 Millionen Euro. Die Dividende soll mit 0,55 Euro je Aktie aber stabil bleiben.
Schaeffler will zudem ein Programm auflegen, um sich am Markt bis zu 5 Milliarden Euro Fremdkapital über Anleihen besorgen zu können. "Das Programm für neue Anleihen gibt uns die Flexibilität, Schulden zu refinanzieren, aber auch um weitere Zukäufe zu realisieren", sagte Rosenfeld. "Wir haben für Zukäufe sicherlich die Themen Elektromobilität und Fahrwerkmechatronik weiter auf dem Radar. Aber wir sind nicht nur ein Autozulieferer, auch die Industriesparte hat einige gute Ideen."
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