Roland Busch (links) und Joe Kaeser klatschen sich auf der Siemens-Hauptversammlung mit der Faust ab

Nachfolger und Vorgänger: Roland Busch (links) und Joe Kaeser auf der Siemens-Hauptversammlung. - (Bild: Siemens)

Sie kamen aus dem Loben gar nicht mehr heraus: Zunächst für die „hervorragenden“ Zahlen für das erste Quartal und dann natürlich für den scheidenden CEO Joe Kaeser. Denn zum Ende der heutigen Siemens-Hauptversammlung hat Roland Busch die Geschäfte endgültig übernommen.

Es war auch deshalb eine besondere Hauptversammlung, weil sie – wie so viele Veranstaltungen derzeit – nur virtuell stattfinden konnte. Die Folge: Zum Unmut einiger Aktionäre konnten Fragen nicht live, sondern nur vorab gestellt werden. Das liege weniger an der Technik als an einem ungeklärten Rechtsrahmen, erklärte Kaeser in einer Telefonkonferenz. Übung hatten alle Beteiligten schon durch die außerordentliche Hauptversammlung im Juli 2020, die auch virtuell stattfand.

Aber warum war die Stimmung nun so gut? Das lag vor allem am Dezember. Denn der Monat war für Siemens besonders erfolgreich. Neben Nachholeffekten haben viele Kunden ihre Lagerbestände aufgefüllt, erklärte Kaeser.

Besonders in China konnte Siemens viele neue Aufträge an Land ziehen. Das liegt laut Busch vor allem daran, dass sich das Land von der Pandemie erholt hat und sowohl die Nachfrage im Land als auch für Exporte hoch sei. Siemens ist damit eines von vielen Unternehmen, das mit den Geschäftigen in China – trotz Pandemie – zufrieden ist.

Mehr zur jährlichen Geschäftsklima-Umfrage der Außenhandelskammer China lesen Sie hier:

Siemens: Gewinn steigt um 38 Prozent

Ein weiterer Grund für die Ergebnisse ist laut Finanzvorstand Ralf Thomas, dass sich die Nachfrage sowohl in der Automobilindustrie als auch im Maschinenbau früher als erwartet erholt habe.

In Zahlen ausgedrückt hat Siemens damit im ersten Quartal 15 Prozent mehr Aufträge erhalten und hat 1,5 Milliarden Euro Gewinn gemacht – 38 Prozent mehr als im noch nicht von Corona belasteten Vorjahreszeitraum. Der Umsatz habe dabei in allen Geschäften und Regionen zugelegt, so Busch. Wer solche Ergebnisse erziele, müsse einiges richtiggemacht haben, meinte Kaeser.

Beim Ergebnis halfen auch niedrigere Ausgaben. So sanken die Reisekosten pandemiebedingt um fast zwei Drittel. Im Vorjahresquartal waren es noch rund 270 Millionen Euro. Das niedrige Niveau werde man aber nicht halten können, sagte Busch.

Dennoch soll es im laufenden Jahr mit den guten Ergebnissen weitergehen: Das Unternehmen hat deshalb jetzt schon seine Jahresprognose angehoben und rechnet jetzt mit einem Gewinn von fünf bis 5,5 Milliarden Euro. Im Geschäftsjahr 2019/20 waren es noch 4,2 Milliarden Euro. In einer ersten Prognose ist der Konzern für dieses Jahr noch mit einem Plus von bis zu fünf Prozent ausgegangen. Auch der Umsatz soll stärker wachsen. Dennoch seien die Unsicherheiten aufgrund der Pandemie weiter hoch, weshalb man vorsichtig bleibe, sagte Busch.

Joe Kaeser geht: Ära geht zu Ende

Siemens hat heute aber nicht nur nach vorne, sondern auch nach hinten geschaut. Denn heute endet auch die über siebenjährige Amtszeit von Joe Kaeser. 40 Jahre war er dem Unternehmen treu. (Ein Porträt lesen Sie hier.)

„Mit Ihrem Abschied geht eine Ära zu Ende“, erklärte Aufsichtsratsvorsitzender Jim Hagemann Snabe an Kaeser gewandt. Er habe „unternehmerischen Weitblick“ gezeigt, indem er sich auch mit fortschreitender Amtszeit niemals zurücklehnte. Stattdessen habe er die Neuerfindung des Unternehmens mit der Vision 2020+ noch einmal beschleunigt.

Kaeser selbst sagte zum Abschied: „Ich habe faszinierende Dinge erlebt und viele großartige Menschen kennengelernt.“ Nicht alles, aber Vieles sei gelungen. Die größte Leistung in seiner Zeit als CEO war für den 63-Jährigen dabei nicht die Neuaufstellung der Geschäfte, sondern „dass wir es geschafft haben, uns als elementarer Bestandteil einer globalen und multilateralen Welt- und Wertegemeinschaft zu begreifen“. Kaeser selbst äußert sich auf Twitter regelmäßig zu gesellschaftlichen und politischen Themen.

In seiner Rede vor den Aktionären forderte er außerdem eine Neuinterpretation der Business-Formel ein. Denn gerade der Erfolg in der Pandemie habe gezeigt, dass eine krisenfeste Rendite belastbare Werte voraussetzt. „Die Formel ‚The business of business is business‘ mag noch ihre Anhänger haben. Ich meine aber: ‚The ultimate business of business is society‘“, erklärte er.

So will Roland Busch Siemens auf Erfolgskurs halten

Seinen Nachfolger Roland Busch sei der richtige Mensch am richtigen Platz zur richtigen Zeit. Busch bedankte sich bei seinem Nachfolger für die Zusammenarbeit. Kaeser habe sich bei seinem Amtsantritt vorgenommen, den Konzern in besserer Verfassung an seinen Nachfolger zu übergeben. „Dieses Versprechen hast Du gehalten“, meinte Busch.

Mit vier Strategien will der neue CEO die Geschäfte kontinuierlich verbessern. Dazu zählt

  1. Kundennutzen: „Wir wollen die Bedürfnisse unserer Kunden so frühzeitig wie möglich erkennen – am besten, noch bevor unsere Kunden sie selbst kennen“, sagte Busch.
  2. Technologie mit Sinn und Zweck: Das Ziel müsse sein, den Kunden zu helfen, ihre konkreten Probleme zu lösen und dabei nachhaltiger und effizienter zu werden.
  3. Mitarbeiter: Ohne die Siemensianer, Partner und Kunden gebe es weder Innovationen und Fortschritt. Deshalb wolle der Konzern alle befähigen, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Auch nach der Pandemie will Siemens deshalb auf ein Arbeitsmodell setzen, das zwischen mobiler Arbeit und arbeiten im Büro wechselt. „Weil es uns auf Ergebnisse ankommt, und eben nicht auf die Präsenzzeit im Büro“, so Busch.
  4. „Growth Mindset“: Das Unternehmen solle immer weiter lernen und weiter wachsen, erklärte der neue CEO. Als Konsequenz investiert Siemens unter anderem in Aus- und Weiterbildungen und baut seine digitalen Weiterbildungsangebote aus.

„Erfolg braucht Teamgeist“, erklärte Busch. Um die besten Lösungen zu finden, brauche der Konzern die Vielfalt der Perspektiven, Einsichten und Erfahrungen. Auf die Erfahrung von Joe Kaeser muss Siemens dabei nicht verzichten. Denn der wird bekanntlich Aufsichtsratschef von Siemens Energy.

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