Mehr als 800 Politiker, Unternehmens- und Verbandsrepräsentanten, Gewerkschafter, Marinevertreter und Experten tagten zur Nationalen Maritimen Konferenz in Friedrichshafen am Bodensee zusammen. Die Interessengruppen haben eine Menge Wünsche im Gepäck.

Sie fordern politische Unterstützung für die Branche, die längst nicht nur am Meer von Bedeutung ist. Erstmals nach 20 Jahren fand die Konferenz am 22. und 23. Mai 2019 im Binnenland statt, um die Bedeutung der Zulieferindustrie zu unterstreichen.

Zulieferer als wichtigster Baustein des Schiffbaus

Bayern und Baden-Württemberg, aber auch Nordrhein-Westfalen sind bedeutende Standorte für die Schiffbau-Zulieferindustrie mit Unternehmen wie dem Hersteller der weltgrößten Schiffsmotoren MAN, Siemens, MTU, ZF und vielen weiteren Anbietern von Navigations- und Antriebstechnik. Allein die Zulieferindustrie beschäftigt bei einem Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro mehr als 63.000 Mitarbeiter.

Rund 80 Prozent der Wertschöpfung beim Bau eines Schiffes entfallen auf die Zulieferungen. Insgesamt werden der maritimen Wirtschaft rund 50 Milliarden Euro Umsatz und 400.000 Arbeitsplätze zugeordnet.

Konkurrenz aus Fernost: Gefährdung der deutschen Schiffbauindustrie?

Bayern und Baden-Württemberg halten jeweils Anteile von mehr als 20 Prozent an der deutschen Schiffbau-Zulieferindustrie. Allgemein sind süddeutsche Unternehmen stark im Schiffbau engagiert. Die deutsche Schiffbauindustrie ist eine Branche mit mehr als fünf Milliarden Euro und fast 20.000 Beschäftigten.

Jedoch macht ihnen Fernost jede Menge Konkurrenz. China will in den Bau von hochkomplexen Kreuzfahrtschiffen einsteigen, der Domäne des deutschen Schiffbaus. Nun fordern die Werften bei der Nationalen Maritimen Konferenz in Friedrichshafen vor allem faire Wettbewerbsbedingungen, um sich der chinesischen Offensive zu erwehren.

Arbeitnehmer in deutschen Werften

Insgesamt waren 2018 knapp 20.000 Arbeitnehmer in deutschen Werften beschäftigt. Davon waren:

  • 1.328 Leiharbeitskräfte
  • 5.905 Werkvertragsbeschäftigte
  • 9.246 Direkt Beschäftigte

Quellen: IG Metall, AgS (Stand September 2018)

Schiffbau-Umsatz im Rekordtief

"Seit Jahrzehnten erleben wir Marktverzerrungen ohne Gegenmittel", sagt Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VSM. "Das muss aufhören." Die deutsche Handelsflotte ist von einstmals 3.500 auf knapp 2.300 Schiffe geschrumpft, die Zahl der Reedereien von mehr als 400 auf 330.

Auch der Umsatz der deutschen Schiffbauindustrie sank in den letzten Jahren und ist mittlerweile so niedrig, wie seit 6 Jahren nicht mehr. 2018 betrugen die Bruttoeinnahmen des deutschen Schiffbaus 5.080.000.000 Euro. Zum Vergleich der Umsatz der vorigen Jahre:

  • 2013: rund 5.008.000.000 Euro
  • 2014: rund 6.420.000.000 Euro
  • 2015: rund 5.110.000.000 Euro
  • 2016: rund 5.420.000.000 Euro
  • 2017: rund 5.880.000.000 Euro

Ranking: Das sind die 9 größten Schiffbaunationen

Stapellauf Fregatte

Die weltweite Schiffsproduktion wird von drei Ländern dominiert. Das Statistikportal Statista hat zusammengestellt, welche Nationen außerdem zu den Top 9 im Schiffsbau zählen. Basis für das Ranking ist die sogenannte gewichtete Bruttoraumzahl. Hier geht es zum Ranking.

Was die Schiffbaubranche jetzt fordert

"Deutschland ist Export- und Logistikweltmeister", sagt Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe. "Unsere Seehäfen ermöglichen diesen Erfolg." Die deutsche Hafenwirtschaft, die jährlich rund 300 Millionen Tonnen Güter umschlägt, sei extrem leistungsstark und systemrelevant. Um ihre Stärken noch besser ausspielen zu können, müsse sie von Wettbewerbsnachteilen befreit werden, etwa beim Verfahren zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer.

Die Gewerkschaften verlangen, dass der Schiffbau aufgewertet wird. "Von Wirtschaftsminister Peter Altmaier erwarten wir in Friedrichshafen eine klare Zusage, dass die maritime Wirtschaft in der nationalen Industriestrategie aufgegriffen wird", sagt Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste.

Die IG Metall fordert zudem eine stärke Zusammenarbeit der Unternehmen auf nationaler und europäischer Ebene. "Die mittelständisch geprägten, teilweise inhabergeführten Unternehmen in Deutschland brauchen Partner im In- und Ausland", sagt Geiken. So könnten Nachteile gegenüber den staatlich geprägten Großunternehmen in Südostasien, aber auch in Italien und Frankreich ausgeglichen werden.

Mit Material von dpa

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