In der Unions-Bundestagsfraktion regt sich zunehmend Protest gegen den Kurs der schwarz-roten Koalition. In einem Brief an Fraktionschef Ralph Brinkhaus fordert der einflussreiche Parlamentskreis Mittelstand (PKM) angesichts der angespannten Lage vieler Firmen ein Belastungsmoratorium für die Wirtschaft. In dem Schreiben wird auch mit Blick auf den Koalitionspartner SPD vor einer "Belastungs- und Bevormundungsorgie" gewarnt. Unterzeichnet ist das Schreiben von 72 PKM-Mitgliedern.
Es reiche nicht aus, ein Belastungsmoratorium im April im Koalitionsausschuss zu verabreden: "Angesichts der ernsten Lage muss es konsequent durchgesetzt werden." An die Adresse von Brinkhaus heißt es: "Es gilt, nicht zusätzlich zu belasten, aber auch zu entlasten, oder um es mit Deinen Worten zu sagen: 'Keine zusätzlichen Ziegelsteine draufpacken, sondern eher noch wegpacken'." Was sich aber derzeit beim Koalitionspartner SPD abzeichne, sei ein maßloses "Aufziegeln" von Belastungen. «"Das dürfen wir gerade in der jetzigen Situation aber keinesfalls weiterlaufen lassen."
Die Situation in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt sei angespannt, zugleich aber bestehe Hoffnung auf Aufschwung und etwas mehr Normalität. "Zu dieser Hoffnung hat auch der Staat mit Hilfen im nunmehr dreistelligen Milliardenbereich beigetragen und setzt diese Hilfe fort. Dies war und ist vor allem auf Kosten der Steuerzahler von heute und morgen möglich. Es wäre unverantwortlich, das so Erreichte durch eine 'Belastungs- und Bevormundungsorgie' für Mittelstand und Industrie zu zerstören. Eine solche Koalitionslogik ist für uns nicht nachvollziehbar und nicht hinnehmbar."
Kritik an Lieferkettengesetz
Unterzeichnet ist das Schreiben etwa vom Vorsitzenden des Parlamentskreis Mittelstands, Christian von Stetten, und Fraktionsvize Carsten Linnemann sowie weiteren Vertretern des Wirtschaftsflügels.
Brinkhaus wird ermuntert, sich für Entlastung statt Belastung, für Soziale Marktwirtschaft statt planwirtschaftlicher Bevormundung sowie für ein kraftvolles Zeichen der Fraktion statt Kompromissfindung um jeden Preis einzutreten. "Wenn wir gut aus dieser Krise kommen wollen, brauchen wir eine starke, handlungsfähige Wirtschaft und keine gegängelten, bevormundeten und dauerhaft subventionierten 'VEBs', die in erster Linie der Erfüllung staatlicher Allmachtsansprüche zu dienen haben." Ein VEB war ein Volkseigener Betrieb in der DDR.
Konkret wenden sich die Unions-Abgeordneten gegen ein von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geplantes Recht auf Homeoffice. Beim geplanten Gesetz zur Einhaltung von Menschenrechts-Standards in weltweiten Lieferketten wird vor Rechtsunsicherheit und Haftungsrisiken für deutsche Firmen gewarnt.
Das Vorhaben, ein zusätzliches, spezielles Strafrecht für Unternehmen einzuführen, solle zurückgestellt werden. Im Gesetz über die Teilhabe von Frauen in Führungspositionen werde weit über die im Koalitionsvertrag enthaltene Perspektive hinausgegangen - etwa mit Blick auf die Einführung einer Vorgabe für Vorstände. "Dies können und werden wir nicht mittragen."
Stattdessen solle das Arbeitszeitgesetz reformiert werden. Anstelle der täglichen solle eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden. Die Minijob-Grenze solle von 450 Euro auf 550 Euro im Monat angehoben werden. Auf eine Verpflichtung betrieblicher Datenschutzbeauftragter in Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten solle grundsätzlich verzichtet werden. Außerdem müsse es spätestens in der nächsten Legislaturperiode eine grundlegende Erneuerung der Unternehmenssteuern geben.