Ob Coronakrise, Unsicherheiten durch den Brexit oder Handelskonflikte - trotz globaler Hindernisse für die Wirtschaft blicken viele Unternehmen in Deutschland optimistisch in die Zukunft. Das ergab eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, an der 601 Entscheider wie Vorstandschefs, Vorstände oder Strategie-Leiter zwischen April und Juni teilnahmen. 60 Prozent der Befragten sehen ihre Unternehmen demnach mittelfristig gut aufgestellt. Dabei wurden die Antworten von Managern aus zwölf Schlüsselbranchen zu ihrer Einschätzung für die Zukunft, ihrer aktuellen Selbsteinschätzung und den heutigen Aktivitäts- und Investitionsschwerpunkte ausgewertet.
Der Optimismus nach dem ersten Lockdown lasse vermuten, dass viele Unternehmen erkannt hätten, wie belastbar sie sind, sagte KPMG-Vorstandsmitglied Mattias Schmelzer. Doch das Stimmungsbild der jeweiligen Branchen unterscheidet sich teils stark: Sind Banken und Versicherungen sowie Unternehmen aus der Energiewirtschaft und der Konsumgüterindustrie demnach deutlich positiver eingestellt als im vergangenen Jahr, sieht es bei Telekommunikation und Medien, dem Handel und allen voran der Autoindustrie düster aus. In letzterer Branche sank die Stimmung seit der ersten Erhebung 2018 mit 68 Prozent kontinuierlich auf nun 44 Prozent.
Die drastischen Unterschiede seien nicht einzig auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, betonte Schmelzer. Wichtig sei auch, welche Herausforderungen diese Sektoren zu bewältigen haben und wie gut sie bisher Trends wie der Digitalisierung oder den sich verändernden Kundenbedürfnissen umgehen können.
Diese drei Themen sind den Firmen besonders wichtig
Der "Future Readiness Index 2020" von KPMG zeigte auch, dass den Firmen drei wesentliche Themen besonders wichtig sind: 84 Prozent gaben an, dass flexible Arbeitsbedingungen und Arbeitszeitmodelle infolge der Corona-Pandemie vorrangig behandelt werden. 71 Prozent wollen ihr Personal anpassen und Wissen bündeln, indem sie etwa Kernkompetenzen stärken und anderswo Jobs einsparen, 68 Prozent legen wiederum Wert auf die Digitalisierung ihrer Vertriebskanäle und der Kundenkommunikation. "Viele deutsche Unternehmen haben den Handlungsbedarf erkannt: Sie müssen ihre Anpassungsfähigkeit verbessern", sagte Schmelzer. Dabei sei es wichtig, aus der weltweiten Unsicherheit langfristig Konsequenzen zu ziehen.
Einen deutlichen Anstieg verzeichneten die Studienautoren bei geopolitischen Themen. Für fast jede zweite Organisation (49 Prozent) haben Investitionen zur Anpassung an internationale Konflikte und Krisen eine hohe oder höchste Priorität. Der Wert lag im Vorjahr bei 13 Prozent. Zunehmend legen Firmen auch mehr Wert auf Ökologie und Nachhaltigkeit (51 Prozent, zehn Prozentpunkte mehr als 2019). "Die größte Herausforderung stellt das Thema für den Energiesektor dar, aber auch in der Chemieindustrie sowie in der Transport- und Logistikbranche rangiert es weit oben auf der Agenda", hieß es.