Matthias Wissmann, VDA, Verband der Automobilindustrie, Zulassungen, Prognose

Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA): "Es gibt international einige erhebliche politische Risiken." - (Bild: VDA)

Produktion: Wie läuft das Geschäft für die deutschen Automobilhersteller und welche Entwicklung erwarten Sie für das 2. Halbjahr 2017?

Matthias Wisssmann: 2016 war ein starkes Autojahr, auch 2017 entwickelt sich perspektivisch gut. Im ersten Halbjahr wurden in Deutschland 1,8 Millionen Pkw neu zugelassen, dies entspricht einem Plus von drei Prozent. Wir gehen davon aus, dass der deutsche Markt im Gesamtjahr 2017 mit 3,35 Millionen Neuzulassungen auf hohem Niveau stabil bleiben wird.

In Bezug auf die Pkw-Inlandsproduktion erwarten wir mit 5,6 Millionen Einheiten ein leichtes Minus von zwei Prozent. Etwas unter dem Vorjahresniveau wird auch der Export mit 4,3 Millionen Pkw liegen. Zum einen wirkt sich hier die Abschwächung des britischen Marktes aus, zum anderen ist dies die Folge der steigenden Auslandsproduktion auf 10,4 Millionen Pkw.

Erfreulich ist, dass der Pkw-Weltmarkt auch in diesem Jahr weiterwachsen wird – auf fast 85 Millionen Einheiten. Das ist alles andere als selbstverständlich. Die bisherigen Krisenländer, wie etwa Brasilien und Russland, erholen sich langsam. Ihre langjährige Talfahrt ist zumindest vorbei, es geht wieder voran, allerdings von einem niedrigen Niveau aus.

Produktion: Welche Märkte sind derzeit für die deutschen Automobilhersteller von Bedeutung?

Wissmann: Die drei großen Märkte – USA, China und Europa – sind für uns natürlich von entscheidender Bedeutung, sie stehen für 70 Prozent des Pkw-Weltmarktes. Insgesamt betrachtet geht es diesen Märkten gut, sie profitieren weiterhin von niedrigen Zinsen und einem ebenfalls niedrigen Ölpreis. So bleibt der europäische Pkw-Markt (EU28 + EFTA) in 2017 mit einem Plus von zwei Prozent auf rund 15,4 Mil­lionen Einheiten weiter im Auf­wind.

Der US-Markt bleibt 2017 in etwa auf dem hohen Niveau des Vorjahres mit 17,5 Millio­nen Light Vehicles. China legt nach einem starken Wachstum im Vorjahr in diesem Jahr um etwa zwei Prozent auf 24,1 Millionen Pkw zu.

Produktion: In wieweit haben politische Veränderungen Einfluss auf das weltweite Geschäft der Automobilhersteller?

Wissmann: Es gibt international einige erhebliche politische Risiken. Dazu gehört der Brexit mit all seinen Unsicherheiten und einem ungewissen Ausgang der Verhandlungen. Dazu gehören handelspolitische Fragen Europas mit Blick in Richtung USA wie auch China.

Erfreulich ist hingegen – nicht nur aus Sicht der Automobilindustrie – die klare Ansage des neuen französischen Präsidenten Macron für Europa und eine enge Partnerschaft mit Deutschland.

Produktion: Mit welchen neuen Technologien beschäftigen sich die deutschen Automobilhersteller aktuell und was versprechen Sie sich davon?

Wissmann: Die Entwicklung alternativer Antriebe und die Digitalisierung sind die Megatrends und führen zum größten Wandel der Branche seit der Erfindung des Automobils. Zum einen arbeiten Hersteller und Zulieferer seit Jahren an der Vision ‚Zero Emission‘. Dahinter steht der Anspruch, Fahrzeuge herzustellen, die weder Abgase noch CO2 ausstoßen – die Elektromobilität ist dazu ein entscheidender Schlüssel.

Zum anderen sprechen wir von der digitalen Transformation einer ganzen Branche durch das vernetzte und automatisierte Fahren. Natürlich soll die Digitalisierung mehr Komfort und mehr Entertainment bieten, aber vor allem geht es darum, das Fahren noch sicherer zu machen. Hier haben Assistenzsysteme ein großes Potenzial. Denn menschliches Fehlverhalten ist bislang für mehr als 90 Prozent der Unfälle im Straßenverkehr mitverantwortlich.

Es geht aber nicht nur um eine neue Technologie, sondern auch um den Weg in eine neue, digitale und vernetzte Mo­bilitätswelt – mit neuen Wettbewerbern, neuen Services und neuen Geschäftsmodellen.

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