- Wachstum um 6 Prozent von 2016 zu 2017: Umsätze entwickeln sich nach stagnierender Phase rasant
- Solide Konjunktur und gestiegene Nachfrage nach Industrie 4.0-tauglichen Produkten: Unternehmen profitieren in nahezu allen Regionen und Marktsegmenten
- Drei Billionen Euro Marktvolumen bis 2021 möglich
- Bewertungs-Multiples weiter auf hohem Niveau: Übernahmen im Markt getrieben vom Ausbau der Produktportfolios und dem Zugang zu Know-how
- Sonderkonjunktur beim Maschinenbau durch Digitalisierung: Branche hat weltweit die digitale Transformation als Chance ergriffen
- Zusätzliche Effizienzsteigerungen möglich: Im kostenintensiven Engineering sind weitere Einsparungen und mehr Agilität durch so genannte „Digitale Zwillinge“ zu erreichen
Die Umsätze im globalen Maschinenbaumarkt sind laut der „Industriegüterstudie 2018“ der global agierenden Beratung AlixPartners auf insgesamt rund 2,7 Billionen Euro in 2017 gestiegen. Dieses entspricht einem Plus von 5,7 Prozent. Spitzenreiter ist weiter China mit etwas mehr als einer Billion Euro, die USA haben sich vom Einbruch in 2016 erholt. Auch in Deutschland beschleunigt sich die Entwicklung merklich.
Währungsschwankungen und Inflation herausgerechnet, war 2017 das erste deutliche Wachstumsjahr für die weltweite Branche nach einer fünf Jahre andauernden Stagnation. In Verbindung mit einem anhaltend guten, überwiegend stabilen Konjunkturumfeld, so die Einschätzung der Studienautoren, könnte sich der globale Maschinenbaumarkt weiter robust vorwärtsentwickeln. Innerhalb der kommenden vier Jahre ist ein globales Marktwachstum von drei bis vier Prozent jährlich möglich; bis zum Jahr 2021 könnte die Schwelle von drei Billionen Euro Umsatz im Weltmarkt überschritten sein.
„Die tendenzielle Seitwärtsbewegung der weltweiten Maschinenbauindustrie ist vorüber“, kommentiert der Manufacturing-Experte Manuel Backhaus, Managing Director bei AlixPartners am Standort Düsseldorf und Co-Autor der Studie. „In einem guten Investitionsklima können viele Unternehmen von der angelaufenen Digitalisierung profitieren und auf weiter gute Erträge hoffen, sollten aber an bisher vernachlässigten Stellen noch kräftig investieren.“
Industriemaschinen aus Deutschland sind international stark gefragt
AlixPartners hat im Rahmen der Studie die Umsätze und Profitabilität von fast 1.200 Unternehmen analysiert und daraus eine "Heatmap" entwickelt. Dabei zeigt sich: Das Anschieben in der Marktentwicklung ist auf nahezu alle Regionen und Segmente verteilt. In Deutschland konnten die Bereiche Elektrogroßmaschinen (Umsätze +5 Prozent), Baumaschinen und -anlagen (+4 Prozent), Bauprodukte (+3 Prozent) sowie Industriemaschinen (+2 Prozent) zulegen. Gerade im letzteren Bereich stiegen 2016 die EBIT-Margen spürbar an (+7 Prozent).
„Das Wachstum in Deutschland setzt sich durch die zunehmende Internationalisierung und das gestiegene Angebot an Zusatzdiensten rund um Aftersales sowie Wartung und Service kontinuierlich fort“, sagt Stefan Ohl, Managing Director bei AlixPartners in München und Experte für Industriegüterunternehmen.
Bei deutschen Produzenten von landwirtschaftlichen Maschinen dagegen zeigt sich ein zweiprozentiger Umsatzrückgang, der auch die EBIT-Margen eingefroren hat. Auch in China schwächelt ein Marktsegment: Bei Baumaschinen gingen die Umsätze um rund sechs Prozent sowie die Margen um ein Prozent zurück. Eine mögliche Erklärung: Der massiv vorangetriebene Infrastrukturausbau des Landes hat mittlerweile seine Sättigung erreicht.
Heimische Unternehmen müssen verstärkt auf dem Weltmarkt gegen etablierte Player antreten. Ein beeindruckendes Comeback dagegen haben US-amerikanische Industriemaschinenhersteller. Sie können ein vierprozentiges Umsatzwachstum und eine zuletzt bei 13 Prozent rangierende EBIT-Marge vorweisen – getrieben durch die Schwäche des US-Dollars und die gute amerikanische Konjunktur.
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Fusionen und Übernahmen weiterhin im Fokus
Das Thema M&A ist eine strategische Priorität vieler Unternehmen geblieben, bei Großunternehmen vor allem mit dem Ziel der Erweiterung des Produktportfolios und des Zugangs zu Know-how. Dennoch gab es in den vergangenen drei Jahren keine Zunahme bei der Anzahl der Deals. Die Transaktionswerte sanken sogar kontinuierlich auf nur mehr 38,5 Milliarden Euro ab – zwei Drittel weniger als 2014. Eine Ursache dafür könnte in den anhaltend hohen, für die Attraktivität des Marktes sprechenden Bewertungs-Multiples liegen. Dazu kommt, dass die Kapitalverkehrskontrollen in China die Rationalität der Bewertungen beeinflussen.
Implementierung digitaler Technologien ausbaufähig
Die Zukunft der Maschinenbauindustrie ist eng verknüpft mit der Digitalisierung. Die Branche ist wegen der Komplexität ihrer Produkte wie keine andere von den heutigen Weltmarktanforderungen betroffen: Ein Plus an Schnelligkeit und Flexibilität bei gleichbleibend hoher Qualität gelingt vor allem durch den Einsatz digitaler Technologien. „Entsprechend wächst das Bewusstsein für die positiven Auswirkungen der Digitalisierung unter den Maschinenbauern. Um auch künftig erfolgreich zu sein, müssen aber idealerweise entlang der gesamten Wertschöpfungskette Potenziale zur Effizienzsteigerung ausgelotet und mit digitalen Mitteln gehoben werden“, analysiert Maschinenbau-Experte Patrick Widmaier, Director am AlixPartners-Standort Düsseldorf.
Bereits jetzt zeigt sich, dass die digitale Transformation zur Kostensenkung in den Unternehmen beiträgt und neue Absatzchancen eröffnet. So berichten mehr als 80 Prozent der europäischen Firmen von positiven Effekten und einer verbesserten strategischen Positionierung; mehr als die Hälfte sieht konkrete Verbesserungen beim Umsatz und bei der Produktivität. Innovationsseitig sind die meisten schon auf einem erfolgreichen Weg. Die Implementierungs-Geschwindigkeit kann aber noch erhöht werden – beispielsweise durch den stärkeren Einsatz kollaborativer Ansätze und durch eine Funktion wie die eines Chief Digital Officers, der die Ziele der Transformation definiert und Maßnahmen gebündelt vorantreibt.
Engineering und Manufacturing sollten auf Digital Twins und Cobots setzen
„Die Anstrengungen der digitalen Transformation wirken bislang nur punktuell und tangieren vor allem Geschäftsmodell und Produkte. Um nicht den Anschluss zu verlieren, könnten Maschinenbauunternehmen hierzulande einen zusätzlichen Schwerpunkt auf das Engineering und die Fertigung legen“, rät Christian Leber, Director bei AlixPartners in München und Spezialist für Transformationsprozesse.
So steht die Konstruktion zwar oft für den größten Kostenblock, mehr als der Hälfte der deutschen Unternehmen nehmen diesen Bereich allerdings entweder noch ganz von der Digitalisierung aus oder berücksichtigen ihn kaum. Ein Positivbeispiel sind so genannte „Digitale Zwillinge“ (Digital Twins): Noch viel zu wenige Unternehmen nutzen solche virtuellen Prototypen von Maschinen, Anlagen und Fertigungsstrecken, um die Konstruktion, Funktionalität und Effizienz vorab zu simulieren und so Zeit und Kosten zu sparen.
Bis 2020, so die Prognose, ändert sich das Bild allerdings: Dann werden verschiedene digitale Hilfsmittel zur Simulation bei mehr als 90 Prozent der Maschinenbauer im Einsatz sein und die gesamte Wertschöpfungskette positiv beeinflussen.
Weitere Effizienzgewinne versprechen laut AlixPartners-Analyse digitale Technologien bei der Fertigung: Shopfloor-Management auf der Basis von Echtzeitdatenanalysen, „Modular Manufacturing“ mit flexiblen Arbeitsstationen, „Augmented Operation“ oder Mensch-Maschine-Teams („Cobots“) sind nur einige Beispiele dafür, wie sich gerade in der Produktion Prozesse durch neue Ansätze verbessern und die Produktivität erhöhen lassen.
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