In seiner aktuellen Kolumne schreibt Andreas Syska über verdeckte Subventionen für die Industrie.

In seiner aktuellen Kolumne schreibt Andreas Syska über verdeckte Subventionen für die Industrie. (Bild: uly.u.v - stock.adobe.com)

Stromkosten für die Industrie in Deutschland gehören zu den höchsten in Europa. Das ist häufig gehört und auch verstanden. Also: Haken dran. Weniger häufig gehört ist aber, dass die Industrie hierzulande deutlich weniger zahlt, als die Privathaushalte. Das gleiche Kraftwerk, die gleichen Leitungen, aber ein niedrigerer Preis. Diese Differenz zugunsten der Industrie hat sich über die Jahre zu einem dreistelligen Milliardenbetrag aufsummiert – bezahlt von Bürgern, aus verdientem und versteuertem Geld.

In gleicher Größenordnung sparen die Unternehmen Geld durch unbezahlte Überstunden. Sie entziehen damit nicht nur dem Binnenmarkt enorme Kaufkraft, sondern den öffentlichen Haushalten Steuern und Sozialabgaben – und zwar in einem Umfang, der locker ausreichen würde, die von der Wirtschaft lautstark geforderte Verbesserung der Kinderbetreuung zu finanzieren.

Und schließlich wäre manch eine Verlagerung von Produktionsschritten in Länder mit geringeren Lohnkosten unattraktiv, müsste die Logistikbranche die gesellschaftlichen Kosten des Güterverkehrs einpreisen.

Das ist Prof. Dr. Andreas Syska

Prof. Dr. Andreas Syska.
Prof. Dr. Andreas Syska. (Bild: Syska)

Die Faszination für Produktion begleitet ihn sein gesamtes Berufsleben lang. Nach Maschinenbaustudium und Promotion an der RWTH Aachen war er bei der Robert Bosch GmbH tätig, zuletzt als Produktionsleiter.

 

Als Professor für Produktionsmanagement an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach gibt er seinen Studenten und Industriepartnern ein größtmögliches Stück dieser Faszination weiter.

Nutzen verdeckte Subventionen dem Standort?

Man nennt dies „verdeckte Subventionen“. Sie wären bei der Bewertung der Standortbedingungen eigentlich auf die Habenseite zu buchen; dies wird von Wirtschaftsverbänden aber gern unterlassen. Na gut: deren Aufgabe ist ja nicht, dankbar aufzuzählen, was man schon alles hat, sondern mahnend einzufordern, was man sonst noch so alles gerne hätte.

Und nebenbei: wer gibt schon gerne zu, seine Gewinn- und Verlustrechnung auf Kosten seiner Mitarbeiter, Kunden und der Gesellschaft insgesamt aufzuhübschen?

„Aber das nützt doch dem Standort“, höre ich manch einen einwenden.

Really?

Stromkostenzuschüsse, einbehaltene Gehälter und das Nicht-Bezahlen für ökologische Schäden sind finanzielle Wärmepflaster – angenehm, weil sie Druck von den Schultern nehmen, in Wirklichkeit aber schädlich, weil sie Innovationsbereitschaft bremsen.

Läuft doch (noch).

Eine Politik, die das Wohl des Industriestandorts Deutschland wirklich im Auge hat, sollte gute Dinge auf den Weg bringen – das ist richtig. Aber sollte sie nicht gleichzeitig mit schlechten Dingen aufhören?

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Cover von Industry Insights mit Julia Dusold und Anja Ringel
(Bild: Foto: Anna McMaster; Grafik: Claudia Weber)

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