Ein Containerschiff und Frachtflugzeug im Ozean bei Dämmerung

Das neue Lieferkettengesetz sorgt für viele Diskussionen. - (Bild: enanuchit - stock.adobe.com)

Die Mannheimer Wirtschaftsforscherin Laura Marie Edinger-Schons sieht im neuen Lieferkettengesetz einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung von Menschenrechten. Zwar sei das Gesetz in Deutschland weniger konsequent als in anderen Ländern, etwa in Frankreich. Mit der am Freitag im Bundestag beschlossenen Regelung komme man von einer freiwilligen Selbstregulierung der Unternehmen aber immerhin zur gesetzlichen Pflicht. "Es ist ein erster Schritt - und zwar ein wichtiger", sagte die Forscherin der Deutschen Presse-Agentur.

Das Gesetz soll dazu beitragen, dass Kinder- und Zwangsarbeit sowie Umweltzerstörung bei der Produktion eingedämmt werden können. "Über die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes lässt sich immer noch viel streiten", gab Edinger-Schons zu bedenken. So verpflichte das Gesetz Unternehmen zwar, die Einhaltung von Menschenrechten bei direkten Lieferanten zu prüfen. Das seien aber häufig Zwischenhändler.

"Problematisch ist hierbei, dass viele der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen am Anfang der Lieferkette stattfinden, insbesondere beim Thema Kinderarbeit", kritisierte die Mannheimer Professorin vom Lehrstuhl für nachhaltiges Wirtschaften. Gegen Verletzungen der Menschenrechte am Anfang der Lieferketten müssten Unternehmen nur dann vorgehen, wenn sie konkrete Hinweise darauf erhielten.

Gesetz vernachlässigt ökologische Aspekte

Aus Sicht der Forscherin vernachlässigt das Gesetz auch ökologische Aspekte, die häufig mit sozialen untrennbar verknüpft seien. Um eine tiefgreifende Wirkung zu entfalten, bräuchte man ihr zufolge ein deutlich strengeres und umfassenderes Gesetz. Gegen die am Freitag beschlossene Regelung hatte es Widerstand von Wirtschaftsverbänden gegeben. So monierte der Arbeitgeberverband BDA, das Gesetz sei "überregulierend und überflüssig".

Wenn ein solches Gesetz bei Unternehmen zu einem hohen bürokratischen Aufwand führe, sei das bezeichnend, so die Mannheimer Wissenschaftlerin. Denn es zeige, wie viel in der globalisierten Wirtschaft im Argen liege und wie wenig Transparenz es mit Blick auf bestimmte Bereiche der Lieferketten gebe. "Gleichzeitig könnte man daraus ableiten, dass unser aktueller Lebensstil vielleicht nur dann möglich ist, wenn in anderen Teilen der Welt schwerste Menschenrechtsverletzungen verübt werden", sagte die Forscherin, die sich unter anderem mit Aspekten der Wirtschaftsethik befasst.

Es gebe aber auch viele Unternehmen, die das Gesetz unterstützten. Aus Sicht von Edinger-Schons bietet es auch Chancen für die Wirtschaft. Unethische Praktiken und daraus resultierende Skandale schadeten nicht nur den verantwortlichen Unternehmen, sondern der ganzen Wirtschaft. Mit einem schärferen Blick auf Menschenrechte, Klimaschutz und Nachhaltigkeit könne das Label "Made in Germany" aber erneut eine positive Wirkung entfalten, argumentiert die Forscherin.

Das Gesetz gilt vom 1. Januar 2023 an, und zwar erst einmal für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern - von 2024 an dann auch für Unternehmen mit mehr als 1.000. Laut Statistik gibt es in Deutschland rund 2.890 Unternehmen mit 1.000 oder mehr Beschäftigten. Kleinere mittelständische Unternehmen sind nicht betroffen.

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dpa