Mit den wie Spielzeuge aussehenden Flugobjekten kommt auch die Gefahr des Missbrauchs. Zwar gibt es mittlerweile einige gesetzliche Vorgaben zum Beispiel zur Kennzeichnungspflicht, sie schützen aber kaum vor kriminellen Absichten.
Um potentielle Bedrohungsszenarien zu eruieren, erstellten Experten der Deutschen Telekom eine Datenbank aus bisher bekannten über 800 missbräuchlichen Drohnenflügen zusammen, anschließend wurden Kategorien abgeleitet. Klar vorn liegt dabei neben Vandalismus und Erpressung vor allem die Industriespionage.
Man habe mit mehreren geschädigten Unternehmen gearbeitet, bei denen im In- und Ausland mit hoch auflösenden Kameras bestückte Drohnen die F&E-Abteilungen abgeflogen seien, berichtet Markus Piendl, Senior Product Manager Security und Sachverständiger für Sicherheits-Technik bei der Telekom Tochter T-Systems International GmbH: „Viele Meetings in diesem Umfeld sind häufig locker gestaltet, es stehen Infos auf Flipcharts, teilweise befinden sich Prototypen im Außenbereich“.
Die Bedrohung ist real
Immer wieder sind Horrorstories rund um Drohnen zu hören. So weiß auch der Spezialist von einem kleinen mittelständischen Unternehmen, das seinen eigenen Prototyp auf einer Messe in China bei seinem größten Mitbewerber entdeckte – anschließend kam die Pleite.
Eine Drohne war weniger als fünf Wochen zuvor den Hangar abgeflogen und hatte mehrfach hochauflösende Filmaufnahmen gefertigt.
Der Zugriff auf Drohnen sei denkbar einfach, erklärt Piendl: „Die Services von Drohnenpiloten lassen sich für kleines Geld im Internet buchen – die Piloten wissen dabei unter Umständen nicht einmal, dass ihre Fotos oder Filmaufnahmen zum Beispiel der Industriespionage dienen“.
Drohnenthematik beschäftigt Unternehmen
Es gebe in den letzten zwölf bis 15 Monaten einen sprunghaften Anstieg bei den Anfragen rund um Drohnenerkennung, besonders stark aus dem Umfeld von Chemieparks und dem Automotivebereich, berichtet Frank Pokropp, Geschäftsführer der Freihoff Sicherheitsservice GmbH. Das Unternehmen integriert Sicherheitslösungen für Geschäfts- und Privatkunden.
Die Nachfrage komme allerdings fast ausschließlich von großen Unternehmen. „Die ernsthafte Auseinandersetzung mit IT-Security, physischer Sicherheit und Know-how-Schutz ist ein generelles Problem des deutschen Mittelstands“, konstatiert Frank Pokropp. Großkonzerne seien hier in der Regel ganz anders aufgestellt.
„Als CEO hat man die Verpflichtung, Gefahren abzuwehren. Dann muss man sich im Schadensfall fragen lassen, warum man mit Blick auf diese mittlerweile bekannte Gefahr nichts getan hat und gerät unter Umständen in den Bereich der persönlichen Haftung.“
Frank Pokropp, Geschäftsführer der Freihoff Sicherheitsservice GmbH. - Bild: Freihoff
Sabotage und Vandalismus aus der Luft
Beliebtes Angriffsziel sind unter anderem Autoteststrecken der Fahrzeughersteller, auf denen Prototypen ausprobiert werden. Erste OEMs haben Piendl zufolge begonnen, sich abzusichern.
Auch Forschungseinrichtungen von Zulieferern sind beliebte Ausspähobjekte. Als weiteres Angriffsziel gelten die Klimageräte, die häufig auf Dächern etwa von Unternehmen verbaut sind. Beschädigt eine Drohne die Klimaanlagen und fällt dadurch IT aus, können im schlechtesten Fall sogar Daten verlorengehen.
Selbst Diebstahl ist denkbar. Frank Pokropp sind Fälle bekannt, bei denen Pakete mit Produkten, die verschickt werden sollten, mit Hilfe von Drohnen aus der Versandstelle entwendet wurden. Aus dem Ausland wird über Fälle von Sabotage berichtet, bei denen Drohnen durch das Werkstor fliegen und Anlagen beschädigen konnten. Als problematisch gilt zudem, wenn Drohnen in Hochspannungsleitungen in Werksnähe fliegen. Sie lassen sich auch nutzen, um offene WLANs auszuspionieren, die anschließend Zugang zu Unternehmensdaten eröffnen, oder um mit leistungsstarken Richtmikrofonen Tonaufzeichnungen von Gesprächen und Präsentationen zu machen.
Magenta Schutzschild sorgt für Drohnenerkennung
Viele Angriffe waren auch früher schon möglich, doch durch die Verbreitung der kleinen Flugobjekte hat sich etwas Grundlegendes geändert: „Die gängige Meinung, dass Täter nah am Objekt sein müssen, hat sich durch diese erschwingliche, leicht bedienbare Technologie relativiert – wenn sie in den falschen Händen ist“, so Markus Piendl.
Mittlerweile habe das Drohnenthema auch die Sicherheits-Audits erreicht. Klar ist wohl: Unternehmen müssen entsprechende Szenarien zumindest bedenken.
Um der Bedrohung aus der Luft Herr zu werden, entstand der Magenta Drohnenschutzschild, der verschiedene State-of-the-Art-Technologien in einer Lösung zusammenfasst. Dazu gehören der DroneTracker von Dedrone, ein Frequenzscanner von Rhode & Schwarz, Mikrofonarrays von Squarehead, Radargeräte von Robin Radar Systems und Jammer-Technologie der Firma HP Wüst.
Für die Detektion und Abwehr von Drohnen setzt die Telekom dabei auf ein breit gefächertes Konzept. So kommt zum Beispiel Videotechnik für die optische Erkennung unterschiedlichster Flugobjekte zum Einsatz. Dazu suchen 4k-Kameras auf dem Gelände den Luftraum unter Auflagen des Datenschutzes ab. Pragmatischer sind die Audiodetektion, bei der Geräusche von Drohnen erfasst werden, ein Radarsystem oder ein Radiofrequenz-Sensor mit einer Reichweite von 2500 Metern.
Besonders ausgefeilt ist ein gemeinsam mit einem Kunden aus der Zulieferindustrie erprobtes Verfahren, bei dem sehr frühzeitig auf Distanz erkannt wird, wann die Fernbedienung einer Drohne sowie die Drohne selbst eingeschaltet werden. Mit dem Magenta Drohnenschutzschild kann auch der Standort des Drohnenpiloten ermittelt werden.
Drohnen herunterzuholen ist schwierig
„Das gibt Unternehmen wertvolle Reaktionszeit. Wichtige Objekte können abgedeckt, Jalousien heruntergelassen werden; auch eine Vernebelung ist denkbar. Im Hintergrund muss die Intervention anlaufen, um den Piloten zu finden“, erklärt Piendl. Warnungen erfolgen je nach Wunsch optisch, per Tonsignal oder still. Während Sicherheitsbehörden in Deutschland die Möglichkeit haben, elektronische Störmaßnahmen zu nutzen, gilt das nicht für die Privatwirtschaft. Drohnen kontrolliert zu Boden zu bringen, ist zwar technisch möglich, juristische Einschränkungen und die Gefährdung Dritter machen es jedoch schwierig. Ausschlaggebend ist deshalb die rechtzeitige Drohnen-Detektion.
Drohnenabwehr leicht erklärt
Bei der Entwicklung sei berücksichtigt worden, dass sich auch kleine und mittelständische Unternehmen das Detektionssystems leisten können sollen, erzählt Sicherheits-Spezialist Piendl. Los geht es mit Kosten ab 30.000 Euro: Wahlweise aus einem Baukasten mit eigener Auswertung oder via Cloud in einer Notruf-Service-Leitstelle.
Vor allem in Unternehmen, die in der Logistik bereits selbst Drohnen einsetzen, könnte die Aufmerksamkeit für fremde Eindringlinge fehlen. Doch Frank Pokropp beruhigt: „Das System hat eine Freund-Feind-Erkennung. In einer White List sind die Merkmale der eigenen Drohnen registriert“.