Das Werkzeug als Verlängerung der Hand: Insbesondere der Pistolengriff mit einem Winkel von 70°

Das Werkzeug als Verlängerung der Hand: Insbesondere der Pistolengriff mit einem Winkel von 70° zur Längsachse entspricht dem natürlichen Griffwinkel der Hand und eignet sich deswegen für viele Aufgaben. (Bild: Atlas Copco Tools GmbH)

Mit einer Methode von Atlas Copco Tools lässt sich die ergonomische Qualität von handgehaltenen Kraftwerkzeugen bewerten und vergleichen.


ESSEN (rm). Man kann damit relativ schnell feststellen, ob Handlungsbedarf besteht und ob die derzeit gültigen Grenzwerte eingehalten werden. Denn bei der Wahl handgeführter Kraftwerkzeuge spielt die Ergonomie eine wichtige Rolle. In erster Linie soll die Gesundheit der Werker geschützt werden, doch auch die Auswirkungen auf die Produktivität sind zu beachten.

Seit März 2007 gilt in Deutschland die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV). Sie definiert für Vibrationen einen auf einen 8-Stunden-Arbeitstag normierten Auslösewert von 2,5 m/s2, oberhalb dessen der Arbeitgeber aktiv werden muss.

Werte über 5 m/s2 sind nicht zulässig. Müssen Werker mit Werkzeugen arbeiten, mit denen diese Werte überschritten werden, drohen vor allem Durchblutungsstörungen wie die Weißfingerkrankheit. Der auf einen achtstündigen Arbeitstag normierte Belastungswert darf jedoch nicht mit dem Emissionswert verwechselt werden, den die Werkzeughersteller angeben.

Eine handhabbare Methode, um die Ergonomie von handgehaltenen Kraftwerkzeugen zu beurteilen, zieht etliche Kriterien heran. Dazu zählen die Griffkonstruktion, äußere Kräfte, das Gewicht des Werkzeugs, die Temperatur, Stöße, Vibrationen, die Belastung durch Lärm sowie Staub und Öl.

Zu jedem dieser Kriterien wird – basierend auf einfachen Berechnungen und Erfahrungswerten – eine Punktzahl bestimmt, die die Güte des Werkzeugs beschreibt und mit der sich verschiedene Konstruktionen vergleichen lassen. Je höher die Punktzahl ist, desto schlechter ist das Gerät aus ergonomischer Sicht.

Dazu wurde ein einheitliches Bewertungsschema mit Ergonomiefaktoren entworfen, das sich auf alle Handwerkzeuge anwenden lässt, ganz gleich welcher Marke und unabhängig von der Antriebsart (elektrisch oder pneumatisch).

Mit dem Schema lassen sich sowohl unterschiedliche Schrauberarten und Bohrmaschinen als auch Schleifmaschinen sowie Niet- und Meißelhämmer beurteilen. Berücksichtigt werden auch Randbedingungen wie etwa das Geschlecht der Werker, da beispielsweise die maximal zulässigen Greifkräfte oder der mittlere Handumfang von Frauen und Männern differieren.

Naturgemäß unterscheiden sich die verschiedenen Werkzeugarten auch hinsichtlich der Gewichtung einzelner Ergonomiefaktoren. Spielen etwa bei Schleifern äußere Kräfte, Gewicht, Vibrationen sowie Lärm-, Staub- und Ölbelastung eine wichtige Rolle, überwiegen bei Meißelhämmern vor allem Vibrationen und Lärm. Bei Schraubern dominieren dagegen häufig äußere Kräfte oder das Gewicht, während Lärm, Staub und Öl kein Problem sind.

Schleif- und Poliermaschinen unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Schleifmittel. Ihre Dauerleistung reicht von 0,1 bis 4,5 kW, das Gewicht von wenigen hundert Gramm bis zu mehreren Kilogramm. Insbesondere eine hohe Werkzeugleistung ist ein Risikofaktor, die Werker müssen also geschult werden.

Handgriff und Starter sollten so gewählt werden, dass eine natürliche Handhaltung möglich ist. Beim Schleifen sollte der Werker keine großen Kräfte aufbringen und auch den Werkzeuggriff nicht besonders fest anpacken müssen, da Schleifarbeiten meist lange dauern.

Leichtere Werkzeuge sind grundsätzlich ergonomischer. Speziell bei Arbeiten an senkrechten Flächen oder über Kopf macht sich das bemerkbar.

Hauptquelle von Vibrationen sind Unwuchten der Schleifscheibe, gegebenenfalls verstärkt durch eine mangelhafte Zentrierung. Besonders hilfreich ist deswegen ein automatischer Unwuchtausgleich, der in die Nabe eingebaut ist. Hauptlärmquelle ist dagegen der Schleifvorgang selbst. Daneben erzeugt ein Druckluftschleifer Motorgeräusche, unabhängig davon, ob ein Lamellen- oder Turbinenmotor zum Einsatz kommt. Abhilfe schafft etwa beim Luftauslass der Turbine ein Staudruck-Schalldämpfer.

Bei schlagenden Werkzeugen gibt es mindestens drei Vibrationsquellen: die oszillierende Kraft, die den Kolben antreibt; die Stoßwelle, die der Meißel auf die Maschine überträgt; und die Schwingungen des Werkstückes, die wiederum auf die Maschine zurückwirken.

Mit einer Reihe konstruktiver Maßnahmen können Werkzeugkonstrukteure aber die Belastungen verringern. So lassen sich die Schwungkräfte reduzieren, die auf die Werkzeugmasse wirken, oder Werker und Werkzeug über ein Isoliersystem entkoppeln.

Die Stoßwelle dauert weniger als 100 μs Dieser Prozess erzeugt sehr hohe Frequenzen. Treffen diese dann auf einen Körper, entstehen viele Resonanzen in einem breiten Frequenzbereich. Hohe Kräfte erzeugen wiederum hohe Lärmpegel. Zwar können die Maschinengeräusche gedämpft werden; doch die Hauptlärmquelle, der eigentliche Arbeitsprozess, lässt sich nur schwer eindämmen.

Bei Schraubern halten ein sauberes Arbeitsumfeld, die sorgfältige Wahl der Handwerkzeuge und ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze Gesundheitsrisiken für den Werker gering. Zudem ist der Arbeitsablauf so zu organisieren, dass häufige Wiederholungen vermieden werden.

Impulsschrauber übertragen fast kein Reaktionsmoment mehr auf die Hand und sind deutlich leiser und viel genauer als ein Schlagschrauber. An Montagelinien, wo immer wieder die gleichen Schraubverbindungen anzuziehen sind, werden häufig Winkelschrauber eingesetzt – sowohl mit Druckluft- als auch Elektroantrieb.

Sie möchten gerne weiterlesen?