Der Veränderungsprozess sorgte dafür, dass beispielsweise die Produktionshalle klar strukturiert

Der Veränderungsprozess sorgte dafür, dass beispielsweise die Produktionshalle klar strukturiert sind.

KEMNATH (hi). Dr. Bernd Schmidt von der Unternehmensberatung A. T. Kearney, die die Bewertung vorgenommen hat, würdigt die Leistungen der Oberpfälzer: „Jede Teilefertigung steht innerhalb von Siemens unter besonderer Beobachtung und muss kontinuierlich beweisen, dass sie voll wettbewerbsfähig ist und zum Kerngeschäft gehört.“

In Kemnath habe dies einen sehr umfassenden, nachhaltigen Veränderungsprozess mit starker Mitarbeitereinbeziehung ausgelöst. „Die Produktion wird strategisch auf Mechatronik und Kernproduktionstechnologien fokussiert und jährlich werden signifikante Produktivitätssteigerungen erzielt. Erfolgsfaktoren sind eine authentische und konsequente Führung mit einer starken Einbeziehung von Mitarbeitern und Betriebsrat. Dies führt dazu, dass der Weg der Umgestaltung gemeinsam beschritten wird.“

Gemeinsamkeit war auch ein großes Anliegen des Standortleiters Alfred Koch, der die Entwicklung hin zu einer schlanken, klar strukturierten Produktion angestoßen hat. „Das Jahr 2007 war für uns ein ganz besonderes. Wir haben gesehen, dass es Probleme in der Technologiefertigung gab. Das Mechanikcenter der Siemens AG – Sektor Healthcare am Standort Kemnath war nicht optimal aufgestellt. Die Technologiefertigung verzeichnete seit einigen Jahren kein Umsatzwachstum. Potenzial zeigte sich vor allem bei der Produktivität“, schildert Koch. Eine genauere Analyse ergab darüber hinaus weitere Herausforderungen.

So machten hohe Durchlaufzeiten und Bestandsbindungen zu schaffen. Es existierte zudem ein dem Produktionsablauf nicht angemessenes Produktionslayout. Insgesamt wurden elf Punkte herausgearbeitet, die es zu verbessern galt. Darüber hinaus zeichnete sich in der Mitarbeiterzufriedenheit Handlungsbedarf ab. „Die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsplatzgestaltung und das direkte Arbeitsumfeld ließen Wünsche der Mitarbeiter offen und wirkten sich damit negativ auf deren Zufriedenheit aus“, schildert Koch. Jede Menge Herausforderungen, die Führung und Belegschaft Schritt für Schritt angegangen sind.

Am Standort Kemnath sind rund 930 Mitarbeiter beschäftigt, die im Segment CV ID innerhalb des Sektors Healthcare in Innovation, Entwicklung und Produktion auf einer Gesamtfläche von 39 000 Quadratmetern arbeiten. Gefertigt werden hoch integrierte mechatronische Komponenten für alle Healthcare-Bereiche. Beliefert werden nicht nur die Siemens Healthcare internen Business Units, sonders auch OEM-Kunden. Hauptprodukte im OEM-Geschäft sind Kollimatoren und Stative für Radiographie und Fluoroskopie. „Unsere Produkte dienen der Gesundheit des Menschen. Schon allein aus diesem Grund genügt unsere Produktqualität sehr hohen Anforderungen“, beschreibt Alfred Koch den Anspruch des Unternehmens.

Zu den weiteren großen Herausforderungen zählen in Kemnath die extremen Auftragsschwankungen von -90% bis +270%. Durch mehr als 10 000 Bestellabwicklungen pro Jahr, weitere Supportleistungen und enge Kunden-Lieferantenbeziehungen entstanden hohe Gemeinkosten. Damit waren die Zielsetzungen klar: Die Reduzierung interner administrativer Aufwendungen (Auftragsabwicklung und Supportfunktionen), Reduzierung von Beständen und Durchlaufzeiten, Erhöhung der Forecast-Qualität und -Geschwindigkeit innerhalb der Organisation. Die Entscheidung, nur kleine Schritte zu gehen, stand nie zur Debatte. Angepackt wurde in allen Bereichen, für Siemens in Kemnath hieß das Projekt ‚Footprint‘ und dem Leitspruch ‚emotion in motion‘ konnte man gerecht werden. Definiertes Zieljahr war 2010.

Die erreichten Ergebnisse in der Technologiefertigung können sich sehen lassen. So wurden die Vorgänge zur Auftragsabwicklung zwischen 2007 und 2010 um 72% reduziert. Gleichzeitig erhöhte sich der Umschlagsfaktor um 51%. Die Durchlaufzeit verringerte sich um 18% und die Bestände gingen um 11% zurück. Die Kosten für Dienstleistungen wurden um 12% gesenkt. Die Auslastung in der Technologiefertigung wurde insgesamt um 46% gesteigert, die Effizienz um 36% und die Produktivität in den drei Folgejahren um durchschnittlich 9%.

Die Technologiefertigung im Werk Kemnath wurde zur Reduzierung der Komplexität in zwei neue Einheiten HVP (high volume plant) und SCP (special components plant) eingeteilt. Die Einheit HVP fokussiert sich auf wertschöpfungsintensive Komponenten hoher Stückzahlen in innovativen Fertigungstechniken mit effizienten Auslastungsmodellen. Die zweite Einheit SCP verfügt über alle gängigen Technologien und fokussiert sich auf R&D-Versorgung und Klein- und Mittelseriengeschäft mit breitem Technologiespektrum.

„Ein wesentliches Element der Umsetzung unseres Konzepts war die Mitarbeiterinformation“, sagt Alfred Koch. Die Mitarbeiter wurden frühzeitig in die Umsetzung einbezogen. Unter anderem wurden in verschiedenen Bereichen Gruppen eingeführt, die sich mit dem Thema KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) befassten. Um eine Sensibilisierung der Mitarbeiter für den notwendigen Veränderungsprozess zu erreichen, wurden die Informationen aus der Analysephase in Mitarbeiter-Foren offengelegt. Offenheit und Transparenz waren bedeutende Charakteristika im Veränderungsprozess. „Auch die frühzeitige und sehr offene Einbeziehung des Betriebsrates war ein wesentlicher Schlüssel für die Akzeptanz bei der Umsetzung der gesamten Maßnahmen“, so Koch.

Die Erfolge des Veränderungsprozesses sind umso bedeutender, als sie im laufenden Produktionsprozess bei voller Auslastung umgesetzt worden sind. Die Freude über den Gewinn des Kategorie-Sieges bei der Fabrik des Jahres macht in Kemnath auch Mut für die Aufgaben der Zukunft. „Wir werden diesen Weg weiter gehen und uns den kommenden Aufgaben stelllen“, sagt Koch. Und er ist zuversichtlich: „Die enge Verzahnung von Entwicklung und Produktion zeichnet unseren Standort aus.“

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