Elektrokleinbus e.GO Rex

Das Elektroautounternehmen e.GO Mobile AG in Aachen und die Proton Motor Fuel Cell entwickeln gemeinsam den Elektrokleinbus e.GO REX mit einem kompakten 22–30-kW-Brennstoffzellensystem als Range Extender. - (Bild: e.GO Mobile AG)

Beim Blick auf die aktuellen Zulassungszahlen in Deutschland lässt sich unschwer eine Fehlentwicklung erkennen. Gemeint sind nicht die Werte, die einen Anstieg bei neu zugelassen Fahrzeugen zeigen, sondern die gestiegenen CO2-Emissionen. Unter anderem haben die immer beliebteren verbrauchsstarken SUVs und Fahrzeuge der oberen Mittelklasse für einen Anstieg der Klimagase bei den 2017 neu zugelassenen Fahrzeugen von 0,4 g/km gegenüber dem Vorjahr gesorgt. Die CO2-Emissionen der deutschen Neuzulassungen liegen mit 127,9 g/km 7 Prozent über dem europäischen Flottendurchschnitt. Setze sich der Emissionstrend fort, wird das EU-Flottenziel von 95 g/km bis zum Jahr 2020 nicht erreicht, befürchtet die Deutschen Energie-Agentur (Dena).

Welche Antriebsart ist am Markt wie vertreten?

Insgesamt haben die Deutschen im vergangenen Jahr 3,4 Millionen Neuwagen (+2 Prozent) gekauft. Mit 96,6 Prozent machen konventionelle Antriebe den Löwenanteil aus. Während Benziner zulegten, nahm der Anteil dieselbetriebener Pkw hingegen um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ab. Auch das hat die CO2-Emissionen nach oben getrieben. "Wichtig ist, dass wir nun zügig wirksame Maßnahmen ergreifen, um den Kauf emissionsarmer Pkw attraktiver und den von emissionsintensiven unattraktiver zu machen", fordert der Dena-Chef Andreas Kuhlmann.

Den Markt der alternativen Antriebe dominieren Hybridfahrzeuge mit einem Anteil von 71,8 Prozent (84 675 Pkw). Es folgen reine Elektrofahrzeuge mit 21,3 Prozent (25 056), Erdgasfahrzeuge (CNG) mit 3,2 Prozent (3 723) und flüssiggasbetriebene Fahrzeuge mit 3,7 Prozent (4 400).

Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat sich der Aufwärtstrend bei den alternativen Antrieben fortgesetzt. Besonders CNG-Pkw (+542 Prozent) und reine Elektrofahrzeuge (+82 Prozent) legten gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu.

Die Brancheninitiative Zukunft Erdgas berichtet auf Anfrage der 'Produktion', dass in 2018 bis Ende Oktober hierzulande nahezu 10 000 Erdgas-Fahrzeuge neu zugelassen wurden – mehr als jemals zuvor.

Warum sind Gasantriebe als eine nachhaltige Alternative?

Die Politik hat mit ihren jüngsten Entscheidungen zudem den Weg für Gasantriebe im Nutzfahrzeugsektor geöffnet. Seit dem 1. Januar 2019 sind mit CNG- und LNG (Liquefied Natural Gas) fahrende Lkw zunächst für zwei Jahre von der Mautpflicht befreit. Zudem unterstützt ein neu aufgelegtes Förderprogramm die Anschaffung von CNG-Lkw pauschal mit 8 000 Euro, bei LNG-Lkw sind es 12 000 Euro. Die Resonanz ist durchaus da: Das Bundesverkehrsministerium hat bereits vier Wochen nach dem Startschuss Zuwendungsbescheide für 122 Erdgas-Lkw verschickt.

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Mit Blick auf den Gesamtwirkungsgrad hat der elektrische Antrieb die Nase vor den wasserstoffbasierten Antrieben und den Biotreibstoffen. - Grafik: Produktion / Quelle: e-mobil BW

Dies ist ganz im Sinne der Brancheninitiative Zukunft Erdgas, die kritisiert, dass sich die Politik bei Alternativen zu Benzin und Diesel zu sehr auf die E-Mobilität mit Batterien konzentriert. Diese sei zwar ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Verkehrswende, die Förderung von alternativen Antriebsarten sollte jedoch an den Umweltnutzen gekoppelt werden. "Dann müssten auch Erdgasantriebe gefördert werden, die nachweislich mit erneuerbarem Gas betrieben werden", so die konkrete Forderung der Organisation.

Welche Rolle spielen synthetische Kraftstoffe?

Für eine stärkere Berücksichtigung dieser aus erneuerbaren Energien hergestellten synthetischen Kraftstoffe gibt es einen breiten Fürsprecherkreis, sowohl aus der Politik als auch aus der Wirtschaft. Neben einer Bundesratsinitiative verschiedener Bundesländer gibt es auch diverse Vorstöße aus der Wirtschaft wie die Global Alliance Power Fuels. Das von der Dena gestartete branchenübergreifende Bündnis wird unter anderem von Daimler, Robert Bosch, der DLR, den Energieunternehmen Uniper und Enertrag oder dem Mineralöl-Bundesverband Uniti unterstützt. Ziel ist es, eine dritte Säule für eine erfolgreiche Energie- und Verkehrswende zu etablieren, neben der Energieeffizienz und der direkten Nutzung von erneuerbarem Strom.

Auch beim VDMA stehen diese Kraftstoffe, die sowohl als Gase (Power-to-Gas) oder in flüssiger Form (Power-to-Liquid) aus Ökostrom hergestellt werden können, ganz oben auf der Agenda. Neben der Optimierung des Verbrennungsmotors und der Elektroautos verfügten die Automobilhersteller mit den E-Fuels über eine dritte Variante für die Verbesserung ihrer CO2-Flottenverbräuche, so der Maschinen- und Anlagenverband. Anderswo sieht der VDMA sogar noch weitaus besserer Chancen.

"Die synthetischen Kraftstoffe sind in vielen Anwendungen der einzige oder zumindest der beste Weg, um die Verbrennung fossiler Brennstoffe überflüssig zu machen." Dies gelte für Antriebe in der Luft- und Schifffahrt, wo batterieelektrische Lösungen und die Brennstoffzellentechnologie nur in Nischenanwendungen eingesetzt werden dürften, oder für mobile Maschinen in Bau- und Landwirtschaft und vermutlich auch für schwere Nutzfahrzeuge. Deshalb sollten die E-Fuels für Hersteller bei der Verbesserung der CO2-Flottenbilanz anrechenbar sein, fordert nicht nur der VDMA sondern etwa auch der VDA (siehe Interview unten).

Beim Beratungsunternehmen P3 Group verweist man jedoch auch auf Nachteile der E-Fuels. So sei eine lokale Emissionsfreiheit aufgrund des Verbrennens der Kraftstoffe nicht gegeben und somit der Einsatz gerade in Innenstädten fraglich. Hinzu kommen nach Einschätzung von P3 die heute noch hohen Ineffizienzen mit geringen Anlagenwirkungsgraden bei der Herstellung dieser Kraftstoffe.

Erdgas-Tankstelle
In diesem Jahr wurden bereits rund 10 000 Erdgasfahrzeuge abgesetzt – mehr als jemals zuvor. - (Bild: Danny Kurz/Zukunft Erdgas)

Wie steht es um die Antriebsart Wasserstoff und Brennstoffzelle?

Die Landesagentur e-mobil BW sieht hier, aufgrund des geringeren Gewichts des Antriebsstrangs gegenüber reinen E-Autos, vor allem bei größeren und schwereren Fahrzeugen Potenzial – beginnend bei der oberen Mittelklasse und im Nutzfahrzeugbereich. Hinzu kommt der geringere Bedarf an kritischen Materialien.

Während für ein E-Auto mit 100  kW Leistung mehrere Hundert Kilogramm Seltener Metalle wie Kobalt und Mangan benötigt würden, kämen beim Brennstoffzellenantrieb aktuell 20 g Platin als Problemstoff zum Einsatz. Nachteilig sind derzeit noch die höheren Kosten aufgrund der geringen Produktionsmengen. Nach Einschätzung der e-mobil BW könnte der BZ-Antrieb hier jedoch ab einer hohen 5-stelligen Stückzahl das Niveau eines Dieselmotors erreichen.

Dass Wasserstoff und Brennstoffzelle durchaus Technologien mit Zukunft sind, zeigt auch der jüngst erfolgte Einstieg des chinesischen Autoherstellers Great Wall Motors bei der Initiative H2 Mobility. Diese will in einer ersten Phase bis Ende kommenden Jahres 100 Wasserstoffstationen in sieben deutschen Ballungszentren errichten.

Fazit: Die Mischung macht's

Die Botschaft ist klar: Verschiedene Wirtschaftsinitiativen fordern, die Alternativen zu Benzin und Diesel auf deutschen Straßen auf eine breitere Basis zu stellen. So beklagt stellvertretend die Initiative Zukunft Erdgas, dass erneuerbares Gas in der europäischen Regelung für die CO2-Flottengrenzwerte der Fahrzeughersteller noch nicht als CO2-neutraler Kraftstoff anerkannt ist. Anstatt E-Fahrzeuge mit 0 g CO2 pro Kilometer zu bilanzieren, wäre eine 'Well-to-Wheel‘-Betrachtung, welche die Emissionen der Gesamtkette berücksichtigt, deutlich sinnvoller. Die klare Forderung lautet: Deutsche Politiker sollten sich in Brüssel, anstatt dem Idealismus der 'All-Electric-Strategie' zu folgen, für mehr Realismus und Pragmatismus einsetzen.

Interview mit Bernhard Mattes, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA)

Bernhard Mattes, Präsident des VDA
(Bild: VDA)

"Es geht um ein möglichst breites Spektrum"

Wo werden künftig die Schwerpunkt-Einsatzbereiche alternativer Antriebstechnologien und Kraftstoffe liegen?

Für den urbanen Verkehr eignet sich bereits heute die Elektromobilität sowohl bei Nutzfahrzeugen als auch bei Pkw. Im Langstrecken- und Schwerlastverkehr erwarten wir eine Teilelektrifizierung und perspektivisch synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) als effiziente Alternative, die direkt im Bestand wirken kann. Auch Erdgas hat großes Potenzial; so ist komprimiertes Erdgas (CNG) für Pkw eine Alternative, flüssiges Erdgas (LNG) für schwere Nutzfahrzeuge. Die Marktdurchdringung der einzelnen Kraftstoffe und Antriebstechnologien ist jedoch auch stark abhängig von den politischen Rahmenbedingungen.

Setzt die Bundesregierung in der Förderpolitik zu sehr auf die E-Mobilität?

Regulierungen wie die CO2-Flottenregulierung setzen einseitig auf die Elektrifizierung, hier wäre beispielsweise die freiwillige Anrechnung der E-Fuels für einen möglichen Markthochlauf dringend notwendig. Um für die einzelnen Kraftstoffe und Antriebstechnologien die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, müssen Industrie und Politik gemeinsam eine Strategie- und Marktentwicklung entwerfen, die auch den regulatorischen Rahmen berücksichtigt.

Was empfiehlt hier der VDA konkret?

Die deutsche Automobilindustrie verfolgt seit Jahren eine Fächerstrategie. Dabei geht es vor allem darum, auf ein möglichst breites Spektrum an Kraftstoffen und Antriebstechnologien zu setzen. Neben den E-Fuels werden die Elektromobilität – als Plug-in-Hybrid oder rein batterieelektrisch –, der Gasantrieb und die Brennstoffzelle zentrale Bestandteile der Mobilität von morgen sein. Zudem spielt die weitere Optimierung des Verbrennungsmotors auch künftig eine wichtige Rolle. Es wird also weniger ein Entweder-oder, sondern eher ein Sowohl-als-auch sein.

Die E-Fuels spielen zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung keine große Rolle. Werden die Potenziale unterschätzt?

E-Fuels sind ein wichtiger Hebel, um den Klimaschutz voranzutreiben und uns unabhängiger von fossilen Energieträgern zu machen. Gleichzeitig sichern wir damit individuelle und bezahlbare Mobilität. Zudem sind klimaneutrale E-Fuels notwendig, um die sehr ambitionierten Pariser Klimaziele zu erreichen. Perspektivisch stellen sie eine effiziente Ergänzung zur Elektromobilität dar. E-Fuels wirken auf den gesamten Fahrzeugbestand, sowohl bei Pkw als auch bei Nutzfahrzeugen.

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