Seitdem der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea angekündigt hat Kuka übernehmen zu wollen, haben sich verschiedene Größen aus Politik und Wirtschaft zu Wort gemeldet - aus Angst vor einem Ausverkauf wichtiger Zukunftstechnologien nach Asien. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich gar für eine EU-Schutzklausel ausgesprochen, um die Abwanderung von Schlüsseltechnologien zu verhindern. Und offenbar wird hinter den Kulissen auch schon kräftig nach einem europäischen Gegenbieter gesucht.
Nachdem der Münchener Technologiekonzern Siemens erst vor ein paar Tagen öffentlich bekannt gegeben hat, kein Interesse an Kuka zu haben, gibt es bereits die nächsten Spekulationen über einen anderen europäischen Investor: Laut einem Bericht in der Online-Ausgabe des Wall Street Journal könnte der schweizer Industriekonzern ABB ein Gegenangebot für Kuka erwägen, wenn die Deutschen damit einverstanden seien.
Damit könnte der chinesische Midea-Konzern ausgestochen werden, der für den Roboter- und Anlagenbauer 115 Euro je Anteilsschein bieten will.
"Strategisch sinnvoll"
Ein Zusammenschluss von ABB und Kuka wäre strategisch sinnvoll, bewerten die Analysten von Goldman Sachs einen möglichen Deal. Durch einen ABB-Einstieg würde das größte Robotik-Unternehmen der Welt entstehen, heißt es bei Goldman. Er würde die Einstiegshürden in diesen Markt für andere Mitspieler aus den Schwellenländern signifikant erhöhen.
Kostensynergien sehen die Analysten bei einem Zusammengehen allerdings keine, da beide Unternehmen an ihrer Kapazitätsgrenze arbeiteten. ABB und Kuka seien die zwei größten europäischen und zwei der vier global aktiven Branchenvertreter. Kuka habe derzeit einen globalen Marktanteil von rund 14 Prozent und ABB von 15 Prozent.
Die Wachstumsaussichten beider Hersteller sieht Goldman aber derzeit unterschiedlich: Bei ABB gehen sie für 2016/17 von einem Umsatzminus zwischen 3,3 und 0,1 Prozent aus, bei Kuka von einem Plus zwischen 2,0 und 5,0 Prozent.
ABB hat keine 4,5 Milliarden
Börsenhändler zeigen sich indes eher skeptisch, was einen möglichen Einstieg von ABB betrifft. ABB habe weder 4,5 Milliarden Euro für eine Übernahme, noch passe es in das Konzept der Schweizer, sagt ein Händler. Diese wollten Übernahmen nur sehr diszipliniert und zu guten Preisen vornehmen.
Zudem sei ABB jahrelang ein starker Konkurrent von Kuka gewesen. "Warum soll sich Kuka plötzlich anstelle von chinesischen Investoren dem Erzfeind auf dem Markt übergeben", fragt ein anderer Händler. Mit dieser Überlegung könne genauso gut die japanische Fanuc ins Spiel gebracht werden: "In beiden Fällen kämen dann aber auch Wettbewerbsbedenken dazu."
Mit Material von Dow Jones Newswires