Ein Beispiel dafür, das Umweltschutz nicht nur für die Ökologie gut ist, sondern auch die Betriebskosten sinkt, liefert der Volkswagen Konzern.
Produktion: Sie haben im Volkswagen Konzern schon 19,3 Prozent von den gewünschten 25 Prozent Umweltentlastung erreicht. Die fehlenden 6 Prozent werden aber sicherlich schwerer zu erreichen sein als die ersten 6 Prozent. Wie sieht die weitere Planung aus, um das Ziel zu erreichen?
Dr. Liendel Chang: Unser Konzern-Ziel in der Produktion ist es, die Umwelt bis 2018 an allen Standorten um 25 Prozent zu entlasten. Dabei geht es um die Kennzahlen für Energie, Wasser, CO2, Abfall und Lösemittel. 2014 war „Halbzeit“ und wir haben rechnerisch bereits deutlich mehr als die Hälfte der angestrebten 25 Prozent eingespart. Jetzt schauen wir nach vorne und stellen Prognosen, ob die einzelnen Standorte sich im Zielkorridor bewegen. Falls nicht, können wir individuell nachjustieren und weitere Maßnahmen einleiten.
Produktion:In welchen Bereichen ist es am schwierigsten, Verbesserungen zu erreichen?
Dr. Liendel Chang: Grundsätzlich haben wir ein echtes konzernweites Erfolgsprogramm auf den Weg gebracht, aber es kommt natürlich immer spezifisch auf das Alter einer Fabrik, die Fertigungstiefe, finanzielle Mittel und auch auf regionale Gegebenheiten an. Die einzelnen Konzernstandorte haben jeweils einen individuellen Maßnahmen-Plan, um ihr 25-Prozent-Ziel zu erreichen. Wichtig ist dabei natürlich vor allem die Akzeptanz der Belegschaft – direkt in der Produktionshalle werden ständig Maßnahmen realisiert, die sich dann in Summe addieren. Dadurch und natürlich durch neue Technologien können jeweils weitere Verbesserungen realisiert werden.
Produktion:Warum ist die Umweltentlastung beim Wasserverbrauch so niedrig?
Dr. Liendel Chang: Wir sollten hier markenspezifisch differenzieren. In der Marke Volkswagen Pkw zum Beispiel haben wir bereits eine Verbesserung von 18 Prozent erreicht. Die Ressource „Wasser“ wurde zum einen 2014 im Rahmen des Umweltprogramms „Think Blue. Factory.“ der Marke Volkswagen als Schwerpunktthema ausgerufen, zum anderen auch konzernweit im Rahmen der Umweltstrategie. Damit wurde das Bewusstsein für diese Umweltkennzahl an allen Standorten stark geschärft. In diesem Zusammenhang sind viele Maßnahmen definiert worden, die ihre Wirkung erst in den Folgejahren voll entfalten.
Produktion:Warum nehmen „nur“ 27 Werke teil – und nicht alle? Und wie viele Werke könnten theoretisch teilnehmen, wenn alle mitmachen?
Dr. Liendel Chang: Das 25-Prozent-Ziel gilt nicht nur für die genannten Werke der Marke Volkswagen, sondern konzernweit, insofern nehmen weltweit viel mehr Standorte an diesem Programm teil. Bei der Marke Volkswagen läuft das unter dem Begriff „Think Blue. Factory.“, bei Audi unter „ultra“, bei Skoda unter „Green Production“, bei Seat unter „Ecomotive Factory“.
Produktion:Im Text wird gesagt, dass bestimmte Modelle (Polo 5, Sharan NF, usw.) aus rund einem Drittel Recyclingmaterial, sogenannter Rezyklaten bestehen. Was sind die am häufigsten genutzten Rezyklate?
Dr. Liendel Chang: Fahrzeuge bestehen zu rund 75 Gewichtsprozent aus Metallen. Daher haben Metalle auch beim Einsatz von Recyclingmaterial den größten Anteil. In erster Linie sind hier Stahl- und Aluminiumrezyklate zu nennen.
Produktion:Ebenso steht geschrieben, dass im Berichtszeitraum der spezifische Energieverbrauch je Fahrzeug kontinuierlich gesenkt werden konnte. Bedingt durch die Erhöhung der Produktionsmengen kam es jedoch zu einem Anstieg des absoluten Energieverbrauches, wobei gegenüber dem Vorjahr ein leichter Rückgang zu verzeichnen war. Wie viel Energie konnte nun wirklich gesenkt werden und wie viel Prozent macht das je Fahrzeug aus?
Dr. Liendel Chang: Der Effekt, dass es trotz Effizienzfortschritten bei steigenden Produktionsmengen zu einem Anstieg der absoluten Zahlen kommt, wird von uns im Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns ausdrücklich thematisiert. Der Verbrauch elektrischer Energie pro Fahrzeug ist zwischen 2010 und 2014 aber von 1197 auf 1068 Kilowattstunden gesunken. Das entspricht rund elf Prozent.
Produktion:Weiter wurde berichtet, dass über das intranetbasierte Konzern-IT-Tool „Massnahmen@web“ konzernweit über 1.500 Maßnahmen zur Optimierung der Prozesse im Bereich Energie und Umwelt für den Berichtszeitraum 2014 dokumentiert wurden. Diese weisen eine CO2-Einsparung von 195.000 t, eine Energieeinsparung von 505 GWh pro Jahr und eine Kosteneinsparung von über 30 Mio. € aus. Wie viel Kosten wurden mit dem gesamten Projekt zur Umweltentlastung gespart und wie viel wurden dafür investiert?
Dr. Liendel Chang: Das Konzern IT Tool „ Maßnahmen@Web“ dient zur systematischen Erfassung und Verfolgung von Maßnahmen, die einen Beitrag zur Erreichung der Konzernumweltziele leisten könnten. Jede einzelne Maßnahme wird verfolgt und vor Umsetzung sowohl auf Machbarkeit, Effektivität und Wirtschaftlichkeit bewertet und entsprechend entschieden. Zum genauen Verhältnis von Investitionen und Einsparungen äußern wir uns grundsätzlich nicht. Wir sagen aber klar: Unter dem Strich rechnet sich Umweltschutz. Mit den Kosten sind immer Innovationen und Produktionsfortschritte verbunden – und wir bauen unsere Technologieführerschaft weiter aus.
Produktion:Beim Thema Standby-Verbrauch wird erzählt, das allein in einer Abteilung des Werks Kassel, das systematische Ausschalten aller Anlagen in produktionsfreier Zeit den CO2-Ausstoß um 120 t reduzierte. Wie viel CO2-Ausstoß waren es davor insgesamt? Und wird dieses Standby-Verbrauchs-System schon woanders eingesetzt, mit besseren Werten?
Dr. Liendel Chang: Wir verfolgen das Thema Grundlastabsenkung im Konzern seit Jahren gründlich und flächendeckend und entdecken dabei permanent neue Potentiale zum Energiesparen. Dabei ist „einfach alles abschalten“ nicht ganz so trivial, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Geräte müssen dazu technisch in der Lage sein, es gibt vielschichtige Abhängigkeiten der Energieverbraucher in einem Werk untereinander, einige Anlagen haben sehr lange Wiederanlaufzeiten oder müssen wegen komplexer Steuerung durchgehend mit Strom versorgt werden.
In den Werken der Marke Volkswagen Pkw in Kassel und Emden kann der Mitarbeiter in der Produktion jetzt auf einen Blick erkennen, wann welche Aggregate abzuschalten sind und wieviel Energie damit eingespart wird. Gibt es betriebliche Gründe, nicht den Hauptschalter zu betätigen, ist auf dem Energielabel ein rotes „Nein“ vermerkt mit dem Zusatz, welche Teile (z.B. Hauptschalter, Steuerung oder Hydraulik) auf keinen Fall ausgeschaltet werden dürfen.
Am Standort Hannover der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge wurde vor einem Jahr eigens ein bereichsübergreifendes vierköpfiges Team, die sogenannten Energieinspektoren, eingerichtet, das sich ausschließlich der pragmatischen Umsetzung von Umweltmaßnahmen widmet. Mit dieser Unterstützung konnten Einsparungen im Jahr 2014 in Höhe von 660.000 € bzw. 4.200 Tonnen CO2 über die Grundlastreduzierung im Fahrzeugbau erzielt werden. Insgesamt konnte das schlagkräftige Team im Jahr 2014 Einsparungen in Höhe von 884.000€ erreichen.
Am Volkswagen-Standort Uitenhage in Südafrika haben die Wartungsteams des Produktionsbereichs gemeinsam die niedrigstmögliche Grundlast festgelegt, ohne dass Veränderungen an der derzeitigen Ausrüstung erforderlich werden. Gleichzeitig wurde ermittelt, welche Änderungen an der technischen Ausrüstung notwendig sind, um die Grundlast noch weiter zu reduzieren. Das Ergebnis: eine Reduzierung des Energieverbrauchs im Vergleich zu einem normalen Wochenende um 32 Prozent. Dies bedeutet eine potenzielle Stromeinsparung von mehr als 1825 Megawattstunden pro Jahr.
Produktion:Der Emissionshandel wird auch als moderner Ablasshandel bezeichnet. Man begeht eine Untat, die jedoch vergeben wird, sobald man einen vorher festgelegten Preis an eine vorher bestimmte Organisation bezahlt. Ob Emissionshandel an sich überhaupt sinnvoll ist, sei mal dahin gestellt. Nun zu meiner Frage. Was macht VW gegen oder für einen „modernen Ablasshandel“ bzw. wie ist Ihre Meinung dazu?
Dr. Liendel Chang: Sie sprechen das Thema an, zum Beispiel Veranstaltungen klimaneutral zu stellen. Während Volkswagen auf regionaler Basis in Einzelfällen das Neutralisieren von Emissionen durch CO2-Zertifikate, das sogenannte Offsetting, wahrgenommen hat, ist aus unserer Sicht die direkte Projektförderung im regionalen Umfeld unserer Standorte vorzuziehen. Wir fördern gern Projekte, die für Mitarbeiter, Kunden und Anrainer verständlich und erlebbar sind. Für Volkswagen ist die Renaturierung von Mooren und Feuchtgebieten sowie der Erhalt von Wäldern als ökosystembasierter Klimaschutz besonders attraktiv, weil sie den Schutz des Klimas mit dem von Natur und Artenvielfalt verbindet und oft auch noch weitere ökologische Vorteile hat. Wir haben mit dem NABU einen Partner, der uns solche Projekte anbietet und deren Nutzenpotentiale präzise dokumentiert, ohne dass wir uns am „modernen Ablasshandel“ beteiligen müssen.