„Beim Spaceframe handelt es sich um eine intelligente Architektur der Karosserie. Diese Architektur bestand schon 1994 aus Gussknoten, Profilen und Blechteilen. Die Technologie haben wir weiterentwickelt, sodass wir bei dem künftigen A8 keinen Spaceframe mehr aus Aluminium haben, sondern Stahl, Aluminium, Magnesium und Carbon einsetzen“, sagt Ulrich Widmann, Leiter Entwicklung Aufbau bei der Audi AG.

Doch alle Materialien haben ihre Stärken und Schwächen, sodass Audi versucht, die Materialien an der richtigen Stelle mit der richtigen Belastung einzusetzen. Dazu Widmann weiter: „Beim künftigen A8 haben haben wir dort Stahlprofile, wo die Sicherheitszelle für den Insassen existiert, da kommen sehr hochfeste Stähle zum Einsatz. Dort, wo es um Steifigkeit geht wie bei der Domstrebe, verwenden wir Magnesium. In großen Schubfeldern haben wir CFK eingesetzt. Also jeder Werkstoff ist dort eingesetzt, wo er den besten Nutzeneffekt bringt.“

Das klingt gut, bringt aber auch neue Herausforderungen für die Produktioner, die Prozesse in Serie zu beherrschen, wie Hubert Waltl, Vorstand für Produktion und Logistik, beschreibt: „Umso mehr Materialien zum Einsatz kommen, desto mehr Verbindungstechnologien sind vonnöten – in diesem Fall 14 verschiedene Arten.“ So müsse auch die Gefahr der Kontaktkorrosion zwischen verschiedenen Materialien im Blick behalten werden. „Wir setzen zwischen den Materialien eine Kleberschicht ein, sodass dort letztlich eine Isolierschicht entsteht, um Korrosion zu vermeiden. Deshalb wird zwischen mechanischen und chemischen Verbindungsprozessen unterschieden“, so Waltl.

Neueste Technologie: Rollfalzen

Gerade beim Karosseriebau setze Audi heute diese Verbindungstechnologien ein. „Vor allem die neueste Fahrzeuggeneration fordert uns Produktionstechniker: Das eine Thema dabei ist das Rollfalzen. Mit einer Rolle falzen wir das Blech über ein Stahlteil. Da sind wir diejenigen, die erstmals diese Technik einsetzen. Der Vorteil ist, dass wir weniger Materialeinsatz haben, aber auch den Einstiegskomfort erhöht haben“, so Waltl.

Fragt man im Werkzeugbau der Vorserienfertigung des neuen A8 nach dem Rollfalzen, so erntet man Begeisterung: „Das Rollfalzen ergibt geringere Investitionskosten, ermöglicht die Verbindung aller gängigen Werkstoffe, macht unterschiedliche Falzformen möglich und reduziert die Reibung. Zudem ist der Wartungsaufwand minimal und über die Roboterprogramme ist die Qualität gleichbleibend“, ist Waldemar Root überzeugt.

Bei der anderen Technologie gehe es ums Remote Schweißen. „Dort wird ein Laserstrahl über einen Spiegel dorthin gelenkt, wo wir die Materialien verbinden. Es ist beeindruckend, in welcher Geschwindigkeit ein Schweißvorgang abläuft. Dort bekommt man die Wärme in Bruchteilen von Sekunden hin, wo die Schweißung letztlich auch abläuft. Das sind deutliche Veränderungen gegenüber früher, wo Punktschweißen oder Stanznieten eingesetzt wurde“, befindet Waltl.

Ein guten Überblick über diese Veränderungen im Fahrzeugbau hat Heinrich Timm, Mitglied des Vorstands Carbon Composites. Er nahm im Audi Management ab 1980 zahlreiche Leiterstellen ein – unter anderem war er federführend bei der Einführung des ersten A8 aus Alu. „Wir brauchen gerade beim Materialmix – wo immer nur möglich – geometrische Kraftschlüsse. So werden in einer Aluminium Spaceframe-Struktur die geschlossenen Strangpressprofile möglichst stets von Druckgussteilen direkt umschlossen. Dabei wird das Steifigkeitspotenzial jedes Bauteils optimal genutzt und bildet somit die beste Basis, um Material wirklich funktionsgerecht zu nutzen. Das ist idealer Kraft- und Steifigkeitsfluss über die Bauteile. Dieses Grundprinzip sollte möglichst auch jeder Composite-Entwickler im Blick haben. Es wird nicht immer gehen, und dann muss man kleben und nieten.“ Wichtig sei, dass der geometrische Kraftfluss schon bei Entwicklung und Konstruktion neuer Strukturen berücksichtigt werde.

Die hohe Kunst des Werkzeugbaus

Herausforderungen gibt es demnach an allen Ecken und Enden. Apropos Ecken: „Es war die höchste Herausforderung, Ecken aus einem ebenen Stück Blech durch Pressen zu fertigen. Dieser Prozess stand für einige Zeit auf der Kippe, ob er überhaupt funktioniert. Sonst hätte das komplette Design verändert werden müssen, da sich diese Linie um das ganze Fahrzeug zieht“, zeigt sich Bernd Mlekusch, Leiter des Audi Leichtbauzentrums erleichtet. Dazu ergänzt Waltl: „Es ist die hohe Kunst des Werkzeugbaus, eine derartig hohe Linienprägnanz durch Pressen eines einfachen Blechs zu erreichen, ohne dass das Blech reißt. Da steckt eine Menge Know-how in den Werkzeugen beziehungsweise der Umformtechnik. Da ist Handwerkskunst und Ingenieurswissen erforderlich.“

Mlekusch weiter: „In Summe besteht die neue Karosserie zu 58 Prozent aus Aluminium, der Rest besteht aus zumeist warmumgeformtem Stahl, ein Prozent geht auf Carbon und ein halbes Prozent auf Magnesium.“ Im Kampf um die Crashsicherheit sei der warm-umgeformte Stahl momentan vor Alu. Das führe aber auch zu Lasten des Gewichts. „Wir liefern mit 282 Kilogramm im Vergleich zum Wettbewerb immer noch die leichteste Fahrgastzelle am Markt, allerdings wog der Vorgänger 236 Kilogramm“, so Mlekusch.
Widmann zeigt sich über einen anderen Wert begeistert: „Ich liebe das Design und die Steifigkeit des Autos, die wir trotz der gestiegenen Anforderungen an Großdachöffnungsflächen und Fahrzeugverlängerung um 24 Prozent erhöht haben. Das ist auch für den Fahrkomfort ganz wichtig.“

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