Produktion: Was verstehen Sie unter Next Generation Maintenance?
Elvira Obst: „Bisher wurde die Instandhaltung als nachgelagerter Prozess betrachtet, um Störungen zu beheben. Mit Next Generation Maintenance verbinden wir die Wertschöpfungskette und bieten mit einer Ende-zu-Ende Lösung die Vorstufe zu einem vorausschauenden Fertigungsunternehmen. Denn Produktion und Produktentstehung hängen voneinander ab. Wer diesen Zusammenhang intelligent nutzt, kann daraus Kapital schlagen und seine Erzeugnisse und Produktion optimieren. Selbstlernende Algorithmen verwandeln Maschinendaten in Rohstoffe für Innovation und Wertschöpfung.“
Produktion: Welche Kompetenzen bringen IS Predict und T-Systems in die gemeinsame Lösung ein?
Obst: „Mit IS Predict haben wir einen Partner mit langjähriger Industrie-Erfahrung im Management von komplexen Prozessen mit Hilfe von Selbstlern-Algorithmen und Künstlicher Intelligenz. Die IS Predict hat eine Auszeichnung von Gartner als Cool Vendor im Bereich Digitalisierung für Industrie 4.0 erhalten.“
Britta Hilt: „T-Systems ist als Systemintegrator langjähriger Marktführer im Bereich Automotive und Manufacturing, konzipiert, entwickelt und integriert modulare Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Ob vertikale oder horizontale Anwendungen – T-Systems bietet die benötigte Prozess- und Lösungskompetenz.“
Produktion: Wie unterstützt der Ansatz Ihre Kunden?
Obst: „Bis dato dokumentieren Produktionsunternehmen beispielsweise, wie lange eine Maschine läuft, bevor typischerweise Verschleißteile oder Werkzeuge auszutauschen sind oder sie werden durch ungeplante Ausfälle überrascht. Rückt der Techniker aus, sieht er erst an der Anlage, ob Wartung wirklich notwendig ist.“
Hilt: „Nicht so bei Next Generation Maintenance. Statt Regeln und Wenn-Dann-Szenarien aufzustellen, berechnen wir zuverlässig, wann ein Ausfall eintreten wird. Möglich machen das selbstlernende Algorithmen, die im Datenstrom der Fabrikmaschinen Muster erkennen.“
Ein ungeplanter Ausfall kann teuer werden
Produktion: Welchen Vorteil bietet das?
Hilt: „Ein ungeplanter Ausfall kann beispielsweise in der Autofabrik bis zu 10.000 Euro pro Minute kosten. Steht ein Band, ist die gesamte Fertigungslinie betroffen. Next Generation Maintenance verhindert diese Situation. Darüber hinaus koppeln wir die Daten aus dem Instandhaltungsprozess in das Engineering zurück.“
Produktion: Was leistet diese Rückkopplung?
Obst: „Die Daten aus der Reparatur und Erkenntnisse aus der Wartungs-Historie bieten wichtige Rückschlüsse für die Produktentwicklung, um die Produktqualität zu erhöhen und zukünftige Ausfälle im Vorfeld zu vermeiden – in der Umkehr können die Daten der aktuellen Produktkonfiguration – dem digitalen Zwilling – auch wichtigen Support während der Instandhaltung leisten.“
Produktion: Wie steigen Unternehmen bei Next Generation Maintenance ein?
Hilt: „Predictive Maintenance ist eine gute Basis, um zu starten. Wer historische Daten sammelt und beispielsweise dokumentiert, wann Maschinen ausfallen, kann diese Informationen nutzen. Selbstlernende Algorithmen analysieren Daten, spüren Muster und Abhängigkeiten auf, erkennen, welche Zusammenhänge zwischen einem Problem und einzelnen Betriebsparametern bestehen.“
Obst: „Die so trainierten Algorithmen sind dann in der Lage, die Daten im laufenden Betrieb mit Blick in die Zukunft zu analysieren. Wer Ursache und Wirkung kennt, kann Ausfälle von Robotern oder kritischen Motoren Tage oder sogar Wochen im Voraus bestimmen.“
Individuelle Verhaltensmuster der Maschinen aufgedecken
Hilt: „Damit unterscheidet sich Next Generation Maintenance auch vom Condition Monitoring: Je wahrscheinlicher eine Störung eintritt, desto deutlicher lässt sich das in den Mustern erkennen. Condition Monitoring optimiert dabei nur im Hinblick auf definierte Regeln und Zustände, entscheidet dann beispielsweise auf Basis der aktuellen Betriebstemperatur. Next Generation Maintenance dagegen geht einen Schritt weiter. Durch intelligente Algorithmen werden dahinterliegende individuelle Verhaltensmuster der Maschinen aufgedeckt.“
Obst: „Auf Basis dieser Prädiktionen begleiten wir als T-Systems unseren Kunden auf dem Weg der Transformation zu einer digitalen Servicekette. Dazu bieten wir modulare Lösungen, die bereits vorhandene Systeme integrieren und fehlende Bausteine ergänzen. Ob ERP, MES, IoT-Plattformen oder Datengewinnung zum Aufbau eines sogenannten ‚Data Lakes‘ – am Ende entsteht eine geschlossene Prozesskette.“
Produktion: Wo sind Next-Generation-Maintenance-Lösungen bereits im Einsatz?
Hilt: „Zum Beispiel bei Automobilherstellern in der Fertigung. Indem sich Ausfälle von Robotern zeitgenau vorherberechnen lassen, plant der Autobauer Wartungsarbeiten rechtzeitig, also immer genau dann, wann es notwendig ist.“
Obst: „Bis zu sechs Tage im Voraus lassen sich Fehlerquellen treffsicher erkennen. Ab sofort werden Instandhaltungspersonal und Ersatzteile immer so vorgehalten, wie es zu einem Zeitpunkt der Reparatur notwendig ist. Instandhaltungsarbeiten und -ressourcen lassen sich auf diese Weise deutlich besser planen und auslasten und damit die Produktion in Hinsicht auf Effizienz und Qualität noch weiter optimieren.“
Produktion: Wie profitieren Anwender darüber hinaus?
Hilt: „Da sich der übergreifende Produktionskontext analysieren lässt, verstehen Anwender auch, warum etwas ausfällt. Zum Beispiel ist es möglich, aufzuzeigen, wie sich die Produktion verhält, wenn die Rohstoffgüte schwankt.“
Obst: „Next Generation Maintenance erkennt auch hier die Quelle einer Ursache, macht den Zufall durch die Vorausschau beherrschbar. Zusammenfassend hilft den Kunden die Lösung, ihre Prozesse effizienter zu gestalten, die Produktqualität zu erhöhen und die Kosten des Produktlebenszyklus signifikant zu reduzieren.“
Produktion: Wie unterstützt T-Systems die Unternehmen? Für wen ist die Lösung interessant?
Obst: „Next Generation Maintenance eignet sich für große und mittelständische Produktionsunternehmen, aber auch für Betreiber hochwertiger Investitionsgüter wie beispielsweise Windparks. T-Systems bietet den Kunden maßgeschneiderte und flexible Pakete, die sich exakt dem Bedarf anpassen. Zum Einstieg bieten wir auch Innovations- oder Design-Thinking-Workshops, um mit den Kunden die Transformations-Roadmap für Next Generation Maintenance zu erarbeiten.“
Hilt: „Je nach Ausgangslange probieren die Auftraggeber auch zunächst im Kleinen aus, was Next Generation Maintenance bietet, bevor sie es in der gesamten Firma einsetzen. Nicht zuletzt steht T-Systems als erfahrener Systemintegrator an der Seite der Produktionsbetriebe, um datengetriebene Ideen, Ziele und Geschäftsmodelle auch technisch zu realisieren.“
Obst: „Die T-Systems, als Tochtergesellschaft der Telekom steht natürlich ebenso für Cloud-Plattformen, Security und Software-as-a-Service. Aus dem privaten Umfeld kennt heute jeder Applikationen, die einfach und unkompliziert in kurzen Intervallen hinzu- und abgebucht werden können. Diesen Ansatz wollen wir mittelfristig auch unseren Industriekunden anbieten und arbeiten deshalb unter Hochdruck daran, unseren Kunden zukünftig Prediction-as-a-Service aus der Cloud anzubieten.“
Elvira Obst und Britta Hilt von T-Systems im Interview
Elvira Obst ist Head of Global Competence Center Sales & Aftersales bei T-Systems, Britta Hilt ist Geschäftsführerin beim Datenanalysten IS Predict. Mit ihrer langjährigen Industrieerfahrung und Prozesskompetenz beraten sie die Kunden zum Thema Next Generation Maintenance.