Produktion: Für welche Bauteile und Messaufgaben bietet sich die CT heute an?
Tristan Schubert: "Die Computertomografie erlaubt es, Werkstücke mit vielen Prüfmerkmalen in kürzester Zeit vollständig zu erfassen. Seit der Einführung des ersten speziell für die Koordinatenmesstechnik entwickelten CT-Geräts durch Werth vor etwa zehn Jahren hat sich der Einsatzbereich von typischen Werkstücken aus weniger dichten Materialien wie Kunststoff oder Aluminium auf viele andere Anwendungen erweitert.
Unter anderem durch moderne Röntgenröhrentechnik lassen sich heute auch Stahlteile mikrometergenau messen. Typische Einsatzgebiete sind auch Steckverbinder aus der Materialkombination Metall und Kunststoff, Bohrer und Implantate aus der Medizintechnik, Elektronikbaugruppen und natürlich nach wie vor Spritzgusswerkstücke."
Produktion: Welche Branchen sind Vorreiter bei der CT-Anwendung?
Schubert: "Vorreiter beim Einsatz von Koordinatenmessgeräten mit CT sind neben der Kunststoffspritzguss-Branche die Automobilindustrie, die Medizintechnik und die Konsumgüterindustrie."
Produktion: Wie groß sind die Marktpotenziale noch?
Schubert: "Diese Technik steht immer noch am Anfang ihres Siegeszuges. Das Marktpotential steigt kontinuierlich. Aufgrund neuer Entwicklungen werden weitere Anwendungen erschlossen und attraktivere Preise möglich. Der in diesem Jahr neu vorgestellte Werth TomoScope XS wird hier sicherlich ein „Trendsetter“."
Produktion: Wann lohnt sich der Invest in einen eigenen CT?
Schubert: "Heute nutzen viele unserer Kunden CT-Dienstleister, da die Geräte am Anfang oftmals nicht voll ausgelastet würden. Wenn man die Möglichkeiten der CT erst erkannt hat und sie nicht mehr missen möchte, kommt es sehr oft vor, dass pro Jahr Dienstleistungsrechnungen entstehen, welche die Anschaffung eines eigenen Geräts rechtfertigen. Alternativ ist die Verwendung einer Offline-Auswertestation, mit Einkauf von CT-Daten über Dienstleister, ein gutes Modell zur Einführung der Computertomografie im Unternehmen."
Produktion: Gibt es schon viele Messdienstleister, die CT-Messungen anbieten?
Schubert: "Es gibt bereits eine zweistellige Anzahl von Messdienstleistern in Deutschland, und die Tendenz ist steigend. Werth Geräte finden sich sowohl bei CT-Spezialisten als auch bei größeren Dienstleistungsanbietern mit einem breiteren Portfolio an taktilen und Multisensor-Koordinatenmessgeräten. Der wachsende Markt bietet auch hier noch viel Potential."
Produktion: Können CT schon für Inline-Messungen genutzt werden?
Schubert: "Inline-Messungen sind auch mit CT-Geräten möglich und bereits gelebte Praxis. Leistungsstarke Rechner und die intelligente Mess-Software WinWerth erlauben zum Beispiel die Rekonstruktion eines Werkstück-Volumens in wenigen Sekunden. Ein im Gerät integriertes Werkstückwechselsystem oder das Beladen mithilfe eines Roboters ermöglichen die vollständige Automatisierung."
Produktion: Haben Sie ein Beispiel für ein typisches Bauteil, das mit CT gemessen wird? Wie lange ist die Mess- und Auswertedauer?
Schubert: "Eine sehr interessante Anwendung für die CT findet sich im Automobilbau bei der Fertigungsüberwachung von Benzin- und Dieseleinspritzdüsen. Die Toleranzen dieser Werkstücke liegen im unteren Mikrometer-Bereich. Die genaue Messung und Auswertung aller relevanten Maße ist mit dem Werth TomoScope auch bei solchen schwer zu durchstrahlenden Werkstücken aus Stahl prozessbegleitend in wenigen Minuten möglich. Bei Kunststoffspritzguss-Werkstücken, wie zum Beispiel bei der Prüfung von Steckverbindern, ist mit einer sehr viel geringeren Messzeit zu rechnen."
Produktion: Arbeiten Sie an Verfahren/Programmen, welche die Mess- und Auswertedauer reduzieren?
Schubert: "Mit der neuen Betriebsart OnTheFly-CT läuft die Bildaufnahme während der Drehbewegung. Damit erreicht man Messzeiten, die um einen Faktor zehn bis 50 über den aktuellen Möglichkeiten liegen. Dies erschließt weitere Einsatzbereiche. Die patentierte Multi-ROI-Technik erlaubt es, mehrere interessierende Regionen eines Werkstücks im gleichen Bezugssystem zu erfassen. Dadurch spart man ebenfalls Messzeit und Datenvolumen."
Produktion: Machen Automatisierungslösungen für CT-Anlagen Sinn? Wie gängig sind diese?
Schubert: "Wie bereits zur Frage der Inlinemessung angeführt bietet Werth neben dem klassischen Roboter ein integriertes Werkstückwechselsystem, das die geräteeigenen Achsen verwendet, um nacheinander gleichartige oder auch unterschiedliche Werkstücke zu laden. Der Aufwand für Installation und Betrieb ist gering, da die Mess-Software WinWerth auch die Beladung steuert und der Werkstückwechsel innerhalb des geschlossenen Geräts stattfindet. Aufwändige zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen sind hierdurch nicht erforderlich. Diese Form der Automatisierung wird von den Kunden sehr geschätzt und kann auch nachträglich in einem Werth TomoScope ergänzt werden."
Produktion: Wie Energieintensiv sind CT-Messungen?
Schubert: "Auch wenn hier oft von sehr hohen Spannungen die Rede ist, sind die fließenden Ströme recht gering. Daher sind die Energiekosten für CT-Messungen praktisch vernachlässigbar, die meisten Fertigungsmaschinen benötigen deutlich mehr Energie."
Produktion: Ist der Einsatz eines CT in der Fertigungsumgebung möglich oder wird dazu ein eigener Messraum benötigt?
Schubert: "Wie bei konventionellen Koordinatenmessgeräten ist dies allein von der jeweiligen Anwendung abhängig. Die Werth TomoScope Geräte sind mit einer Temperaturkompensation ausgestattet und können zusätzlich mit einer aktiven Kühlung den Bauraum im Inneren des Gerätes und damit das Messvolumen klimatisieren. Optional sind auch aktive Schwingungsdämpfer erhältlich, um Einflüsse der Fertigungsumgebung auf das Messergebnis zu minimieren.
Produktion: Wie schulungsintensiv ist die fachgerechte Bedienung eines CT?
Schubert: "Je nach Automatisierungsgrad der Anlage ist die fachgerechte Bedienung eines CT-Geräts eher einfacher als die Bedienung eines herkömmlichen Koordinatenmessgerätes. Es sind weniger Technologieparameter zu beherrschen und man kann wirklich keine Taster abbrechen."
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