Im Rahmen des Jahreskongresses der WGP (Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik) nahm Dr. Stefan Krug in Aachen die Otto-Kienzle-Medaille entgegen. Er erhielt die renommierte Ehrung für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Produktionstechnik sowie sein Engagement für die produktionstechnische Gemeinschaft.
Zu seinen wesentlichen Errungenschaften zählen neue digitale Planungsmethoden mittels Virtual Reality und Lean Management, mit der die Marktreife eines Produktes in deutlich kürzerer Zeit erreicht wird. Auch eine innovative Methode, die die Konfiguration von Robotern in einer Industrieanlage zu einem einfach zu bedienenden Plug & Produce-System macht, hat Krug entwickelt.
„Dieser neue Ansatz zur einfachen Konfiguration von Robotersystemen ist von grundlegender Bedeutung für den künftigen industriellen Einsatz. Sie haben Stefan Krug internationale Beachtung gebracht“, erläutert Prof. Eberhard Abele, Präsident der WGP einen der Gründe für die Ehrung.
Stecker rein und automatisch losproduzieren
Die Suche nach einer Standardschnittstelle, die derzeit Forscher weltweit beschäftigt, hält Stefan Krug für zu zeitaufwändig: „Es ist bislang nicht gelungen, sich in der Industrie auf einen Kommunikationsstandard zu einigen. Und bei so vielen unterschiedlichen Ansätzen ist es schwer voraussehbar, welche Sprache sich durchsetzen wird. Ich habe daher einen Ansatz für ein Plug & Produce-System entwickelt, bei dem der Roboter zunächst auf einer Metaebene sich mit den Geräten verständigt, wie kommuniziert werden muss.“
Diese „Sprachgewandtheit“ ermöglicht eine automatische Konfiguration von Robotersystemen, bei der einem USB-Stick vergleichbar eine sofortige Kommunikation mit den Peripheriegeräten möglich wird. So können die Funktionen der Geräte direkt in der Steuerung verwendet werden. Darüber hinaus werden die dazugehörigen Prozessdaten über die eingesetzten Netzwerke ausgetauscht.
Alle Mitarbeiter können das System bedienen
„Die Automatisierung hat zur Folge, dass Roboter und Geräte nicht mehr manuell und mit hohem Zeitaufwand von Experten konfiguriert werden müssen – jedes Mal, wenn ein neues Gerät angeschlossen wird“, freut sich Krug. Ob nun ein neues Schweißgerät, ein Greifer oder eine Kamera hinzugefügt wird: „Bislang muss ein Spezialist auf der Bit- und Byte-Ebene die Geräte aufwändig neu konfigurieren. Das dauert oft viele Stunden und Tage – Zeit, in der die Maschinen nicht produzieren können.“
Mit Krugs Methode lassen sich solche Nebenzeiten drastisch reduzieren. „Am Beispiel der Integration eines 2-Achs-Drehkipptischs haben wir mit erfahrenen und unerfahrenen Mitarbeitern getestet, wieviel Zeit wir einsparen können.“ Krug kam von 20 bis 70 Stunden – abhängig vom Erfahrungsgrad des Mitarbeiters – auf eine Zeit von rund 7 bis 8 Minuten für alle Mitarbeiter. „Es war eines meiner Ziele, dass auch unerfahrene Kollegen neue Konfigurationen durchführen können. Die Produktion kann damit schnell und unaufwändig anlaufen, was sie auch bei kleineren Losgrößen und kürzeren Produktlebenszyklen rentabel macht“, berichtet Krug, der bereits mehrere, auch internationale Auszeichnungen erhalten hat.
Krugs Roboter-Forschungen waren Gegenstand seiner 2012 am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) der TU München veröffentlichten Promotion. Die Ergebnisse wurden in einem anschließenden Forschungsprojekt weiter verfolgt und finden damit bereits konkrete Anwendung.
Mit Virtual Reality Zeit bis zur Marktreife drastisch verkürzt
Seit 2013 zeichnet Stefan Krug bei Siemens im Gerätewerk Erlangen verantwortlich für digitale Produktionsmethoden. Seither hat sich dort bereits einiges Grundlegendes verändert. Eine neue digitalisierte Methodik wird dort bereits standardmäßig eingesetzt und hat die Time-to-Market drastisch reduziert – was in etwa einer Halbierung der Vorlaufzeit gleichkommt.
Der Trick: Produktentwicklung und Produktionsmanagement sind dank 3D-Visualisierung von Anfang an eng miteinander verzahnt. „Wir planen das produktionsgerechte Design nicht erst anhand eines Prototypen“, berichtet Krug, „sondern bereits beginnend mit der ersten Idee eines Konstrukteurs.“ So werden nicht erst aufwändig reale Prototypen produziert, die nachträglich optimiert werden müssen.
In die virtuelle Planung ist das komplette Team eingebunden: Konstrukteure, Produktentwickler, Produktionsexperten und Anlagenmechaniker treffen in virtuellen Räumen aufeinander, um das neue 3D-simulierte Produkt und die entsprechende Prozesskette gemeinsam am digitalen Reißbrett zu planen. „Wir optimieren bereits den digitalen Zwilling, so dass der erste Prototyp schon von sehr viel höherer Qualität ist als bislang. Dadurch sparen wir uns nachträgliche zeit- und kostenintensive Konzeptänderungen.