Das Thema Predictive Maintenance ist hochaktuell und wird auf der kommenden MDA im Rahmen der Hannover Messe eine zentrale Rolle spielen. Die Anwender von Maschinen und Fahrzeugen wollen nicht warten, bis eine Komponente ausfällt, sie möchten diese aber auch nicht auf Verdacht auswechseln. Das müssen sie auch nicht, denn führende Unternehmen der Antriebs- und Fluidtechnik haben Systeme entwickelt, mit denen zum Beispiel Wälzlager, Getriebe, Elektromotoren, Hydraulikpumpen sowie Druckluftflüssigkeiten kontinuierlich überwacht werden.
"In der vernetzten Produktion und in der Industrie-4.0-Umgebung ist die vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) ein wichtiger Baustein. Intelligente Komponenten können mittels integrierter Sensorik Daten in Echtzeit aufnehmen und an ein Auswertesystem übertragen. Predictive Maintenance ist eine hervorragende Strategie, um das Zusammenspiel zwischen Maschinenbau und IT effektiv zu nutzen", sagt Peter Synek, stellvertretender Geschäftsführer, Fachverband Fluidtechnik im Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau (VDMA).
Diese Möglichkeit ist zunächst einmal nichts Neues: "Condition Monitoring" war schon ein zentrales Thema vergangener MDA Messen. Neu sind jedoch die Erkenntnisse, die sich aus der Zustandsüberwachung ziehen lassen. Intelligent ausgewertet, erlauben die in Echtzeit gewonnenen Daten den Service oder Austausch von Komponenten zum exakt richtigen Zeitpunkt – ohne vorgegebene Wartungsintervalle und bevor sie ausfallen.
Wie das funktioniert, lässt sich an Wälzlagern gut demonstrieren. Führungsgrößen sind hier Schwingung, Temperatur und Drehzahl. Sie werden kontinuierlich erfasst und so ausgewertet, dass Unregelmäßigkeiten detektiert und ihre Auswirkung auf die Lagerlebensdauer errechnet werden. Gleichzeitig können "Heißläufer" per Temperaturüberwachung ermittelt werden. Diesen Service bietet Schaeffler für Wälzlager zum Beispiel von Windkraftanlagen und Schienenfahrzeugen.
Die Daten werden in der Schaeffler-eigenen Cloud ausgewertet, das Ergebnis steht im Klartext zur Verfügung. Der Anwender muss also nicht mehr – wie beim Condition Monitoring – Kenntnisse über die Auswertung der Sensordaten vorweisen können. Die Auswertung übernimmt das System, der Lagerzustand kann per Internet weltweit abgerufen werden, ebenso die errechnete Restlaufzeit auf Basis realer Lastkollektive.
Diese "Micro-Services" der datenbasierten vorausschauenden Instandhaltung werden aktuell stark nachgefragt, nicht nur in der elektromechanischen Antriebstechnik. Bei hydraulischen Antrieben lassen sich zum Beispiel Partikelzähler in Predictive-Maintenance-Systeme einbinden. Parker hat ein solches System entwickelt und wird es während der MDA nicht nur auf dem eigenen Stand, sondern auch auf dem VDMA-Forum in Halle 19 präsentieren, das in unmittelbarer Nähe zur zweiten Sonderschau Predictive Maintenance organisiert wird.
Stefan Nilgen von Parker Hannifin: "Mit unserem Total System Health Management erfassen wir die Daten des gesamten Systems inklusive der Peripherie, analysieren sie und werten sie aus, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. So haben wir die Gesamtproduktivität sowie die Total Cost of Ownership komplexer Systeme wie Hydraulikanlagen oder fluidtechnischer Antriebe im Blick und können vorbeugend Instandhaltungsmaßnahmen jeder Art vornehmen. So werden Korrekturmaßnahmen im Idealfall überflüssig beziehungsweise so planbar, dass bislang unvorhergesehene Ausfälle vermieden werden. Für den Anwender bedeutet das Kostenersparnis durch erhöhte Standzeiten und höhere Produktivität."
Bei Bosch Rexroth heißt das Predictive Maintenance Tool OdiN und wird ebenfalls auf der HANNOVER MESSE gezeigt. Die Abkürzung steht für "Online Diagnostic Network" und bezieht neben der Sensorik und Cloud-basierten Anwendungen auch die Methodik des "Machine Learning" ein, um vorausschauend Wartungsmaßnahmen auszuführen – und das mit hoher Genauigkeit. Tapio Torikka, verantwortlich für die Entwicklung des Systems: "Ein Experte, der eine Anlage mit traditionellen Mitteln ständig überwacht, erkennt einen Fehler mit einer Wahrscheinlichkeit von 43 Prozent. Unser System hat eine Fehlererkennungsrate von 99 Prozent."
Die vorausschauende Wartung gewinnt durch "Big Data" und weitere Themen im Umfeld von Industrie 4.0 weiter an Dynamik: Es wird immer einfacher, instandhaltungsrelevante Daten zu sammeln und zu verarbeiten. Unterstützt wird dieser Trend durch Kooperationen zum Beispiel von Sensor- und Antriebsherstellern: Aventics und der Sensorspezialist IFM arbeiten künftig zusammen, um Betriebsdaten beispielsweise von Pneumatikzylindern vollständig und unabhängig von der Maschinensteuerung online zu überwachen und zu analysieren – ganz im Sinne der Predictive Maintenance. Schaeffler und IBM haben eine strategische Partnerschaft geschlossen mit dem Ziel, Antriebe in kritischen Anwendungen wie eben Windkraftanlagen und Zügen kontinuierlich zu überwachen und die gewonnenen Erkenntnisse per "Machine Learning" zu optimieren.
Derartige Systeme werden unter dem Oberbegriff "Predictive Analytics" diskutiert. Besucher der MDA, die sich für diese Entwicklung interessieren, sollten auch die parallel stattfindenden Messen Industrial Automation und Digital Factory besuchen. Dort werden führende Unternehmen der IT-Industrie ihre Vorstellungen von Industrie 4.0 und dem "Industrial Internet of Things" präsentieren und dabei auch die vorbeugende Instandhaltung einbeziehen.
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