Vernetzung im Zuge der Industrie 4.0

Bei der Industrie 4.0 geht es unter anderem um die Vernetzung einzelner Maschinen oder Roboter. - (Bild: Blue Planet Studio/adobe-stock.com)

Angela Merkel war sofort begeistert. Kurz vor der Hannover Messe 2011 beschrieben der Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech), Henning Kagermann, der Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, Professor Wolfgang Wahlster, und der heutige Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, Professor Wolf-Dieter Lukas, die Vernetzung von Maschinen über das Internet der Dinge (IoT) und die Digitalisierung der auf ihnen ablaufenden Prozesse erstmals als Industrie 4.0. Die Bundeskanzlerin fand das Konzept so schlüssig, dass sie es in ihrer Eröffnungsrede zu der Industrieshow spontan als Beleg für die Leistungsfähigkeit deutscher Technologieanbieter aufgriff.

Zehn Jahre später, gaben im April 2021 ganze 94 Prozent der vom Digitalverband Bitkom zur Industrie 4.0 befragten Unternehmen an, dass sie ihre Wettbewerbsfähigkeit nur durch die Vernetzung ihrer Prozesse erhalten können. Allerdings befürchten 65 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass sie bei der Digitalisierung ihrer Produktion den Anschluss verpasst haben oder Nachzügler sind. „Vor allem Mittelständler beantworten die Frage nach dem Stand der Industrie 4.0 in ihren Betrieben schonungslos ehrlich“, erklärt Dominik Rüchardt, Leiter der Geschäfts- und Marktentwicklung in Zentraleuropa beim Anbieter von Technologien für die Industrie 4.0, PTC. „Sie beklagen, dass sie das IT-Know-How für den Wandel nicht hätten und nicht wüssten, wie sie ihre vorhandenen Anlagen und Maschinen vernetzen und monitoren könnten.“

In größeren Industrieunternehmen ist das anders: Zwei von drei der vom Bitkom befragten Konzerne nutzen heute intelligente Roboter oder Systeme für die Echtzeit-Kommunikation ihrer Maschinen. Vier von zehn Großunternehmen vernetzen ihre Anlagen zudem mit IoT-Plattformen, auf denen sie die von den Maschinen übertragenen Daten auswerten.

Wo stehen Sie auf dem Weg zur Industrie 4.0?

Noch wichtiger als die Reaktion der scheidenden Bundeskanzlerin auf die nächste Entwicklungsstufe der Industrie 4.0 ist aber, wo Sie und Ihr Unternehmen sich in dem Strukturwandel verorten. Sehen Sie sich als Nachzügler oder sind Sie zufrieden, was Sie bei der Umsetzung der digitalisierten Produktion erreicht haben? Reicht es Ihnen, Prozesse zu vernetzen und zu digitalisieren, oder wollen Sie neue Geschäftsmodelle entwickeln und bislang unerschlossene Märkte erobern?

 

Antworten auf diese Fragen sucht PTC in einer aktuellen Umfrage zum Stand der Industrie 4.0 in deutschen Unternehmen. Der Technologieanbieter lädt Sie herzlich ein, daran teilzunehmen.

 

Unter den Teilnehmern verlost PTC als ersten Preis einen Workshop zum Thema „Industrial Internet of Things“ am „European 4.0 Transformation Center“ der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen sowie zwei „Inspiration & Evaluation Workshops“ zum Thema „Augmented Reality“ im PTC-ARtelier in Ratingen. Zu den Events können die Gewinner jeweils vier weitere Kolleginnen oder Kollegen mitbringen.

Heute sind alle Zukunftstechnologien des Jahres 2011 im Einsatz

Daneben haben in ihrer Fertigung und Entwicklung, ihrem Vertrieb und Einkauf vom Cloud-Computing und der Augmented Reality (AR) bis zu Digitalen Zwillingen, Künstlicher Intelligenz (KI) und Softwarelösungen für das Product-Lifecycle-Management (PLM) im Grunde alle Technologien Einzug gehalten, mit denen acatech-Präsident Kagermann und seine Kollegen Produkte und ihre Herstellung 2011 zu sogenannten „cyberphysischen Systemen“ verbinden wollten.

„Dabei interagieren die einzelnen Technologien mit dem physikalischen Produkt wie Nervensystem, Gehirn, Erinnerungs- und Denkvermögen mit dem menschlichen Körper“, erklärt Dominik Rüchardt von PTC. Dabei diene der digitale Zwilling quasi als Gehirn. Denn er bilde sämtliche Eigenschaften und das Verhalten des Produkts ab. „Das IoT dient ihm als Nervensystem, das ihn mit dem physikalischen Produkt verbindet, registriert, wie sich dieses verhält und Signale zwischen der analogen und der virtuellen Welt überträgt“, ergänzt Rüchardt. Mit diesen Impulsen lasse sich das Produkt auch in seinem Verhalten beeinflussen.

KI ist das Denkvermögen der Industrie 4.0

Zugleich könnten KI und Machine Learning die empfangenen Signale in einen Zusammenhang bringen und erkennen, wann Veränderungen im Verhalten des Produkts nötig sind – etwa um durch eine Anpassung der Parameter des auf einer Maschine ablaufenden Prozesses eine bessere Fertigungsqualität zu erzielen. „KI ist also gleichsam das Denkvermögen des cyberphysischen Systems“, veranschaulicht Rüchardt. Als solches erkenne sie unter anderem frühzeitig, wann Reparaturen oder der Austausch von Verschleißteilen nötig sein werden und helfe so, die Verfügbarkeit von Maschinen durch Predictive Maintenance zu erhöhen.

Die Erkenntnisse der KI wiederum merkt sich das PLM. Ähnlich wie das menschliche Erinnerungsvermögen weiß es daher nicht nur wie das Produkt funktionieren soll, sondern auch, wie es sich über die Zeit verhalten und verändert hat. Die von ihm gelieferten Informationen helfen Entwicklungsingenieuren, künftige Produktversionen zu optimieren.

„Augmented Reality schließlich macht dem Menschen all diese Daten nutzbar und hilft ihm, optimal auf Geräte und Anlagen einzuwirken – etwa, indem sie einem Instandhalter die zur Reparatur einer Maschine benötigten Daten auf sein Tablett liefert oder ihm mit Hilfe einer AR-Brille zeigt, wo er wie Hand anlegen muss“, ergänzt Dominik Rüchardt von PTC. Dadurch lassen sich Wartungsarbeiten auch von weniger erfahrenen Technikern durchführen. Maschinen fallen weniger lange aus, wenn nicht erst ein Mitarbeiter ihres Herstellers für die Reparatur anreisen muss.

Die digitale Transformation der Industrie braucht ein zuverlässiges Regelwerk

„Wer beurteilen will, was deutsche Unternehmen in den ersten zehn Jahren der Industrie 4.0 erreicht haben, darf aber nicht nur technologisch denken“, warnt Rüchardt. Denn damit die smarte Vernetzung von Produktions-, Entwicklungs- und Beschaffungsprozessen gelinge, müssten zahlreiche Beteiligte in ein digitales Ökosystem integriert werden - vom fertigenden Unternehmen, über seine Lieferanten und Auftraggeber bis hin zu Logistikdienstleistern. „Industrie 4.0 ist daher auch ein tiefgreifender Strukturwandel, durch den sich die Beziehungen zwischen Herstellern, Zulieferern und Kunden verändern und neue Anbieter in etablierte Märkte drängen“, erläutert Rüchardt.

Damit das rechtssicher ablaufen kann, braucht es ein Regelwerk aus Gesetzen, Vertragsmodellen, zuverlässigen Bezahlsystemen und gelebten Geschäftsbeziehungen, auf das sich alle Beteiligten verlassen können. Erst solch ein zuverlässiger Rahmen für die Geschäftsbeziehungen in der Industrie 4.0 erlaubt es, auch neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das streben der Umfrage des Bitkom zufolge drei von vier Industrieunternehmen an.

„Machine as a Service“ – Königsdisziplin der Industrie 4.0

Vor allem „as a Service“-Geschäftsmodelle sind dabei für Anbieter eine tiefgreifende Disruption. „Ein Maschinenbauunternehmen etwa nimmt den Preis für sein Produkt dann nicht mehr bei dessen Verkauf, sondern über viele Jahre verteilt ein. Seine Bilanz gerät dadurch gehörig unter Stress“, erklärt Dominik Rüchardt. Um wirtschaftlich überleben zu können, bräuchte der Hersteller neue Partner, wie Finanzholdings oder Leasinggesellschaften, die seine Maschinen kaufen und sie als Betreiber nach einem „as a Service“-Modell vermieten.

Dazu müssen sie Kunden garantieren können, dass die Geräte die im Miet- oder Leasingvertrag zugesagte Performance auch erbringen. Das setzt voraus, dass Betreiber die Maschinen kontinuierlich überwachen und jederzeit wissen, in welchem Zustand sie sich befinden, welche Qualität sie produzieren und wie wirtschaftlich ihr Betrieb ist. Die neuen Partner des Maschinenbauers müssen dessen Geräte auch warten und im Fall einer Störung zuverlässig und möglichst ohne zeitraubende Anreise eines Servicetechnikers reparieren können.

All diese Dienste kann der Hersteller einer Maschine zusätzlich zu dieser verkaufen. Denn deren Vermieter muss auf die technische Kompetenz des Maschinenbauers ebenso zugreifen können wie auf den kompletten Technologie-Stack der Industrie 4.0. Sonst scheitert sein Geschäftsmodell. Damit das Zusammenspiel zwischen dem Produzent der Maschine, ihrem Betreiber und seinen Kunden funktioniert, brauchen alle Beteiligten zudem einen juristischen Rahmen, in dem Haftungsfragen sowie die jeweiligen Rechte und Pflichten in ihren Geschäftsbeziehungen zuverlässig geregelt sind. „Machine as a Service wird dadurch zur Königsdisziplin der Industrie 4.0“, fasst Dominik Rüchardt zusammen.

Industrie 4.0 in Brownfield-Umgebungen – Individuelle Lösungen führen zu Chaos

Auf ähnliche Probleme stoßen Unternehmen, wenn sie ältere Maschinen und Anlagen vernetzen und monitoren wollen, um deren Verfügbarkeit und Perfomance zu steigern. Um ihr Potenzial entfalten zu können, braucht Industrie 4.0 daher auch in solchen Brownfield-Umgebungen ein Rahmenwerk – hier allerdings ein technologisches.

„Ältere Maschinen und Anlagen wurden meist in einem Down-Stream-Prozess entwickelt und auf ihre operative Exzellenz getrimmt. Das erlaubt sehr gut, jede Maschine für sich zu überwachen und zu optimieren“, erklärt Rüchardt. Der Ansatz reiche aber nicht aus, um mit den vorhandenen Anlagen schnell und flexibel auf Veränderungen der Nachfrage nach den mit ihnen hergestellten Produkten zu reagieren.

Dazu müssen die Maschinen über eine IT-Architektur vernetzt werden, die den von den Geräten gelieferten Daten auch dann sinnvolle Informationen entnehmen kann, wenn die Daten den Logiken der Betriebssysteme verschiedener Hersteller folgen und in unterschiedlichen Formaten vorliegen.

„Dazu braucht es klar strukturierte und nachvollziehbare IT-Architekturkonzepte, die mit dieser Heterogenität von Brownfield-Umgebungen umgehen können. Sonst entstehen viele individuelle Lösungen und damit Chaos“, weiß Rüchardt. Eine Vernetzung von Herstellern, ihren Lieferanten und Kunden ist dann kaum mehr möglich.

Die digitale Plattform-Wirtschaft ist nicht mehr weit entfernt

„Allerdings liegen inzwischen erste entsprechende Regelwerke vor – beispielsweise das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0, RAMI“, versichert Rüchardt. Zugleich würden erste Konsortien diese Rahmenwerke in der praktischen Zusammenarbeit von Unternehmen aus Branchen wie dem Maschinenbau, der Prozessindustrie oder der Automobilproduktion umsetzen.

„Wenn sich das so weiterentwickelt, wird die wirtschaftliche Interaktion von Firmen und ihren Partnern in drei bis vier Jahren überwiegend auf digitalen Plattformen stattfinden“, erwartet Dominik Rüchardt von PTC. Angela Merkel wird begeistert sein.

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