Was ist Robotic Process Automation?
Robotic Process Automation (RPA) kann als virtueller Mitarbeiter bezeichnet werden. Die neue Technologie für die Automatisierung von Geschäftsprozessen greift automatisch auf bestehende Anwendungen wie zum Beispiel ERP-, CRM- oder Office-Programme zu und nutzt diese wie ein normaler Mitarbeiter. Der Software-Roboter arbeitet dabei auf Ebene des User-Interfaces und führt strukturierte Prozesse automatisch aus. Medienbrüche können überwunden werden, ohne dass Schnittstellen erstellt werden müssen. RPA kann unterschiedliche Prozesse automatisieren wie zum Beispiel Rechnungslegung, Report-Erstellung und Mitarbeiter-Onboarding.
Das Werk von Procter & Gamble in Crailsheim hatte das Problem, dass der Bevorratungsplan manuell übersetzt werden musste und dies pro Datei jeweils eine halbe Stunde dauerte. Im Bevorratungsplan ist der Prozess und das Übertragungsverfahren für Kunden definiert, die Aufträge an das Unternehmen erteilen.
Wenn die zentrale Produktionsplanung, die P&G nach Warschau verlegt hatte, erstellt worden war, lud ein Mitarbeiter in Crailsheim die SAP-Daten des Bevorratungsplanes herunter und nutzte ein Excel-Makro, um die Daten in eine Sprache zu übersetzen, die von den Produktionsleuten verstanden wird.
Um diesen Prozess zu beschleunigen und zu automatisieren, setzte Werkleiter Christoph Hausser, der mit seinem Werk den Gesamtsieg bei der Fabrik des Jahres/GEO 2017 errang, auf die noch junge Technik der Robotic Process Automation (RPA). Dabei greift ein Software-Roboter wie ein Mitarbeiter auf das User-Interface von bestehenden Anwendungen zu und führt vorgegebene Prozesse automatisch aus.
„RPA kann alles, was man dem Keyboard oder der Mouse machen kann“, sagte RPA-Programmierer Aexander Fischer. Es könne Berechnungen oder Abschätzungen durchführen. Und es ließen sich Aktionen ausführen, wenn ein bestimmter Wert erreicht wird, ein Textbaustein oder ein Bild erscheint. „Einfache Entscheidungen funktionieren, komplexere Entscheidungen bleiben dem User überlassen“, erläuterte Fischer.
Ein User muss zuerst detailliert den Prozess beschreiben
Fischer schuf für die Übersetzung des Bevorratungsplanes ein Programm für die Robotic Process Automation. Zunächst musste dafür ein User detalliert beschreiben, welche einzelnen Schritte er dabei unternimmt, was daraus resultieren könnte und wann es Wartezeiten gibt.
Das wurde im Programm abgebildet: Wenn es zum Beispiel eine gewisse Zeit dauert, bis ein Icon eines Programms erscheint, muss auch eine Warteschleife eingebaut werden, damit der Software-Roboter nicht zu früh handelt und einen Fehler produziert.
Und es wurden Ausnahmeregelungen festgelegt für den Fall, dass ein Schritt nicht funktionierte: Dann geht eine E-Mail an den System-Administrator, der den Fehler beheben muss. Produktionsplaner Fischer nutzte dabei die Module Business Process, welches die Struktur vorgibt, sowie Business Objects, wobei es sich um Tools beispielsweise zum Einloggen in SAP handelt. Wenn diese Tools für ein Programm nicht vorhanden waren, musste der Fachmann sie selbst programmieren. „Dies ist zum Teil nicht einfach, weil die Programme Schutzmechanismen gegen das Ausspionieren der Oberfläche haben“, meinte Fischer.
Das neue Programm wird den Bevorratungsplan künftig automatisch herunterladen und in ein verständliches Format übersetzen. Musste dieser Vorgang in der Vergangenheit von einem Mitarbeiter händisch erledigt werden, läuft er nun im Hintergrund, ohne dass ein Mitarbeiter benötigt wird.
„Ich finde, daran erkennt man das Potenzial“, sagte Werkleiter Hausser. Jetzt benötige ein Mitarbeiter eine halbe Stunde, bis er die Fenster geöffnet und die Daten hin- und hergeschoben hat. Und er müsse auch warten, bis die Planungsdaten vorliegen.
„In Zukunft geht es in sieben Minuten“, erläuterte Hausser. Und wenn die SAP-Daten in Warschau bereitgestellt sind, laufe der gesamte Prozess automatisch ab und man muss nicht mehr auf die manuelle Übersetzung durch einen Mitarbeiter warten. Die Daten liegen dann für die Nutzung vor. „Der Prozess funktioniert auch über Grenzen und Standorte hinweg“, meinte der Werkleiter. Dadurch würden sie Flexibilität und Agilität erhalten.
"Wir können einen Prozess, der bisher 60 Minuten dauert, in 30 Minuten realisieren."
Christoph Hausser, Werkleiter von Procter & Gamble in Crailsheim
Aktuell realisieren die Mitarbeiter von Hausser eine Robotic-Process-Automation-Anwendung für die Zollabfertigung am Tor des Lagerhausbereichs. Geplant ist, dass durch diese Lösung künftig nur noch zwei bis drei Mitarbeiter für diese Aufgabe benötigt werden. Derzeit kümmern sich fünf Arbeiter um diesen Custom Clearance Process.
„Wir können einen Prozess, der bisher 60 Minuten dauert, in 30 Minuten realisieren“, führte der Produktionsfachmann aus. Das bedeutet laut Hausser: „doppelte Produktiviät sowie Halbierung der benötigten Zeit. Das ist generell das Potenzial, das hinter Robotic Process Automation steht.“