2017 wurden weltweit Kleidungsstücke für mehr als 1,4 Billionen Dollar verkauft. Können Sie sich vorstellen, wieviel Garn dieser Kleiderberg enthielt? Wir auch nicht – es müssen Millionen von Kilometern gewesen sein. All dieses Garn wurde während der Verarbeitung mehrfach auf- und abgewickelt. Das ist nur ein Prozessschritt in der Textilindustrie, bei dem sich die kompakten und langlebigen Antriebe von Faulhaber täglich bewähren.
Maschine mit viel Tradition
Die industrielle Revolution begann nicht etwa mit der Dampfmaschine wie viele denken. Denn sie wurde in ihren Anfängen lediglich zum Entwässern von Kohlegruben verwendet. Erst als man die Dampfkraft für den mechanischen Webstuhl nutzte, entstand der der erste maschinelle Herstellungsprozess und markierte damit den Beginn der modernen Massenproduktion. Textilmaschinen profitieren mithin von einer bereits mehr als zweihundertjährigen Tradition.
In dieser Zeitspanne entwickelten sie sich zu den enorm komplexen und oft riesengroßen Maschinen, die den Stoff für das anscheinend unendliche Angebot an Kleidungsstücken liefern, aus dem wir heute online und in den Kettenläden unser Outfit auswählen.
Die Dimension der Maschinen bildet einen frappanten Kontrast zu dem filigranen Material, das sie verarbeiten: federleichte Fasern, die zunächst zu Garn gesponnen werden, manchmal nur haarfein. Aus diesem entstehen quadratkilometerweise Textilien – vom lateinischen textilis = gewebt. Dabei werden zahllose Garnrollen verbraucht.
Vorprodukt auf Rollen
Die Rollen müssen natürlich erst einmal aufgewickelt werden. Das geschieht zunächst in der Spinnerei, wo das Garn aus den Rohfasern entsteht. Dieses Vorprodukt wird dort auf große Rollen gewunden. Sie sind für die Webmaschine aber zu voluminös, denn dort werden viele und oft unterschiedliche Garnrollen benötigt. Deshalb wird das Garn meist mindestens einmal auf eine kleinere Rolle umgewickelt. Schon in der Garnherstellung werden häufig einzelne Fäden miteinander zu Zwirn verdreht, um dem Garn mehr Volumen und Stabilität zu verleihen. Das Garn wird bei praktisch jedem Prozessschritt vor seiner abschließenden Verarbeitung ab- und wieder aufgewickelt. Das trägt auch zur höheren Qualität der Zwischenergebnisse bei.
Wer schon mal einen Knopf angenäht oder eine Naht repariert hat, kennt die regelmäßigen Karos, die das Garn auf der Fadenrolle bildet. So ähnlich, nur größer, sehen auch die Garnrollen der Textilindustrie aus, aber auch andere Wickelmuster sind möglich. Die meist rautenförmige Oberfläche entsteht, weil das Garn nach einer hochpräzisen Vorgabe meist schräg auf die Rolle gewickelt wird. Es läuft dabei in der Regel vom einen zum anderen Ende und wieder zurück. So wird eine gleichmäßige Verteilung des Fadens erreicht und das spätere störungsfreie Abwickeln ermöglicht.
Rasante Oszillation
Das maschinelle Aufwickeln geschieht rasend schnell. Dabei muss der Faden ständig und ebenfalls sehr schnell zwischen den beiden Rollenenden bewegt werden. Beim Wechseln der Richtung darf es keine Verzögerung geben. Das ist durchaus ein technisches Kunststück, denn die Führungsöse läuft pro Minute etwa 400-mal hin und her, wobei rund 1.500 Meter Garn verarbeitet werden. Es gibt auch passiv-mechanische Führungen, doch diesen ist die motorisierte Garnführung deutlich überlegen. In modernen Garnwickelmaschinen bildet sie den Standard.
Der Motor, der für die rasante Oszillation verantwortlich ist, muss vor allem in der Lage sein, das stetige Umschalten der Laufrichtung ohne Verzögerung bei unveränderter Geschwindigkeit zu bewältigen und möglichst lang störungsfrei arbeiten. Als ideale Lösung für diese Aufgabe haben sich Scheibenmagnetmotoren wie der DM52 bewährt.
Der Rotor dieses Antriebs besteht aus einer dünnen Seltene-Erden-Magnetscheibe, die zu mit 25 Pol-Paaren magnetisiert wurde. Die Scheibe läuft zwischen zwei Statoren mit den entsprechend angeordneten Wicklungen. Da sie extrem leicht ist, liegt das Rotorträgheitsmoment sehr nah am erreichbaren Minimum. Dies erlaubt dem Motor, bei voller Geschwindigkeit in rund fünf Millisekunden die Richtung zu wechseln und damit das blitzartige Hin und Her bei der Garnführung zu ermöglichen.
Erfolg beim Wettbewerb Fabrik des Jahres
Faulhaber konnte sich beim Wettbewerb Fabrik des Jahres in der Kategorie „Hervorragende Kleinserienfertigung“ durchsetzen. Überzeugt hat die Jury vor allem das kontinuierliche Streben nach Verbesserung der Prozesse, die starke Automatisierung und die Synchronisation über alle Produktionsstandorte hinweg.
Die feierliche Preisübergabe fand am 21. März 2019 im Rahmen des 27. Kongresses „Fabrik des Jahres“ im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg statt.
Motorisierter kleiner Finger
Um Garnzuführung geht es auch beim sogenannten Fournisseur, durch den der Faden in eine Strickmaschine läuft. Seine Aufgabe ist allerdings nicht das gleichmäßige Wickeln, sondern die konstante Spannung des Garns. Der Fournisseur (französisch für Zulieferer) übernimmt in der Maschinenstrickerei die Funktion des linken kleinen Fingers beim Stricken von Hand. Er ist in kurzem Abstand vor den Stricksystemen der Strickmaschine angebracht. Auf seiner Walze ist eine kleine Menge Garn aufgewickelt, der als Zwischenspeicher dient. Seine Mechanik reagiert auf Schwankungen der Garnspannung und gleicht diese durch verschiedene motorisierte Bewegungen aus.
Hier muss es nicht ganz so blitzartig zugehen wie bei der Garnwicklung. Stattdessen kommt es auf die schnelle Reaktion des Antriebs und die feine Dosierung der Motorkraft an. Der verfügbare Platz ist aber ebenfalls minimal, und natürlich dürfen die Motoren nicht die Wartungszyklen bestimmen – wie bei allen Maschinen hat Langlebigkeit auch hier höchste Priorität. Je nach Anwender werden für diese Aufgabe verschiedene Motoren von Faulhaber eingesetzt, wie zum Beispiel die DC-Motoren mit Graphitkommutierung.
Technik stricken
Übrigens werden mit modernen Strickmaschinen nicht nur Socken und Pullover, sondern auch technische Gewebe hergestellt. Die neue 3D-Stricktechnik kann sogar dreidimensionale Strukturen entstehen lassen. Mit ihr werden zum Beispiel feine Metalldrähte oder Keramikfasern zu technischen Bauteilen verarbeitet. Hier kommt es erst recht auf die korrekte Fadenzugspannung an, da sie Abmessung und Qualität der Produkte entscheidend mitbestimmt.
Diese Fertigungstechnologie kann auch für die schnelle Herstellung von Prototypen genutzt werden. Sie geht besonders sparsam mit dem eingesetzten Material um, da sie nur so viel Garn verbraucht wie tatsächlich benötigt wird. Anders als bei den meisten anderen Prototyping-Verfahren entsteht kein Verschnitt oder Materialabfall. Der Zusammenhang zum gesamten Thema ist unklar.
In den vielfältigen Abläufen der Textilindustrie gibt es zahlreiche weitere Anwendungen, bei denen hochwertige Kleinmotoren im Einsatz sind. Dazu gehören zum Beispiel die Maschinen, mit denen Knöpfe angenäht werden sowie Materialtestgeräte, mit denen die Qualität von Garnen überprüft wird. Das umfassende Portfolio von Faulhaber bietet für alle diese Anwendungen eine optimale Antriebslösung.