Kunststoffe, wie Polystyrol oder PE, haben nicht den besten Ruf. Unter dem Stichwort "Plastikmüll" bereiten die Kunststoffe Umweltverbänden und der Politik zunehmend Probleme. Allein 2013 lag der Verbrauch an Kunststoffen – nur für Verpackungen – bei 2.873 Kilotonnen (Quelle: Bundesumweltministerium). Gerade die Langlebigkeit der Produkte ist eine Herausforderung. Und trotzdem nutzt die Gesellschaft täglich eine Vielzahl von Werkstücken, die aus Kunststoff hergestellt werden. Wie entsteht aus einem Pulver oder Polystyrol-Granulat aber eigentlich ein Armaturenbrett oder ein Trinkbecher? Das Zauberwort heißt Spritzgießen. Mithilfe des Spritzgussverfahrens werden die Kunststoffe in eine Form gepresst, die wir im Alltag nutzen können.
Hierbei handelt es sich um verschiedene Verfahren, die zur Herstellung von Kunststoffteilen verwendet werden. Da hier unterschiedliche Materialien zum Einsatz kommen, variieren auch die einzelnen Methoden beim Spritzguss. Wo tauchen die Produkte letztlich auf? Und in welchen Branchen hat das Spritzgießen besondere Bedeutung?
Spritzguss - was ist das genau?
Das Spritzgießen oder Spritzgussverfahren ist eine technische Anwendung, die heute für ganz unterschiedliche Werkstoffe und Werkstücke zum Einsatz kommt. Besonders weit verbreitet ist der Spritzguss in der Formung von verschiedenen Kunststoffen.
Spritzguss macht sich an dieser Stelle deren besondere Materialeigenschaften zunutze. Kunststoffe, wie:
- Polyolefine
- PMMA
- Polycarbonat
- Polystyrol
haben die Eigenschaft, sich unter Einwirkung von Hitze zu verflüssigen. Duroplast-Werkstoffe, die ebenfalls im Spritzgießen verarbeitet werden können, folgen anderen Materialparametern (Aushärtung unter Hitze) und müssen anders verarbeitet werden.
Aufgrund dessen werden allgemein thermoplastisches Spritzgießen und Duroplast-Spritzguss voneinander unterschieden. Wie sieht die Verarbeitung im Detail aus?
- Thermoplastisches Spritzgießen: Hier wird für die Herstellung in der Regel ein Granulat verwendet, welche durch den Einsatz von Heizelementen verflüssigt (plastifiziert) wird. Ist ausreichend Material vorhanden, baut die Spritzgießmaschine einen hohen Druck auf, über welchen die Masse in eine Hohlform – das Spritzgießwerkzeug – eingepresst wird. Hierbei setzt die Abkühlung – inklusive der Volumenreduzierung – sofort ein. Um das erforderliche Maß einzuhalten, wird in der Spritzgießmaschine mit niedrigeren Drücken Material nachgepresst. Ist das Werkstück abgekühlt, kann es aus dem Spritzgießwerkzeug ausgedrückt oder entnommen und bei Bedarf nachgearbeitet (Entfernen der Spritzgrate usw.) werden.
- Duroplast-Spritzguss: Hier ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass das Material bei Hitze aushärtet. Der eigentliche Gießprozess läuft daher bei niedrigen Temperaturen ab. Die Herausforderung besteht unter anderem darin, die Prozesswärme (etwa durch Reibung) gering zu halten. Erst wenn das Material ins Spritzgießwerkzeug eingepresst ist, wird die Temperatur erhöht, um die Aushärtung in Gang zu setzen.
Neben den beiden Verfahren lassen sich auch Elastomere über das Spritzgießen verarbeiten. Die Herausforderung liegt auch hier in der Tatsache, dass Elastomere bei Hitzeeinwirkung vulkanisieren. Zudem dürfen im Zusammenhang mit dem Gießvorgang nur möglichst geringe Scherkräfte auf das Material einwirken. Des Weiteren gibt es immer wieder Weiterentwicklungen in der Spritzguss Technologie.
Spritzguss - was sind die Einsatzgebiete in der Industrie?
Spritzgießverfahren haben in der Vergangenheit an Bedeutung gewonnen. Der Grund ist die hohe Präsenz von aus Kunststoff gefertigten Produkten in der Industrie. Wo Spritzguss heute überall zum Einsatz kommt, merkt man als aufmerksamer Beobachter recht schnell.
Bereits im Haushalt fallen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten auf, wie die Herstellung von:
- Baugruppen für Haushaltsgeräte
- Gehäuseteile für Haushaltsgeräte (Staubsauger, Trockner, Fön)
- Bauteile für Möbel (Kunststoffklammern, Clipleisten, Verbindungselemente)
- Baugruppen für Elektrogeräte (Steckverbinder, Gehäuseabdeckungen).
Aber auch in der Autoindustrie kommen die Spritzgießverfahren zum Einsatz. Hier können über thermoplastisches Spritzgießen unter anderem:
- Stoßstangen
- Armaturenbretter
- Griffe
- Scheinwerferabdeckungen
hergestellt werden. Ein ebenfalls klassisches Einsatzgebiet für den Spritzguss ist die Spielzeugindustrie. Hier werden neben Bausteinen aus Kunststoffen auch Bauelemente für den Modellbau oder viele andere Spielwaren hergestellt.
Betrachtet man die Palette der heute im Einsatz befindlichen Kunststoffprodukte, fallen viele weitere Branchen ein, in denen Spritzguss eine Rolle spielt. Einweggläser oder andere Kunststoffbecher, die beispielsweise in der Medizin oder Chemie zum Einsatz kommen, sind nur ein Beispiel.
Fazit: Spritzguss ist aus der Moderne nicht wegzudenken
Meist greifen wir gedankenlos zu Bechern aus Kunststoff oder setzen uns ins Auto – ohne daran zu denken, wie etwa das Armaturenbrett hergestellt wird. Behält man im Hinterkopf, welche Produkte durch das Spritzgießen entstehen, wird eines klar: Das Verfahren ist aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. In fast allen Lebensbereichen finden wir inzwischen Produkte, die unter Zuhilfenahme von Spritzgießwerkzeugen aus Thermoplasten oder Duroplaste entstehen. Damit einher geht allerdings auch eine gewisse Problematik – die Umweltbelastung.
Kunststoffe sind gegenüber der Witterung beständig. Die Industrie arbeitet inzwischen daran, kompostierbare Kunststoffe zu entwickeln, die sich auch mithilfe von Spritzguss verarbeiten lassen. Deren Anteil wächst – laut einer Untersuchung des Umweltbundesamtes – seit einigen Jahren stetig. Somit können in den nächsten Jahren weitere Entwicklungsschritte erwartet werden.
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