Der finale saisonbereinigte IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) sank gegenüber April um 1,2 Punkte auf 56,9 und erreichte damit den tiefsten Wert seit 15 Monaten. Die Wachstumsrate blieb aber auf hohem Niveau. Im Dezember 2017 hatte der wichtige Konjunktur-Indikator noch bei 63,3 Punkten notiert.
Der PMI spiegelt das Ergebnis der Mai-Umfrage zur Konjunkturlage in der deutschen Industrie in einem Wert wider. Eine EMI-Notierung unter der Referenzlinie von 50 zeigt an, dass die Geschäfte des Verarbeitenden Gewerbes im Vergleich zum Vormonat schrumpften; Werte über 50 signalisieren Wachstum. Ein Index von 50 bedeutet keine Veränderung zum Vormonat.
„Der Konjunktur-Motor läuft zwar weiter rund, allerdings nicht mehr so hochtourig wie noch vor knapp einem halben Jahr“, betonte Dr. Silvius Grobosch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Dienstag in Frankfurt. Sorge bereiteten dem Verband die steigenden Einkaufspreise – offensichtlich vor allem ein Resultat der Verteuerung von Rohöl und Raffinerieprodukten.
„Die Dynamik in der deutschen Industrie lässt laut EMI weiter nach“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Dienstag die aktuellen EMI-Daten. Die konjunkturelle Abschwächung gehe jedoch mit einem Inflationsanstieg einher. „Beides sollte uns in den kommenden Monaten weiter beschäftigen. Von Stagflation mag ich noch nicht reden, allerdings sollte man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass die schönste aller Welten vorbei ist“, sagte die Helaba-Bankdirektorin dem BME. Dies setze auch die Notenbanken stärker unter Druck. Besonders gefordert sei die EZB, deren Mandat – zumindest offiziell – nur die Sicherung der Preisniveaustabilität ist. Traud: „Spannend wird es nun, ob sie dies bei ihren Anleihekäufen berücksichtigt und diese entsprechend im September beenden wird.“
„Der Aufschwung steht auf dem Prüfstand“, bewertete DIHK-Konjunkturexpertin Sophia Krietenbrink am Dienstag die aktuellen EMI-Daten. Zwar sei der Auftragsbestand noch hoch und 42 Prozent der Industrieunternehmen wollen laut letzter DIHK-Konjunkturumfrage in Kapazitätserweiterungen investieren. Allerdings nehme die Verunsicherung mit Blick auf das Exportgeschäft zu. „Das multilaterale Regelsystem des Welthandels wankt schon kräftig. Das trifft gerade die deutsche Industrie hart“, teilte Krietenbrink dem BME mit.
„Die deutschen Zahlen fügen sich in einen weltweiten Abschwächungstrend ein“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Dienstag dem BME. Einzig und allein die US-Wirtschaft habe im Mai mit einer Aufhellung der Stimmung einen Kontrapunkt gesetzt. Trotzdem deute das Niveau der EMI-Umfrageergebnisse weiterhin auf ein solides Wachstum in Deutschland und Europa hin. Das gelte selbst dann noch, wenn sich im kommenden Monat die Stimmung vor dem Hintergrund von Handelsstreit und Politikwende in Italien ein weiteres Mal abkühlen sollte“, fügte Kater hinzu.
IHS Markit-Chefvolkswirt Phil Smith kommentiert den finalen EMI mit den Worten: „Ein PMI von 56,9 Punkten hätte in der Vergangenheit nicht selten zu Jubelstürmen geführt. In der aktuellen Entwicklung bedeutet dieser Wert jedoch, dass die deutsche Industrie abermals an Dynamik verloren hat.“
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Industrieproduktion: Wegen der schwächeren Produktionsausweitung im Konsum- und Vorleistungsgüterbereich – erstgenannter vermeldete die niedrigste Rate seit über zwei Jahren – sank der Teilindex im Mai auf ein 15-Monatstief. Ein Grund hierfür waren laut Befragten die zahlreichen Feier- und Brückentage.
Auftragseingang insgesamt/Export: Nach dem annähernden Achteinhalb-Jahreshoch Ende vergangenen Jahres sank der Auftragsindex im Mai zum fünften Mal hintereinander und weist aktuell das niedrigste Plus seit August 2016 aus. Seit dreieinhalb Jahren notiert der Teilindex nun bereits ununterbrochen über der neutralen 50-Punkte-Marke. Der Teilindex Auftragseingang Export weist diesmal das niedrigste Plus seit 24 Monaten aus. Bei einigen Unternehmen ließ die Auslandsnachfrage spürbar nach, während die Kunden anderer Unternehmen mit verlängerten Lieferzeiten konfrontiert waren.
Beschäftigung: Der Jobaufbau blieb im Mai ausgesprochen kräftig; von den Hochs im vergangenen Jahr war er jedoch weit entfernt. Spitzenreiter in dieser Kategorie war der Investitionsgüterbereich, doch auch in den anderen beiden Bereichen kam es erneut zu zahlreichen Neueinstellungen.
Einkaufs-/Verkaufspreise: Nach dreimaliger Abschwächung in Folge beschleunigte sich der Anstieg der Einkaufspreise im Mai wieder. Die Verteuerung von Öl und mineralölbasierter Produkte sowie Lieferengpässe ließen den Teilindex auf ein Dreimonatshoch steigen. Die Verkaufspreise wurden etwas weniger deutlich angehoben als in den zurückliegenden sechs Monaten. Insgesamt zählte der 21. Anstieg in Folge jedoch zu den stärksten seit Mitte 2011.
Jahresausblick: Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist sackten im Mai regelrecht ab und erreichten den tiefsten Wert seit über zweieinhalb Jahren. Begründet wurde dies mit der nachlassenden Nachfrage und den anhaltenden Kapazitätsengpässen auf Seiten der Lieferanten.
Der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).
Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V.