Die Bundesregierung will Deutschland bei der Nutzung von Wasserstoff als klimafreundlichen Energieträger zum Vorreiter machen. An diesem Mittwoch soll das Bundeskabinett nach langem Streit eine Wasserstoffstrategie verabschieden, die unter anderem ein Ziele für die Herstellung von Wasserstoff setzt. Der Opposition dagegen ist vieles in der 28 Seiten langen Strategie noch nicht konkret genug.
«Die Nationale Wasserstoffstrategie wird Deutschland doppelten Schub verleihen - für den Klimaschutz und die nachhaltige Erholung unserer Wirtschaft nach der Corona-Krise», sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Die Strategie sei auf die Förderung von «grünem Wasserstoff» ausgerichtet, der aus 100 Prozent erneuerbaren Energien gewonnen werde. Dafür müssten nun die erneuerbaren Energien konsequent ausgebaut werden. Es gelte, den Wasserstoffeinsatz vor allem da zu fördern, wo es keine Alternativen für den Verzicht auf fossile Brennstoffe gebe: «in der Stahlproduktion, der Chemieindustrie, sowie der Luftfahrt.»
Mit einiger Verzögerung hatte sich die schwarz-rote Koalition vergangene Woche bei den Streitpunkten zur Wasserstoffstrategie geeinigt. Sie sieht vor, dass bis 2030 in Deutschland Erzeugungsanlagen von bis zu fünf Gigawatt Gesamtleistung entstehen sollen. Der Einsatz von Wasserstoff soll neben der Industrie auch im Verkehr gefördert werden. Der Fokus liegt auf grünem Wasserstoff, aber auch anderer soll eingesetzt werden.
Kritik von der Opposition
Von der Opposition kam Kritik. «Die Strategie ist zum Scheitern verurteilt, wenn nicht entscheidend nachgebessert wird», sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der dpa. «Da sollen große Kapazitäten in der Produktion aufgebaut werden, ohne dass klar ist, wer diesen Wasserstoff überhaupt abnimmt.» Es brauche verpflichtende Beimischungsquoten etwa im Luftverkehr oder Erdgasnetz. Solche Quoten werden in der Strategie erwähnt, sollen aber noch erörtert werden.
«Das heißt bei dieser Bundesregierung in der Regel, dass da auf Jahre nichts passiert», sagte Krischer. Zudem rate er, sich von Wasserstoff im Pkw-Bereich zu verabschieden: «Das eingeplante Geld für Wasserstofftankstellen ist rausgeschmissenes Geld, weil Elektroautos viel günstiger sind und von der Effizienz nicht mehr einholbar sind.»
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte der dpa, trotz monatelanger Verhandlungen bleibt der Aktionsplan voller Prüfaufträge, dabei müsse es jetzt schnellstmöglich an die gesetzliche Umsetzung gehen. «Die Bundesregierung könnte sofort Anreize schaffen, indem sie Elektrolyseure von der EEG-Umlage befreit», sagte er - das hat die große Koalition auch vor. Theurer pochte auf eine europäisch abgestimmte Importstrategie und forderte eine «Europäische Wasserstoffunion», die auch Projekte in Südeuropa und Afrika fördere.
Wo die Strategie gut ankommt
Bei der Energiebranche kommen die Pläne der Bundesregierung gut an. «Wasserstoff ist ein unverzichtbarer Baustein für eine CO2-freie Wirtschaft der Zukunft», sagte die Chefin des Energieverbands BDEW, Kerstin Andreae, der dpa. Ein Pluspunkt sei, dass die bestehende Gas-Infrastruktur dafür genutzt werden könne. Es sei daher richtig, dass die Bundesregierung im Konjunkturpaket erhebliche Mittel für Wasserstoff einplane. «Das ist das richtige Signal zur richtigen Zeit.» Neben den laufenden, milliardenschweren Förderprogrammen sind weitere 7 Milliarden Euro für den Markthochlauf von vorgesehen und 2 Milliarden für internationale Partnerschaften.
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) lobte, dass die Koalition vor allem auf grünen Wasserstoff setze. «Anstatt im großen Stil über Wasserstoffimporte nachzudenken, sollte jetzt zuerst das sichtbar vorhandene Potenzial auf dem heimischen Markt erschlossen und der Markthochlauf für Elektrolyse-Technologien gestartet werden», sagte Verbandspräsidentin Simone Peter. Dafür brauche es einen deutlich stärkeren Ausbau erneuerbarer Energien.
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) setzt dagegen auf Kooperation mit Afrika. «Deutschland braucht mehr grüne Energie für die Verkehrs- und Energiewende. Afrika kann sie liefern», sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch). Dort scheine die Sonne «nahezu unbegrenzt». Gemeinsam mit Marokko werde die erste industrielle Anlage für grünen Wasserstoff in Afrika entwickelt.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte der Funke-Mediengruppe, Deutschland müsse sich «gerade im Bereich der Mobilität auch als das führende Herstellerland in Europa und der Welt» positionieren, etwa bei Wasserstoff-Antrieben bei Bussen und Lastwagen. Bis zum Jahresende solle es in Deutschland rund 100 Wasserstoff-Tankstellen geben. Jährlich sollten zehn bis 15 weitere hinzugebaut werden.