Werkzeugmaschine

Werkzeugmaschinen kommen vor allem in der Automobilindustrie zum Einsatz, sie ist der wichtigste Kunde der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie. - (Bild: Pixabay)

Mit breiter Brust eröffnete Dr. Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), die Jahrespressekonferenz des Verbandes: „Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie stellt einen Produktionsrekord nach dem anderen auf.“ Der VDW stellte die Branchenzahlen im Grand Hotel Hessischer Hof zu Frankfurt vor. Das Ambiente könnte kaum passender gewählt sein.

Durch herrschaftlich ausstaffierte Gänge geht es zum Konferenzsaal des Fünf-Sterne-Hotels, den Kronleuchter erhellen. Kostbare Gemälde, antike Möbel, edle Stoffe und Teppiche prägen das Ambiente. Das Grandhotel, im Besitz der Familienstiftung der Landgrafen und Prinzen von Hessen, selbst spricht von einer gelungenen Verbindung aus Tradition und Moderne. Eine Beschreibung, die auch auf die Werkzeugmaschinenindustrie zutrifft?

Ein traditionell wichtiger Wachstumstreiber der Branche ist das Exportgeschäft, das galt auch für das Jahr 2017. 71 Prozent der deutschen Werkzeugmaschinen verkauften die Hersteller im Ausland. Die Ausfuhren zogen um 8 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro an, ohne Reparaturen und Instandhaltung. Der Inlandsabsatz schrumpfte um 3 Prozent.

Export ist Wachstumstreiber

Donald Trump, US-Präsident
Donald Trump hat die Unternehmenssteuern in den USA gesenkt. Das könnte der US-Industrie einen Schub vorsetzen - wovon wiederum die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie profitieren könnte. - (Bild: Pixabay)

Zusammengerechnet reichte das für die Branche, um 4 Prozent zuzulegen und nach vorläufigen Ergebnissen ein Volumen von rund 15,7 Milliarden Euro zu realisieren. Für 2018 erwartet der VDW ein weiteres Produktionsplus von 5 Prozent.

Zugpferd für die deutschen Ausfuhren war das Geschäft auf dem amerikanischen Kontinent. Dieses ist insgesamt um 20 Prozent gewachsen. Weit überproportional legten Brasilien und Mexiko zu. „Erfreulich entwickelte sich auch unser zweitwichtigster Markt USA, der sich ebenfalls mit einem Fünftel Zuwachs exakt auf Linie bewegt“, erklärte Prokop.

Die US-amerikanische Wirtschaft investiert und die deutschen Werkzeugmaschinenhersteller profitieren davon. „Denn ohne ausländische Maschinen, auch und gerade aus Deutschland, kann die US-amerikanische Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit im Weltmarkt nicht zurückgewinnen“, betont der VDW-Vorsitzende.

Auch vom asiatischen Markt sendet die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie positive Signale. Befand sich das Asien-Geschäft 2016 noch im Rückwärtsgang, haben sich die deutschen Ausfuhren 2017 wieder erholt. „Das ist in erster Linie dem Leitmarkt China zu verdanken“, erklärt Prokop. Die angesprungene Nachfrage sorgte für einen Exportzuwachs von nahezu einem Fünftel in der Volksrepublik. Prokop ergänzt: „Im Geleitzug zieht die gesamte Region kräftig an. Auch Taiwan, Indien und Japan liefern mit zweistelligen Zuwachsraten bestens.“ Einzig Südkorea bilde die Ausnahme.

VDW Vorsitzender Prokop
Er ist der Vorsitzende des VDW: Dr. Heinz-Jürgen Prokop. Darüber hinaus ist er Geschäftsführer von Trumpf Werkzeugmaschinen. - (Bild: Gabriel Pankow)

Ein erwachender High-Tech-Riese in China?

Prokop respektive der VDW scheint zufrieden mit der Entwicklung, sagt doch Prokop in seiner Funktion als Vorsitzender des Verbandes: „Deutschland gehört zu den Top-Anbietern von Werkzeugmaschinen in der Welt. Dies hat sich auch 2017 wieder bestätigt.“ In der Produktion belegten die deutschen Hersteller laut VDW-Schätzungen Platz 2 der wichtigsten Produzenten, nach China und noch vor Japan.

„Hier gilt jedoch Klasse statt Masse“, merkt Prokop an. China fertige Low-Tech in großen Stückzahlen für den heimischen Markt und für Entwicklungsländer. Beleg dafür: Der Durchschnittspreis einer chinesischen NC-gesteuerten Maschinen beträgt rund 39.000 Euro. Eine deutsche NC-Maschine kostet im Schnitt 322.000 Euro.

Der vergleichsweise hohe Preis deutscher Werkzeugmaschinen resultiere aus dem hohen Anteil an High-Tech und Speziallösungen. Genau das sei aber auch das Ziel der Chinesen. „Mit der Initiative China 2025 bringt die chinesische Regierung ihren Willen zum Ausdruck, die eigenen Hersteller zu stärken und von Importen unabhängiger zu werden, notfalls auch durch Handelsbarrieren und Behinderung ausländischer Investitionen“, so Prokop. „Für uns ist es deshalb umso wichtiger, den technischen Vorsprung auch künftig weiter auszubauen.“

Video-Interview: Grob auf der EMO Hannover 2017

Zuversicht für 2018

Gleichwohl kann keine andere WZM-Nation den Deutschen beim Export das Wasser reichen. 2017 blieb Deutschland mit Abstand Exportweltmeister vor Japan und Italien. „Demnach gelingt es den Deutschen immer wieder, Technologien anzubieten, die international gefragt sind“, so Prokop.

So verwundert es auch nicht, dass der VDW positiv auf die Geschäfte im Jahr 2018 blickt. Weitere Faktoren stärken diesen Optimismus. „Zum einen wächst die Weltwirtschaft kräftig, zum anderen soll der internationale Werkzeugmaschinenverbrauch um 3,6 Prozent zulegen“, erläutert VDW-Mann Prokop.

Das sei vor allem Europa zu verdanken. Amerika lege ebenfalls kräftig zu. In Asien werde sich die Dynamik allerdings abschwächen. Insgesamt gewährleisten die anziehenden Aufträge eine Fortsetzung des deutschen Produktionswachstums. Mit 5 Prozent Plus werde sie erstmals die 16 Milliarden Euro Marke knacken.

Fachkräftemangel sorgt für zunehmende Automatisierung

IT Fachkräfte
Die Werkzeugmaschinenindustrie benötigt Fachkräfte. Gefragt sind auch IT-Experten. Können flexible Arbeitszeiten die begehrten Mitarbeiter in die Branche locken? - (Bild: Pixabay)

Klar, wer viel produzieren muss, braucht neue Mitarbeiter. Aufträge müssen abgearbeitet werden. Im Dezember 2017 standen rund 72.000 Menschen bei den deutschen WZM-Herstellern in Lohn und Brot, also 2,7 Prozent mehr gegenüber dem Vorjahreswert.

„Damit wurde die Beschäftigung seit dem Tiefstand 2010 nach der Finanz- und Wirtschaftskrise um fast 20 Prozent aufgebaut“, erklärte Prokop. „Um die prognostizierte Produktion realisieren zu können, müssen die Unternehmen alle Kapazitäten mobilisieren. Dem stehen vielfach Personalengpässe  gegenüber.“

In bestimmten Berufen, beispielsweise bei Mechatronikern und IT-Fachkräften, und vor allem in ländlichen Regionen sei der Fachkräftemarkt leergefegt. Prokop: „Das betrifft uns ganz direkt, aber auch unsere Zulieferer. Die Engpässe, die durch fehlende Fachkräfte entstehen, treiben nach unseren Beobachtungen die Automatisierung voran.“ So denken viele Werkzeugmaschinenanbieter laut dem VDW vermehrt in Richtung autonome Maschine, die Bearbeitungsprozesse unabhängiger vom Bediener umsetzt.

Ein Problem sei aber nicht nur die Zahl der Mitarbeiter, sondern vor allem auch ihre Qualifikation. „Unsere Branche muss im Sinne von Industrie 4.0 den Wandel hin zur Digitalisierung und Vernetzung bewältigen, neue Geschäftsmodelle entwickeln und die eigene Produktion umstellen. Zulieferer in die Automobilindustrie müssen Produktionssysteme für neue Antriebsstränge entwickeln“, betonte Prokop.

Elektromobiliät – Fluch oder gar Segen?

Tesla Ladestation
Tesla veränderte die Autoindustrie, machte aus dem Elektroauto, das zuvor allenfalls bei Sparbrötchen und besonders umweltbewussten Autofahrern en vogue war, ein Objekt der Begierde. Die E-Mobility befindet sich heute auf dem Vormarsch. Auch andere Hersteller haben längst Modelloffensiven angekündigt. - (Bild: Pixabay)

Und damit wären wir bei einer weiteren großen, wahrscheinlich sogar der größten Herausforderung der Werkzeugmaschinenindustrie: Die Elektromobilität. Insbesondere für die vielen mittelständischen Firmen, deren größter Kunde – ganz traditionell - die Automobilisten und ihre Zulieferer sind und die sich mit ihrem Angebot voll auf sie eingestellt haben, sei der Wandel zur E-Mobility eine große Herausforderung, heißt es seitens des VDW.

Den zuständigen Verbänden ist das bewusst. Der VDMA legt in Zusammenarbeit mit dem VDW in Kürze eine neue Studie dazu vor. Ein wichtigstes Ergebnis präsentierte Prokop schon heuer. Bis 2030 werde der Anteil rein elektrogetriebener Autos in Europa, USA und China mit etwa einem Fünftel der Neuzulassungen berechnet. „Hingegen sollen 60 Prozent der Neuzulassungen Hybridfahrzeuge in unterschiedlichen Kombinationen sein, und das mit steigender Tendenz. Der Anteil von Fahrzeugen mit reinen Verbrennungsmotoren geht damit zurück – trotz weiterer Optimierungen“, erläuterte Prokop.

Panikstimmung, weil dadurch das Zerspanvolumen drastisch zurückgehe, sei allerdings nicht angebracht. Denn der durch die E-Mobility ausgelöste Rückgang des Zerspanvolumens werde einerseits überkompensiert durch die weltweite Zunahme der Gesamtzulassungen; angetrieben durch den nach wie vor steigenden Bedarf in China. Hinzu komme die steigende Komplexität optimierter Verbrennungstechnik kombiniert mit Elektroantrieben.

Kein Abgesang auf die Werkzeugmaschine

Dafür steigen die Anforderungen an hochpräzise Produktionstechnik. Beispiele sind: die Reduzierung der Geräuschemissionen im Getriebebau¸ der höhere Verschleiß von Bauteilen, der beim Umschalten vom Elektro- auf den Verbrennungsmotor bei höheren Geschwindigkeiten entsteht; die stärkere Auslegung von Bremssystemen aufgrund des Batteriegewichts; die flächendeckende Ausrüstung mit Turboladern.

Hinzu kommen Produktionssysteme für die Fertigung von Komponenten für elektrische Antriebe. Diese wenigen Beispiele zeigen laut VDW, was Fertigungstechnik in diesem Segment künftig leisten muss. „Allein deshalb behält die Werkzeugmaschine auch künftig ihre hohe Bedeutung im Fertigungsprozess der Automobilindustrie bei, wenn der Wandel hin zu umweltfreundlicherer Mobilität gelingen soll“, resümiert Prokop. WZM-Hersteller, die gute Lösungen für die oben genannten Anforderungen bieten, können laut VDW von der Entwicklung profitieren.

„Einmal mehr steht fest, dass es den abrupten Wandel und die eine Lösung für den Fahrzeugantrieb der Zukunft nicht geben wird“, sagt Prokop abschließend. Vielmehr werden sich verschiedene Antriebsvarianten ergänzen. Das gilt insbesondere, wenn Autos, Nutzfahrzeuge und mobile Arbeitsmaschinen einbezogen werden. Deshalb sei es umso wichtiger, seitens der Politik das Thema technologieoffen voranzutreiben.

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