In einer immer volatiler werdenden globalen Wirtschaftslage erfährt der Begriff „Derisking“ eine steigende Bedeutung. Dieser strategische Ansatz bezeichnet das systematische Bemühen von Unternehmen, ihre Risiken zu minimieren, insbesondere in Bezug auf Investitionen und Marktexpositionen in politisch oder wirtschaftlich instabilen Regionen. Derisking umfasst dabei nicht nur die Reduzierung von Risiken, sondern auch das Vermeiden neuer Risiken durch sorgfältige Auswahl und Management von Geschäftsbeziehungen und Investitionsentscheidungen.
Für deutsche Unternehmen, die in China tätig sind, hat Derisking eine besondere Relevanz. China, als eine der größten Volkswirtschaften der Welt, bietet enorme Geschäftsmöglichkeiten, bringt jedoch auch signifikante politische und regulatorische Risiken mit sich. Diese können von plötzlichen Änderungen in der Handelspolitik bis hin zu strengen Regulierungen in Bereichen wie Datenschutz und Betriebssicherheit reichen.
Die Risiken für deutsche Unternehmen in China sind vielfältig. Einerseits besteht das politische Risiko, das sich aus der divergierenden Auffassung von Rechtsstaatlichkeit und der starken Rolle der Kommunistischen Partei Chinas ergibt. Gesetzesänderungen können rasch erfolgen und haben oft weitreichende Konsequenzen für ausländische Unternehmen. Andererseits stellen auch wirtschaftliche Risiken wie Marktverzerrungen durch staatliche Subventionen chinesischer Unternehmen eine Herausforderung dar.
Strategien zum Derisking
Effektives Derisking erfordert eine gründliche Risikoanalyse und die Entwicklung von Strategien, die auf spezifische Herausforderungen zugeschnitten sind. Für deutsche Unternehmen in China könnte dies bedeuten:
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Diversifikation: Durch die Streuung von Investitionen und die Verteilung von Produktionsstätten über verschiedene geografische Regionen hinweg können Risiken gemindert werden.
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Compliance und Due Diligence: Ein tiefes Verständnis und die Einhaltung lokaler Gesetze und Vorschriften ist unerlässlich. Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen der Compliance-Strategien helfen, rechtlichen Risiken vorzubeugen.
Partnerschaften und Netzwerke: Der Aufbau von starken lokalen Partnerschaften kann dabei helfen, kulturelle und regulatorische Herausforderungen besser zu navigieren. Zudem kann die enge Zusammenarbeit mit deutschen und europäischen Handelskammern wertvolle Unterstützung bieten.
Technologietransfer und geistiges Eigentum: Besondere Vorsicht ist beim Technologietransfer geboten. Strategien zum Schutz geistigen Eigentums müssen robust und durchsetzbar sein.
Beispiele für Derisking
Ein aktuelles Beispiel für Derisking-Strategien deutscher Unternehmen in China ist die Entscheidung von Siemens, seine Lieferketten zu diversifizieren und weniger abhängig von einzelnen chinesischen Zulieferern zu machen. Dies erfolgt vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen zwischen China und den USA, welche auch deutsche Unternehmen in Sorge versetzen. Siemens hat damit begonnen, alternative Lieferanten in anderen asiatischen Ländern sowie in Osteuropa zu identifizieren und zu fördern.
Ein weiteres Beispiel ist die Firma BASF, die umfangreiche Investitionen in ihre Anlagen in China mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen für geistiges Eigentum und strengeren Compliance-Prüfungen kombiniert hat. Diese Maßnahmen sind Reaktionen auf die strengen chinesischen Vorschriften zum Technologietransfer und zum Schutz geistigen Eigentums.
Ergo: Für deutsche Unternehmen in China stellt Derisking keinen optionalen Luxus dar, sondern ist eine strategische Notwendigkeit, um langfristig erfolgreich und sicher zu agieren. In einem Umfeld, das durch schnelle Veränderungen und Unsicherheiten geprägt ist, kann ein durchdachter Derisking-Ansatz nicht nur Risiken minimieren, sondern auch entscheidend dazu beitragen, Chancen sicher zu nutzen. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen proaktiv bleiben und ihre Strategien kontinuierlich an die dynamischen Veränderungen anpassen.