Federleicht und dennoch stabil: Aluminiumschrauben leisten einen wichtigen Beitrag zur

Federleicht und dennoch stabil: Aluminiumschrauben leisten einen wichtigen Beitrag zur Gewichtsreduzierung im Fahrzeugbau . (Bild: Ejot)

von Michael Pyper

DARMSTADT (mg). Aluminium all überall. Auf der Jagd nach jedem Gramm Gewichtsreduzierung setzt man auf das Leichtmetall. Warum die Teile also nicht auch gleich mit Aluminiumschrauben verbinden?

Halten müssen sie natürlich. Doch genau in diesem Punkt gibt es immer wieder Probleme. Bis zu 50 % kann die Vorspannkraft von AL9-Schrauben beim Verschrauben von Aluguss-Komponenten bei autotypischen 150° C im Antriebsstrang einbüßen. Drehmomentgesteuert angezogen Stahlschrauben 8.8 oder 10.9 punkten mit nur 10 bis 15 % Vorspannkraftverlust.

Bei der ESKA Automotive GmbH, Chemnitz, ging man der Sache nun auf den Grund. Die Ergebnisse stellte Entwicklungsleiter Dr.-Ing. Frank Heinrich auf der 10. Informations- und Diskussionsveranstaltung ‚Schraubenverbindungen – sicher, nachhaltig, effizient‘ vor, zu der der Deutsche Schraubenverband DSV kürzlich nach Darmstadt eingeladen hatte. „Unsere Untersuchungen ergaben im Wesentlichen zwei Mechanismen, die etwa zu gleichen Anteilen am Vorspannkraftverlust beteiligt sind: die Plastifizierung durch Überschreiten der Warmdehngrenze und das Kriechen der Schrauben aufgrund der Korngrenzendiffusion, das ‚Coble-Kriechen‘.“

Heinrich nannte jedoch auch Gegenmaßnahmen. Bis zu 20 % mehr Restvorspannkraft bringe bei den untersuchten Schrauben das Erhöhen der Korngröße. Inhomogene Gefüge „beeinflussen den Vorspannkraftverlust ebenfalls positiv“, während kriechbeständige Legierungen ohne Korngrößenvariation „keine signifikante Verbesserung zeigten“.

Die Lösung scheint eine neue Legierung aus der im Flugzeugbau seit langem eingesetzten 2xxx-Gruppe zu sein. Dr. Heinrich: „Sie lässt sich kostengünstig im Gießwalzprozess herstellen und bietet gegenüber der 6056-Serie eine mindestens 20 % höhere Dehngrenze sowie 15 % höhere Zugfestigkeit.“ Bei einer um 20 % erhöhten Montagevorspannkraft verbessere sich die Restvorspannung nach vier Temperaturzyklen um 25 %. Weiteres Entwicklungspo-tenzial böten eine Optimierung der Korngrößen oder temperaturstabi-lere Legierungen.

Doch die 2xxx-Gruppe hat einen Nachteil: die Korrosionsanfälligkeit. Ganz extrem ist dies generell zu beobachten beim Einsatz von Aluminiumschrauben für Bauteile aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK). Auf Abhilfe sann man beim Schraubenhersteller Ribe Richard Bergner Verbindungstechnik GmbH in Schwabach. Bereits seit 2005 liefert Ribe die ‚RIBE-Aluform‘, seit 2010 gibt es eine speziell auf die Aluminiumschrauben-Herstellung ausgelegte Fertigungslinie.

Das neu entwickelte Beschichtungssystem ‚RIBE-Lub IKX‘ soll die Aluschrauben gegen Korrosion wappnen. Dr.-Ing. Ralf Jenning, Leiter des ‚Produktcenter Aluminium‘: „Diese Multilayer-Beschichtung erschließt Aluminiumschrauben neue Anwendungen in Kombination mit innovativen Werkstoffpaarungen wie Faserverbundwerkstoffen, fluorhaltigen Polymeren oder bei Offshore-Anwendungen in aggressiver Umgebung.“ Jenning weiter: „Auch bei überelastischer Montage ist ein einwandfreier Korrosionsschutz bei der Verschraubung von kohlefaserverstärkten Werkstoffen gewährleistet.“

Außerdem optimiere die Beschichtung den Montage-Reibwert. Gegenüber der einzigen derzeit freigegebenen Gleitbeschichtung Microgleit DF905 zeichne sie sich durch konstantere Gesamtreibewerte und geringere Schwankungen der Teilreibwerte aus. Aber warum nicht gleich Kunststoff für die Schraube selbst einsetzen?

„Bedingt durch den immer stärker geforderten Leichtbau kommt es zum Beispiel im Automobilbau zu einem vermehrten Einsatz von Kunststoffen“, weiß Dr.-Ing. Ralph Hellmig. Er leitet bei der Ejot GmbH, Bad Berleburg, Forschung und Entwicklung und ist überzeugt: „Um den Leichtbau nun noch weiter voranzutreiben, ist es möglich, mit geeigneten Kunststoffen als Schraubenmaterial sichere Verbindungen zu erzielen.“

Bislang sei es üblich, das Muttergewinde durch Direktverschraubung mit Metallschrauben in einem gespritzten Kunststofftubus zu furchen. Zwar böten gewindefurchende Schrauben aus Kunststoff gegenüber den Stahl- und Aluminiumvarianten nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich, „für die Verwendung in weiche Kunststoffe, wo ihr Leichtbaupotenzial deutlich zur Geltung kommt, bieten sich solche Verbindungen jedoch an.“

Die Schraube bestehen aus PPA GF50, also Polyphthalamid mit einem Glasfaseranteil von 50 %. Aus dem Verzicht auf Metall ergäben sich für spezielle Anwendungen weitere Vorteile. So könne kein Metallabrieb entstehen, der sonst bei feinsten Elektronikkomponenten Probleme bereiten. Hellmig: „Ebenso kann man die Isolations-eigenschaften der Schrauben in spezifischen Anwendungen nutzen und Verschraubungen in korrosionskritischen Bereichen einsetzen.“

 

 

Sie möchten gerne weiterlesen?