Person in Lagerhalle steuert eine Palette mit verschweißten Säcken auf einem Förderband.

In der Automation in der Produktionslogistik sind immer noch Menschen im Einsatz. Roboter haben aber noch viel Potenzial, hier eingesetzt zu werden und den Menschen von wiederkehrenden und monotonen Arbeiten zu entlasten. (Bild: Reesink Logistic Solutions)

Ob Fachkräftemangel oder Lieferkettenproblematik - Roboter werden in der Lagerlogistik immer wichtiger. Aber die Vorbehalte vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen gegenüber Robotern verschwinden nicht von alleine. Dabei lässt sich durch smarte Herangehensweise klären, ab wann Robotik und Automatisierung für das eigene Unternehmen gewinnbringend wird.

Christian Lieberoth-Leden von 4flow verweist darauf, welche Fragen sich Betreiber bezüglich der Automatisierung stellen sollten - wobei er sich auf aktuelle Kenntnisse der vergangenen sechs Monate bezieht. "Die Wirtschaftlichkeit ist ein Dauerbrenner und hat sich nicht geändert. Das Thema Personalmangel oder -ausfall ist natürlich durch Covid-19 in den Fokus gerückt, weil durch den Ausfall mitunter der reibungslose Betrieb im Lager nicht mehr aufrechterhalten werden kann", beschreibt Lieberoth-Leden die aktuelle Situation.

Die Flächeneffizienz sei auch mehr durch die Lieferkettenproblematik ins Bewusstsein gerückt, da die Lager zwar meist gut gefüllt seien, mitunter aber mit den falschen Sachen. "Da wünscht man sich eine noch effizientere Nutzung von vorhandenen oder neuen Flächen, um die Lagerkapazität erweitern zu können", erklärt Lieberoth-Leden.

Gründe für die Automatisierung in den letzten sechs Monaten

Christian Lieberoth-Leden, Manager bei 4 flow.
Christian Lieberoth-Leden, Manager bei 4 flow. (Bild: 4 flow)

Laut Christian Lieberoth-Leden sind die nachfolgenden Aspekte aktuell am dringlichsten, um mehr Automatisierung einzusetzen:

 

  • Wirtschaftlichkeit (Dauerhafte Prozesskostensenkung)
  • Personalmangel und -ausfall (Personalmangel und hohe Fluktuation)
  • Flächeneffizienz (Effizientere Nutzung vorhandener Flächen)
  • OPEX (Dauerhafte Senkung der laufenden Betriebskosten)
  • Qualität (Steigerung der Prozessqualität)
  • Prozessoptimierung (Überarbeitung bestehender Prozesse)

Optimierte Abläufe durch Automation reduzieren Fehler

Was man mit Automation im Lager erreichen kann, das beschreibt Musa Cigdem, Vertriebsleiter bei AM Logistic Solutions - vor allem, wenn es um die schnellsten und optimale Zustellungen geht: "Lagerautomatisierung und optimierte Abläufe bei der Auftragsabwicklung sind die beste Lösung. Denn durch eine smarte Automatisierung hat man die Möglichkeit, falsche Lieferungen zu reduzieren. Anhand von Stammdaten und einer gepflegten Datenbank lassen sich die Anforderungen des Kunden schnell und sicher abdecken. Dadurch reduziert man falsche Lieferungen und damit Retouren, was wiederum Ressourcen spart."

Auch die Schnelligkeit der Lieferung lasse sich durch Automation positiv beeinflussen, vor allem durch ein automatisiertes Lagersystem, das Produkte zum Menschen bringt und der Mensch das Produkt nicht erst suchen muss. Dieser Prozess sei zudem nachhaltiger – auch durch weniger Rücksendungen. "Nicht abdecken mit Automation lassen sich ungenaue Produktbeschreibungen sowie die Qualität der Produkte", schränkt Cigdem ein.

Musa Cigdem, Vertriebsleiter bei AM Logistic Solutions
(Bild: AM Logistic Solutions)

"Die Automation geht in die Richtung, dass die Technologien skalierbar sein müssen, damit es keine Begrenzung in der Entwicklung des Unternehmens gibt", sagt Musa Cigdem, Vertriebsleiter bei AM Logistic Solutions.

Höherer Durchsatz und bessere Position durch Automatisierung

Cigdem weiter: "Durch die Automatisierung erzielen Unternehmen einen höheren Durchsatz und können sich dementsprechend am Markt besser positionieren. Sie haben eine höhere Flexibilität aufgrund der Skalierbarkeit der Systeme und einer entsprechenden Erhöhung der Leistungen." Zudem seien die Kosten pro Artikel niedriger, da die Mitarbeiter für andere, sinnvollere Arbeiten eingesetzt werden könnten.

Laut Cigdem kann man durch Automation die Bedarfe der Kunden auch besser abdecken. "Zudem geht es in die Richtung, dass die Technologien skalierbar sein müssen, damit es keine Begrenzung in der Entwicklung des Unternehmens gibt", betont Cigdem. Eine Automation könne auch schon ab einer Größe von 20 Mitarbeitern im Lager sinnvoll sein.

Er sieht zudem nicht die Gefahr, dass die Einsparung durch Automation durch den Wartungsaufwand der automatisierten Lager wieder verloren geht. "Wir bilden bei unseren Kunden immer einen Super-User aus, der die Regelwartung selbständig durchführen kann und der auch bei Stillständen sofort intervenieren kann. Zudem ist bei der Wartung nicht das gesamte System betroffen, sondern nur einzelne Komponenten wie Roboter. Das Lager an sich ist dann weiter im Betrieb", klärt Cigdem auf.

Volker Jungbluth, Head of Technology bei Kardex Remstar
(Bild: Kardex)

"Es gibt also einen Trend, mehr vollautomatisch zu kommissionieren. [...] Das heißt: Der Markt verträgt weniger Mensch im Lager", sagt Volker Jungbluth, Head of Technology bei Kardex Remstar.

Menschen vs. Roboter im Lager

Volker Jungbluth, Head of Technology bei Kardex Remstar, stellt einen interessanten Vergleich an, indem er klarstellt, wieviel Roboter heute schon im Lager arbeiten. "In Europa beträgt der Anteil der intralogistischen Automation 9,88 Milliarden Euro für das Jahr 2021. Ein Wachstum von 5,7 Prozent wird pro Jahr in den nächsten sechs Jahren erwartet. Der Roboteranteil dieser knapp zehn Milliarden Euro im Jahr 2021 beträgt gerade mal 1,5 Prozent davon", erläutert Jungbluth.

Da möge man sagen, dass da ja noch Luft nach oben für die Automatisierung zumindest im Pick & Place sei. "Erfreulich ist, dass dieser Anteil überproportional wächst mit 21,9 Prozent. Es gibt also einen Trend, mehr vollautomatisch zu kommissionieren. Nicht erfreulich finde ich, dass diese Zahl im Weltvergleich gering ist. Da sind die Werte in Nord- und Südamerika und vor allem in Asien mit 8,3 Prozent deutlich höher. Das heißt: Der Markt verträgt weniger Mensch im Lager", fasst Jungbluth zusammen.

4 Tipps zum Einsatz von Robotern

Diese 4 Tipps von Volker Jungbluth sollten Sie beherzigen, um Robotik gewinnbringend in Ihrem Unternehmen einzusetzen:

 

  • Suchen Sie nach Quick Wins und starten Sie durch. Denn es wird künftig immer komplizierter, Roboter einzusetzen. Bauen Sie sich jetzt schon Wissen auf. Lassen Sie die Hürde nicht zu hoch werden.
  • Pareto gilt auch hier: Eine 100%-ige Lösung ist nicht wirtschaftlich. Konzentrieren Sie sich auf die entscheidenden 80 Prozent.
  • Beschränken Sie sich nicht auf eine Amortisationszeit von drei Jahren. Betrachten Sie auch die ‚weichen‘ Faktoren wie Personalverfügbarkeit, Qualität und Auditierbarkeit.
  • Sie brauchen einen Partner.

Integrierte Automation notwendig

Jungbluth betont, dass es die Automation integriert braucht. Es werde ja auch kein Roboter auf den Fahrersitz eines Autos gesetzt, um autonomes Fahren zu ermöglichen. So könne eine Automatisierung nicht funktionieren. "Doch in der Intralogistik ist es mitunter aber auch so, dass es nun einmal fest, voll eingerichtete Pick-Plätze gibt, an denen dann Roboter eingesetzt werden und selbst quittieren, dass sie ihren Pick gemacht haben", gibt Jungbluth zu Bedenken.

Jungbluth stellt die Frage in den Raum, ob autonome Fahrzeuge uns denn den Spaß am Autofahren nähmen. Dazu vergleicht er, ob Kommissionierroboter uns den Spaß am schweren Heben und der monotonen Arbeit nähmen. Diese Frage könne man schließlich nicht mit ‚Ja‘ beantworten, was letztlich besage, dass wir möglichst viel Automatisierung einsetzen sollten.

Roboter kommissioniert an einem Band und Regalsystem
Auch in bestehende Kommissioniersysteme können Roboter nachträglich ohne viel Aufwand integriert werden- mit dem Kardex Shuttle Item Pick. (Bild: Kardex/Screenshot Poll)

Robotik einsetzen, ohne ein neues Lager zu bauen

Jungbluth stellt dar, wie automatisches Picken möglich ist, ohne ein neues Lager bauen zu müssen. "Man kann Roboter in bestehende Landschaften integrieren. So zum Beispiel einen Handhabungsroboter, der an einem Portal entlang einer Gasse mit Shuttles verfährt", erklärt Jungbluth. Es gebe laut Jungbluth die Möglichkeit, diesen Portalroboter zu installieren, dass er in die Bedienöffnungen eingreift, Artikel dort entnimmt und in Auftragsbehälter, die auf der Fördertechnik laufen, ablegt.

"Er kann auch ganze Behälter von der Fördertechnik entnehmen und in das Shuttle nachschieben oder Leerbehälter aus dem Shuttle entnehmen und auf der Fördertechnik abstellen. Und das ist 24 Stunden einsetzbar", schließt Jungbluth.

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