Continental-Chef Elmar Degenhart

Continental-Chef Elmar Degenhart. - (Bild: Continental)

Es geht abwärts mit dem globalen Autogeschäft, Zulieferer bekommen die sinkende Produktion in vielen Ländern zu spüren. Alarmierende Zahlen lassen Conti gegensteuern. Wird es bald noch ungemütlicher?

Die schwächer werdende Autokonjunktur und eine hohe Abschreibung haben den weltweit zweitgrößten Zulieferer Continental im dritten Quartal tief in die roten Zahlen gedrückt. Unterm Strich verbuchte der Konzern einen Verlust von fast zwei Milliarden Euro.

"Rückläufiges Marktumfeld"

Wie das Unternehmen am Dienstag (12.11.) in Hannover mitteilte, lag dies zwar zum Großteil am "Einmaleffekt" verringerter Firmenwerte aus früheren Übernahmen sowie Kosten für ein Umbauprogramm. Diese Faktoren waren bereits vor einigen Wochen bekanntgeworden. Aber auch im laufenden Geschäft sank das bereinigte operative Ergebnis zwischen Juli und September deutlich um ein Fünftel auf noch knapp 615 Millionen Euro.

Angesichts der schwierigen Lage der Autoindustrie sprach Conti-Chef Elmar Degenhart von einer vergleichsweise soliden Entwicklung - "trotz des weiterhin rückläufigen Marktumfeldes". Die Anzeichen deuten allerdings auf eine schwierige Zukunft hin: "In den kommenden fünf Jahren rechnen wir ähnlich wie andere Marktteilnehmer nicht damit, dass sich die weltweite Produktion wesentlich beleben wird", sagte Finanzvorstand Wolfgang Schäfer. Im dritten Jahresviertel 2019 nahm sie bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen um 3 Prozent ab.

E-Autos: Das sind die wichtigsten Absatzmärkte

Tesla Model S
(Bild: Pixabay)

Die weltweite Nachfrage nach E-Autos ist 2018 um 2,1 Millionen Einheiten gestiegen im Vergleich zum Vorjahr. In Deutschland bleibt die Nachfrage jedoch weiterhin unterdurchschnittlich. Welche Absatzmärkte am wichtigsten sind zeigt dieses Ranking.

Der Autozulieferer und Reifenhersteller aus Niedersachsen konnte seinen Umsatz zuletzt zwar insgesamt leicht um 3 Prozent auf 11,1 Milliarden Euro steigern - aber nur, wenn man den Effekt von Zukäufen und Wechselkursveränderungen mit einrechnet. Aus eigener Kraft gingen Contis Erlöse im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent zurück.

"Die aktuelle Situation verlangt von uns, unsere Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft zu erhöhen", betonte Degenhart. Das kürzlich gestartete Programm "Transformation 2019-2029" baut den Konzern um - weg von Hydraulik und Verbrenner-Technik, hin zu mehr Elektronik, Software und Komponenten für die Elektromobilität. Die Mitarbeiter sollen qualifiziert werden, es dürfte aber auch Stellenstreichungen geben.

Neuausrichtung betrifft 15.000 Jobs

Bis 2023 könnte die Neuausrichtung im Unternehmen 15 000 Arbeitsplätze betreffen, 5.000 davon in Deutschland. Degenhart hatte gesagt, dass Kündigungen nicht auszuschließen seien - jedoch nur als "allerletztes Mittel". Zugleich entstehen neue Jobs. Ende September beschäftigte Continental in aller Welt mehr als 242.000 Menschen.

Der Wandel in der Autoindustrie schlug sich bereits in einer enormen Wertminderung nieder: Im Oktober musste Conti 2,5 Milliarden Euro an Abschreibungen in die Bücher nehmen, weil übernommene Firmenanteile aus der Zeit vor 2008 nicht so hoch bewertet werden können wie zuerst angenommen.

In diesem Klima mag der Vorstand auch die Antriebssparte nicht auf herkömmliche Art an die Börse bringen, der erzielbare Preis ist zu unsicher. Bei der Ausgliederung sollen die eigenen Aktionäre die Papiere des Vitesco genannten Unternehmens ins Depot bekommen.

Markt für Antriebskomponenten wächst bis 2025 um ein Drittel

Continental befindet sich wie viele Autobauer und Zulieferer mitten im Wandel, der getriggert ist durch die Elektromobilität. Weltweit strengere CO2-Grenzwerte und eine steigende Nachfrage nach Elektroautos werden den Markt für die Hersteller von Antriebssträngen bis 2025 fundamental verändern, heißt es in einer aktuellen Analyse der Unternehmensberatung McKinsey.

Die Nachfrage nach Komponenten für Verbrennungsmotoren werde demnach bis 2025 zurückgehen: um jährlich rund 5 Prozent für Benziner und um rund 7 Prozent für Dieselmotoren.

Große Gewinner sind laut McKinsey die alternativen Antriebe: Die Nachfrage nach Komponenten für so genannte Mild-Hybride (Start-Stopp-Automatik, Bremskraftrückgewinnung und elektrische Unterstützung des Verbrennungsmotors) wachse um 78 Prozent pro Jahr.

Gute Nachricht für Zulieferer

Auch die Segmente für die Ausrüstung von Hybridfahrzeugen (für kurzes rein elektrisches Fahren, plus 14 Prozet), für Plugin-Hybride (Laden der Batterie am Stromnetz möglich, plus 30 Prozent) und Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor (batterieelektrisch oder Brennstoffzelle, plus 26 Prozent) legen kräftig zu.

Die gute Nachricht für die Zulieferer von Antriebskomponenten: Insgesamt wächst der Markt für diese Produkte stärker als der Automarkt: von 316 Milliarden Dollar 2018 um 4,7 Prozent jährlich auf 435 Milliarden Dollar 2025. Dies sind die zentralen Ergebnisse der neuen Studie 'Reboost' von McKinsey & Company. 

Experte erwartet "Revolution bei den Antriebssystemen"

"In den kommenden Jahren werden wir eine Revolution bei den Antriebssystemen sehen", sagt Andreas Cornet, Seniorpartner im Münchener Büro von McKinsey und Autor der Studie. "Nach 100 Jahren mit nur zwei Antriebssträngen – Benzin und Diesel – werden wir im nächsten Jahrzehnt eine viel größere Vielfalt erleben: von elektrisch unterstützten Verbrennungsmotoren bis hin zu batterieelektrischen Fahrzeugen und Wasserstoffautos."

Dabei habe jede Technologie ihre Vor- und Nachteile: Während E-Autos mit Batterie oder Brennstoffzelle eine bessere Klimabilanz aufweisen, sind diese noch deutlich teurer als Verbrenner, brauchen länger zum "Betanken" und benötigen eine neue Infrastruktur.

Verbrennungsmotor auch in Zukunft noch wichtig

"Auch deshalb gilt: Es gibt nicht die eine Antriebstechnologie, die für jeden Fahrzeugtyp und jede Region das Allheilmittel sein wird", sagt Cornet. Deshalb wird es auch für den klassischen Verbrennungsmotor noch jahrelang attraktive Komponentenmärkte geben, um mit der weiteren Regulierung und der notwendigen Effizienzsteigerung Schritt zu halten. Ein Beispiel sind Produkte für die Abgasnachbehandlung, die Turboaufladung oder 48-Volt-Bordnetze.

Ein weiteres Studienergebnis: Die drei großen Fahrzeugmärkte China, USA und Europa werden sich bei der Elektrifizierung deutlich unterscheiden. In einem aggressiven Szenario mit zunehmender Regulierung auch auf Städteebene, mit einem massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur und höherer Kundenakzeptanz könnten im Jahr 2030 in China bereits 57 Prozent aller Neufahrzeuge mit einem E-Antrieb ausgestattet sein. In Europa läge der Anteil mit 51 Prozent leicht darunter, die USA folgte mit 42 Prozent.

"Zulieferer können auf ein stabiles Fundament bauen"

"Die Automobilzulieferer haben sich auf diese veränderten Vorzeichen eingestellt", unterstreicht Andreas Venus, Mitautor der Studie und Partner im Berliner Büro von McKinsey. "Alte Gewissheiten gelten nicht mehr – und doch können viele Zulieferer in Deutschland auf ein stabiles Fundament bauen."

Als Pluspunkte gelten die starken Kundenbeziehungen, die hohe technologische Kompetenz, die sehr gut ausgebildeten Mitarbeiter und die hohe Kooperationsbereitschaft. Venus: "Auch Zulieferer mit großem Elektronik-Knowhow und der Kompetenz, ganze Systeme zu produzieren, sind im Vorteil."

Continental darf zuversichtlich sein

So mag die Lage für Continental derzeit alles andere als rosig sein. Doch in Anbetracht der McKinsey-Studie scheint deutsche Automobilzulieferer für die Zukunft gut aufgestellt. Schließlich arbeitet Conti, wie auch viele andere deutsche Zulieferer, intensiv an neuen Komponenten und Konzepten, die die Elektromobilität erst möglich machen.

So teilte Conti just am Tag der Verkündigung der roten Zahlen ebenfalls in einer anderen Pressemitteilung mit, dass ein neuer Fahrzeugserver des Unternehmens die VD ID. Elektroautos vernetzt. 

Mit Material von dpa, McKinsey und Continental

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