Sinkende Nachfrage, Druck von der Konkurrenz und dann auch noch die Corona-Pandemie: Bei Daimler läuft momentan vieles zusammen. Allein im zweiten Quartal musste der Autobauer einen Verlust von rund zwei Milliarden Euro verkraften. Bisher wurden rund 13 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft im Vergleich zum Vorjahr. Die Verkäufe seien einfach nicht gut genug, sagte auch CEO Ola Källenius.
Deshalb hat er nun in einer Investorenkonferenz die neue Strategie des Autobauers vorgestellt. Und die heißt: E-Mobilität ist die Lösung der Probleme. Man wolle „die führende Position“ bei Elektroantrieben und Fahrzeug-Software werden, erklärten die Stuttgarter. „Die Strategie zielt darauf ab, uns auf die erfolgskritischen Aktivitäten zu konzentrieren: Elektrofahrzeuge auf eigenständigen Plattformen und proprietäre Fahrzeug-Software. Wir werden die Strukturkosten angehen und wollen eine starke und nachhaltige Profitabilität erreichen“, sagte der CEO. So soll das funktionieren:
Kommendes Jahr wird die neue Luxuslimousine EQS auf den Markt kommen. Wie berichtet, gibt es die S-Klasse bisher nur als Verbrenner und Plug-In-Fahrzeug. Der EQS soll nun das elektrische Pendant werden. Eine elektrische E-Klasse (EQE) und zwei SUVs sollen auch folgen.
Die Batterie soll zusammen mit Partnern produziert werden
Nicht nur Mercedes Benz, sondern auch seine Submarken AMG, G und Maybach sollen ab 2021 nach und nach elektrisch werden. Die Stuttgarter sind davon überzeugt, eine „hoch wettbewerbsfähige Batterie“ herstellen zu können, sagte Mercedes-Produktionsvorstand Markus Schäfer – eine klare Botschaft in Richtung Tesla.
Seine Batterien will Daimler aber – anders als die Konkurrenz aus Amerika – nicht selbst herstellen, sondern in Kooperation mit anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen wie zum Beispiel der amerikanische Batterieentwickler Sila Nanotechnologies. Die Zellstruktur zu verstehen, würde Milliarden an Kapital kosten, erklärte Schäfer.
Dazu will Daimler bei Mercedes-Benz den Luxusfaktor wieder mehr hervorheben – ein „überzeugendes Luxuserlebnis“ soll es für die Kunden geben“, so der Konzern. Demnächst soll es dann auch einen neuen Fahrzeugtyp geben – sowohl elektrisch als auch als Verbrenner: Den SUL („Sport Utility Limousine“), eine Mischung aus SUV und Limousine. Darüber berichtet das ‚Handelsblatt‘. Zudem soll ab 2025 die EBIT im Bereich “Digital services business” eine Milliarde Euro betragen.
Stellenstreichungen bei Daimler?
Als weitere Maßnahmen stehen auch bei Daimler Stellenstreichungen auf dem Plan. Wie viele der rund 300.000 Stellen gestrichen werden, ist noch nicht bekannt. Bis zu 30.000 Stellen sind laut Medienberichten im Gespräch. Nach Arbeitnehmerangaben sollen in Stuttgart-Untertürkheim 4.000 Jobs und im Berliner Werk rund 1.000 Stellen gestrichen werden. Mehr zu den Stellenstreichungen bei den Autobauern und Zulieferern lesen Sie hier.
Dadurch sollen auch die Fixkosten gesenkt werden. Im Vergleich zu 2019 will der Konzern die Kosten um mehr als 20 Prozent reduzieren. Neben Stellenabbau werden zum Beispiel auch die Ausgaben in der Forschung und Entwicklung gekürzt – bei Mercedes Benz bis 2025 um mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
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Insgesamt sollen bei Mercedes-Benz bis 2025 eine Umsatzrendite „im mittleren bis hohen einstelligen Prozent-Bereich“ erreicht werden. Unter guten Bedingungen soll die Marge in den zweistelligen Bereich – also in alte Höhen – steigen.
So kommt die neue Strategie an
Die Strategie wird in den Medien und bei Experten durchwachsen bewertet. „Daimler muss sich jetzt auf eine saubere Zukunft fokussieren, umso dringender, wenn parallel das Entwicklungsbudget eindampft wird“, sagt zum Beispiel Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan laut Dpa. Die Fokussierung auf die E-Mobilität sei richtig: „Diesel- und Benzinmotoren waren die Autowelt des letzten Jahrhunderts – Daimler muss sich schnell von ihnen verabschieden.“
Kritik kommt auch aus den eigenen Reihen: So warnt Betriebsratschef Michael Brecht vor einer einseitigen Fokussierung auf E-Mobilität. Der ‚Automobilwoche‘ sagte er, die Gesamtklimabilanz sei wichtig, nicht die Antriebsart. Brecht kritisierte außerdem die Sparpläne und den geplanten Stellenabbau. Die Personalkosten würden nur rund 15 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. „Da muss dem Unternehmen mehr einfallen, als uns jedes Mal die Personalkosten um die Ohren zu hauen“, erklärte Brecht.
Die Strategie, sich noch stärker auf Luxus zu konzentrieren, könnte Innovationen bedrohen, bemerkt zudem die ‚Wirtschaftswoche‘. Ob die Flucht in die Nische Erfolg verspreche, daran gebe es erhebliche Zweifel. Der Grund: Um überleben zu können, muss der Stuttgarter Autobauer immer wieder neue Innovationen zeigen. Und das sei teuer.
Es bleibt abzuwarten, wie Daimler die neue Strategie umsetzt – und ob Investoren und Kunden mit den neuen Modellen zufrieden sind.