Arbeitgeber und CDU machen weiter massiv Front gegen die Grundrentenpläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). "Die Koalition sollte Abstand von einer Grundrente nehmen, wenn die Bedürftigkeit gar nicht geprüft werden soll", sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, am Wochenende den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) pochte zwar auf eine von Heil nicht vorgesehene Bedürftigkeitsprüfung. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Koalition einen Kompromiss finden werde.
Heil will bei der Grundrente auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten - die aber im Koalitionsvertrag genannt ist. Sein Plan sieht automatische Rentenzuschläge für Geringverdiener vor, die mindestens 35 Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Auch Teilzeitarbeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten zählen. Wer dann weniger als 896 Euro Rente hat, bekäme bis zu 447 Euro monatlich als Zuschlag. Dies kann rund fünf Milliarden Euro im Jahr kosten.
BDA-Präsident Kramer sagte, es könne nicht sein, dass jemand, "der zum Beispiel eine Erbschaft gemacht hat oder dessen Ehepartner gut versorgt ist, die Grundrente der Solidargemeinschaft bekommen soll". Zugleich warnte er davor, Grundsicherung und Rente zu vermischen. Die Rente richte sich danach, was jemand eingezahlt habe. Die Grundsicherung dagegen diene der Deckung des Existenzminimums, falls die Rente nicht ausreiche.
So kontert Arbeitsminister Heil
Minister Heil reagierte via Twitter. Dort schrieb der SPD-Politiker, er habe die Anmerkungen der BDA zur Kenntnis genommen. "In einem haben sie recht: Grundsicherung (Existenzsicherung) und Rente (Lebensleistung) sind ein Unterschied. Die BDA kann auch was tun: durch mehr Tarifbindung für bessere Löhne und damit gute Renten."
Unionsfraktionschef Brinkhaus sagte mit Blick auf die Grundrente, er sei optimistisch, "dass wir da etwas hinkriegen". Die Union wolle zielgenau den Menschen helfen, die hart gearbeitet hätten und am Ende mit der Grundsicherung auskommen müssten, sagte der CDU-Politiker Brinkhaus der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag).
"Wir wollen dabei sicherstellen, dass die Menschen auch nicht aus ihrem selbst genutzten und mühsam ersparten Häuschen ausziehen müssen, damit sie ihre Leistungen bekommen." Unterstützung nach dem Gießkannenprinzip lehne die Union ab. "Das wäre nicht nur sehr teuer, sondern würde neue Ungerechtigkeiten schaffen."
Kritik vom Handwerkspräsident
Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz zeigte sich ebenfalls zuversichtlich, dass eine Einigung mit den Koalitionspartnern CDU und CSU möglich sei. "Es sollte doch nicht so sein, dass die große Mehrheit der Bürger einen Vorschlag gut findet, und die Regierung setzt ihn dann nicht um", sagte der SPD-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
"Bisher gab es Leute, die einfach niedrigere Steuern oder höhere Sozialausgaben gefordert haben, ohne neue Prioritäten zu setzen." Das habe zu immer weiter steigenden Schulden geführt, mit der Schuldenbremse gehe diese jedoch nicht mehr. "Jetzt werden wir eine vernünftige Debatte über Prioritäten in einem reichen Land führen. Das finde ich gut."
Zuvor war vom Handwerk scharfe Kritik an den SPD-Plänen gekommen. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland erklärt, es sei respektlos, Arbeitgebern und Beschäftigten, die sich jeden Tag abrackerten, die Kosten aufzubürden "und das Geld mit vollen Händen aus den Sozialkassen zu nehmen, um parteipolitische Versprechungen einzulösen".
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