Ein Rückgang im Export, der weit mehr ist als nur eine Zahl: Das erste Halbjahr 2025 offenbart eine auffällige Schwäche im Handel mit dem wichtigsten Partnerland jenseits des Atlantiks.
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Wie bereits in den Vorjahren waren im 1. Halbjahr 2025 die Vereinigten Staaten wichtigstes Abnehmerland deutscher Waren - aber die Exporte in die USA nehmen ab.(Bild: Mike Dot - stock.adobe.com)
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Warum verlieren deutsche Exporte in die USA an Boden?
Das erste Halbjahr 2025 bringt eine Entwicklung ans Licht, die weitreichende Bedeutung für den Industriestandort Deutschland haben könnte. Trotz gesamtwirtschaftlich stabiler Exportzahlen und lediglich marginalem Rückgang um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum trifft eine Entwicklung besonders ins Mark: Die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten sinken um deutliche 3,9 Prozent. Das wirkt zunächst nicht dramatisch, offenbart jedoch bei näherem Hinsehen eine gefährliche Schieflage in der deutschen Exportarchitektur.
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Denn die USA sind nicht irgendein Absatzmarkt. Sie stellen nach wie vor das wichtigste Zielland deutscher Waren dar, mit einem Exportvolumen von 77,6 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2025. Die aktuelle Schwäche signalisiert somit nicht nur eine temporäre Delle, sondern einen möglichen Wendepunkt in einer langjährigen Erfolgsgeschichte.
Gerade deutsche Schlüsselindustrien wie der Fahrzeug- und Maschinenbau, traditionell starke Säulen im Exportgeschäft mit Nordamerika, erleiden spürbare Rückgänge. So liegt das Minus bei den Ausfuhren von Kraftfahrzeugen und Kfz-Teilen in die USA bei 8,6 Prozent, während der Maschinenexport gar um 7,9 Prozent nachgibt. Beide Sektoren sind Paradebeispiele für den hohen technischen Standard der deutschen Industrie, verlieren aber aktuell an Strahlkraft auf dem amerikanischen Markt.
Welche Ursachen stecken hinter dem Rückgang in die USA?
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Die Gründe für die nachlassende Nachfrage aus den Vereinigten Staaten sind vielfältig und reichen von geopolitischen Faktoren bis hin zu strukturellen Verschiebungen im Markt. Einerseits belastet der starke Dollar das Importverhalten amerikanischer Abnehmer. Für viele deutsche Produkte – ohnehin im oberen Preissegment angesiedelt – bedeutet das eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig gewinnen asiatische Produzenten in den USA zunehmend Marktanteile, da sie durch günstigere Kostenstrukturen und aggressive Preismodelle punkten können.
Auch protektionistische Tendenzen in der US-Handelspolitik erschweren deutschen Unternehmen den Zugang. Zollschranken, Subventionsprogramme für US-Unternehmen und die “Buy American”-Strategie der Regierung setzen europäischen Herstellern spürbar zu.
Hinzu kommt, dass viele US-Unternehmen nach Jahren globalisierter Lieferketten zunehmend auf regionale Beschaffung setzen – ein Trend, der durch die Erfahrungen aus der Pandemiezeit und anhaltende geopolitische Unsicherheiten noch verstärkt wurde.
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Warum trifft es besonders den Maschinenbau und die Autoindustrie?
Die Maschinenbau- und Automobilbranche gelten traditionell als Rückgrat des deutschen Exports in die USA. Beide Sektoren kombinieren komplexe Technologien mit jahrzehntelanger Ingenieurskunst – und genau darin liegt momentan das Problem. Der amerikanische Markt verlangt zunehmend nach digitalisierten, vernetzten und energieeffizienten Lösungen. Wer hier nicht nur technisch, sondern auch systemisch liefert, bleibt wettbewerbsfähig.
Doch gerade in diesen Bereichen kämpfen viele deutsche Hersteller noch mit internen Transformationen. Komplexe Lieferketten, hohe Kostenstrukturen und Nachholbedarf in der digitalen Integration machen sich im direkten Vergleich mit flexibleren Wettbewerbern bemerkbar.
Besonders augenfällig wird dies beim Blick auf den Fahrzeugsektor. Während Elektrofahrzeuge in den USA weiter an Fahrt aufnehmen, stoßen traditionelle deutsche Premiumanbieter zunehmend auf Vorbehalte. US-Hersteller haben ihr Portfolio elektrifiziert, flankiert von massiven staatlichen Förderprogrammen. Deutsche Fahrzeuge hingegen geraten unter Druck – sowohl preislich als auch hinsichtlich ihrer CO₂-Bilanz.
Welche Folgen hat das für den deutschen Exportüberschuss?
Die schwächelnden Exporte in die USA schlagen sich unmittelbar im Exportüberschuss nieder. Im ersten Halbjahr 2025 liegt dieser bei 30,2 Milliarden Euro – ein Rückgang um 12,8 % im Vergleich zum Vorjahr. Zwar bleibt der Saldo weiterhin deutlich positiv, doch der Trend zeigt in eine klare Richtung. Besonders brisant: Der Handel mit den Vereinigten Staaten ist einer der wenigen Märkte, in denen Deutschland über Jahre hinweg stabile Überschüsse erzielen konnte.
Ein sinkender Überschuss bedeutet dabei nicht nur eine rechnerische Verschiebung im Außenhandel, sondern auch einen empfindlichen Verlust an Wertschöpfung für deutsche Industriebetriebe. Denn die USA stehen nicht nur für Absatz, sondern auch für profitable Margen, langfristige Partnerschaften und häufig auch Technologietransfer.
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Warum fällt der Rückgang stärker ins Gewicht als andere Verluste?
Während Exporte in andere klassische Absatzmärkte wie Frankreich oder das Vereinigte Königreich ebenfalls rückläufig sind, bleibt die Entwicklung in den USA besonders relevant. Grund dafür ist die kombinierte Bedeutung aus Marktgröße, Innovationskraft und politischer Stabilität. Die USA sind nicht nur Käufer, sondern Multiplikator. Wer dort erfolgreich ist, gilt als Benchmark auch für andere Regionen.
Zudem sind zahlreiche deutsche Unternehmen mit eigenen Standorten, Joint Ventures und Zulieferbeziehungen tief im US-Markt verwurzelt. Ein Rückgang des Exportvolumens bedeutet hier nicht nur weniger Absatz, sondern auch potenzielle Konsequenzen für Arbeitsplätze, Investitionen und Forschungsvorhaben.
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(Bild: mi-connect)
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Trotz der Delle im US-Geschäft zeigt der Blick auf andere Märkte interessante Kontraste. Während die USA als Abnehmer zurückfallen, legt Polen als viertwichtigstes Exportland Deutschlands deutlich zu. Mit einem Zuwachs von 5,6 % auf 49,4 Milliarden Euro scheint der osteuropäische Markt aktuell agiler und aufnahmefähiger. Auch die Exporte in die gesamte EU steigen leicht um 1,2 % – ein Hinweis darauf, dass sich innerhalb Europas neue Wachstumszentren etablieren könnten.
Im Gegenzug zeigt sich auf der Importseite ein klarer Gewinner: China. Die Importe aus der Volksrepublik steigen um satte 10,7 % auf 81,3 Milliarden Euro. Der Importüberschuss gegenüber China explodiert auf 40 Milliarden Euro – ein Plus von 58,4 %. Während also die Exporte nach Amerika schwächeln, fluten chinesische Produkte den deutschen Markt. Das unterstreicht die neue Dynamik der globalen Handelsbeziehungen, bei der traditionelle Partnerschaften ins Wanken geraten.
Was bedeutet das für den Maschinenbau und die Industrie insgesamt?
Die deutsche Industrie steht vor einem strukturellen Wendepunkt. Die aktuelle Entwicklung im Exportgeschäft mit den USA ist mehr als ein statistischer Ausrutscher – sie ist Symptom eines tiefergehenden Wandels. Wer im Zukunftsmarkt USA bestehen will, muss nicht nur Qualität liefern, sondern auch Innovation, Geschwindigkeit und Systemkompetenz.
Der Maschinenbau, ebenso wie die Automobilbranche, wird sich stärker auf modularisierte, vernetzte und nachhaltige Lösungen konzentrieren müssen, wenn er im globalen Wettbewerb weiter mitspielen will. Der Rückgang im US-Exportgeschäft ist deshalb weniger als Gefahr, sondern vielmehr als Aufforderung zur Transformation zu verstehen.
Mit Material von Destatis
FAQ – US-Exporte im ersten Halbjahr 2025
Wie stark sind die deutschen Exporte in die USA gesunken? Sie gingen um 3,9 % zurück und lagen bei 77,6 Milliarden Euro.
Welche Branchen sind besonders betroffen? Vor allem die Autoindustrie (-8,6 %) und der Maschinenbau (-7,9 %) verzeichnen Rückgänge.
Was sind mögliche Ursachen für den Rückgang? Ein starker Dollar, protektionistische US-Politik und strukturelle Marktveränderungen beeinflussen die Nachfrage.
Wie verändert sich der Exportüberschuss im US-Geschäft? Er sank um 12,8 % auf 30,2 Milliarden Euro.
Welche Folgen hat das für die deutsche Industrie? Ein Rückgang im US-Geschäft trifft die Industrie hart, da hohe Margen und starke Partnerschaften verloren gehen.
Welche Märkte gewinnen dagegen an Bedeutung? Polen zeigt mit einem Exportplus von 5,6 % eine positive Entwicklung. Auch die EU insgesamt legt leicht zu.