Die Chefs der drei Maschinenbau-Verbände eröffneten den Kongress, der dabei helfen soll, den Schulterschluss in der Zusammenarbeit zu vollziehen. „Wir sind alle in der Technologieführerschaft beheimatet, sind größtenteils in Nischenmärkten aktiv tätig und stark von kleinen und mittelständischen Familienunternehmen geprägt. Wir haben es alle mit Protektionismus und Abschottung der Märkte zu tun“, stellte Mag. Christian Knill, Obmann des Österreicher Fachverbands Metalltechnische Industrie einige Gemeinsamkeiten heraus.
Schon der erste Dreiländerkongress vor zwei Jahren in Salzburg habe zu den trilateralen Beziehungen der Maschinenbaubranchen beigetragen. „Es ist wichtig, sich nicht nur landesweit abzustimmen, sondern den Kongress zu nutzen, um sich länderübergreifend abzustimmen“, findet auch Hans Hess, Präsident des Schweizer Verbands Swissmem. Schließlich seien die Länder über die Lieferketten eng vernetzt.
„Wir stehen bei den großen Themen der Zeit vor den gleichen Herausforderungen: Fachkräftemangel, Digitalisierung, E-Moblität und Energiewende“, fügte VDMA-Präsident Carl Martin Welcker hinzu.
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Abschottung schadet dem Geschäft
Besonders die Abschottungsbestrebungen vieler Länder machen den Verbänden Sorgen: „Es ist klar erkennbar, dass einer der Erfolgsfaktoren der letzten Jahrzehnte unter Beschuss gekommen ist – und das ist die Offenheit“, sagt Hess, der sich um die „handelskriegsähnlichen Zustände“ Sorgen macht.
Es gebe auch in der Schweiz selbst protektionistische Kräfte, die zum Beispiel eine nähere Bindung an die EU durch ein institutionelles Rahmenabkommen ablehnen. „Am Ende hoffe ich, dass sich die Vernunft durchsetzt und erkannt wird, dass durch Vernetzung und Offenheit Wohlstand entsteht“, sagt Welcker. Für die nächsten Jahre sei er jedoch nicht unbedingt zuversichtlich.
Es sei wichtig, sauber zu kommunizieren, wo Vorteile und Risiken liegen, meint der VDMA-Chef: „Wir müssen den Grundgedanken der Marktwirtschaft schützen, der ebenso unter Beschuss steht wie offene Märkte“.
Die 250 Teilnehmer antworten in einer Umfrage mehrheitlich, dass sie unter Handelsrestriktionen zu leiden haben: Immerhin 52 Prozent erleben Restriktionen in überschaubaren Einzelfällen, 19 Prozent in weiterem Umfang.
Der Protektionismus fing nicht erst mit Trump an
Auf die Auswirkungen für die DACH-Region ging Simon Evenett, Professor für Internationalen Handel und Wirtschaftliche Entwicklung an der Uni St. Gallen, in seiner seiner Keynote „Protektionismus versus Freier Handel“ ein. Befragt nach dem Brexit sagt der Brite: „Meine Manschetten-Knöpfe haben die Aufschrift ‚keep calm and carry on‘“. Evenett ist sicher: „Wir werden ohne Deal aus der EU aussteigen, genau wie es der Plan der Leute war, die den Brexit vorangetrieben haben“.
Dann berichtete der Wissenschaftler über die Erkenntnisse seiner Forschung rund um Handelshemmnisse. Im Global Trade Alert dokumentiert die Uni St. Gallen positive und negative Handelsinterventionen von Regierungen in einer Datenbank, die viermal größer ist als diejenige der World Trade Organization WTO.
Zwar habe es in 2018 einen Anstieg von protektionistischen Maßnahmen gegeben, dennoch sieht der Handelsexperte in der Analyse der Daten eine andere Lesart. „Wir sehen dass protektionistische Maßnahmen schon seit 2012 zugenommen haben, lange vor Donald Trump. Das System des freien Handels ist schon seit längerem unter Beschuss“, erklärt Evenett. Seit 2008 seien die Aktien des offenen Handels sehr schnell gefallen, das Welthandelssystem unter Druck geraten.
Der Handelskrieg ist erst bedeutsam, wenn Märkte das Vertrauen verlieren
69,3 Prozent von Lieferungen von Asien in die USA unterliegen Handelsbeschränkungen, aber immerhin 61 Prozent der ostasiatischen Pazifikänder treffen auf Handelsbeschränkungen in der EU. „Das lässt sich auch als stille Gegenwehr gegen chinesische Produkte lesen“, so der Professor. Die aktuelle Diskussion sei also nur die Oberfläche, denn viele Länder nutzen protektionistische Maßnahmen.
Zwar seien jetzt 360 Milliarden Dollar chinesischer Waren in den USA mit Tarifen belegt, mehr als allgemein angenommen, doch seien rund 70 Prozent der chinesischen Exporte bereits vorher mit Handelsbeschränkungen konfrontiert gewesen. „Das heißt, der Handelskrieg ist nicht so groß wie angenommen“, erklärt Simon Evenett.
Viel mehr Gefahr geht demnach vom sogenannten „Confidence-Schock“ aus: „Die Tarife vergrößern die Besorgnis in den Märkten, Investitionskapital wird teurer. Der globale Handelskrieg wird keine Rezession auslösen – es sei denn, es gibt einen Vertrauensverlust mit Blick auf die produzierende Industrie“, so Evenett.
Zugleich gab es jedoch auch positive Entwicklungen mit Handelsreformen in vielen Ländern. Leider, so Evenett, sei die Ratio falsch herum: Nur ein Drittel bis die Hälfte aller Interventionen sind Handelserleichterungen.
Handelssubventionen sind Riesenproblem
Die Lage in der DACH-Region spiegelt die globale Entwicklung: Auch hier fingen die Probleme schon viel früher an. Deutsche Exporteure haben seit 2009 mit über 1.600 Handelsverzerrungen zu tun, die immer noch aktuell sind, 1.100 sind es in Österreich, über 600 in der Schweiz. Seit 2013 hat sich diese Entwicklung beschleunigt.
Die wichtigste Nachricht aus der Forschung: Das größte Problem für die Branche in der DACH-Region sind nicht Tarife, sondern Subventionen und Bail-outs (Rettungsaktionen) in anderen Ländern, in die exportiert wird. Sie helfen dabei, den Wettbewerbern dort Vorteile zu verschaffen in Form von Export Incentives, Steuererleichterungen und -vergünstigungen. „Der neue Typ der Marktmanipulation sind nicht Tarife, sondern Exportanreize“, erklärt der Handelsexperte. Immerhin 75 Prozent der Schweizer Exporte gehen in Länder, wo die ansässigen Firmen solche Unterstützung bekommen.
Auf die Frage, warum die Regeln der WTO nicht greifen, antwortete Evenett: „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Das WTO-System funktioniert nicht mehr, weil die Länder alle Handelshindernisse aufbauen und sich gegenseitig deshalb nicht gut gegenseitig anklagen können“. Noch ist da das Ende der Fahnenstange nicht erreicht, meint Evenett.