Fünf Jahre 5G: Immer noch viel Potenzial für die Industrie

Seit der Einführung der ersten kommerziellen 5G-Netze sind fünf Jahre vergangen, und das Ausrollen der Technologie in den verschiedensten Bereichen ist in vollem Gange. 5G macht mittlerweile rund jede fünfte Mobilfunkverbindung aus und wird in den nächsten Jahren LTE als die am weitesten verbreitete Mobilfunktechnologie ablösen. Während es bei den Konsumenten „läuft“, steht 5G in Unternehmen und Industrie aber noch am Anfang. Das Potenzial ist riesig.

Die Konsumentenseite wie Smartphone-Nutzer oder Gamer mit datenintensiven Anwendungen wie Medienstreaming befeuern die Nachfrage nach 5G. Prognostiziert wird, dass das Netzverkehrsvolumen bis 2030 um mehr als 400 % steigen wird. Allerdings sind Smartphone-Nutzer und Co. nur ein Teil der 5G-Geschichte. Denn die meisten Experten betonen bei 5G seit jeher vor allem das transformative Potenzial der Technologie für die Industrie, gerade auch im Unterschied zu früheren Mobilfunkgenerationen, als vor allem immer die Netzbetreiber ihre Infrastruktur modernisierten.

Allerdings ist die breite industrielle Nutzung von 5G im Vergleich zum starken Wachstum bei den Verbrauchern noch nicht so weit fortgeschritten, wie es angesichts des Potenzials zu erwarten wäre. Dafür gibt es Gründe und es wäre in jedem Fall falsch, das Potenzial von 5G im Unternehmensbereich zu unterschätzen.

Komplexität verlängert die Einführungsdauer

Natürlich kann man den Bedarf von Smartphone-Nutzern nicht mit dem Bedarf und den Anforderungen von Unternehmen vergleichen. Ein Grund allein ist, dass die Einkaufszyklen in Unternehmen über einen viel längeren Zeitraum laufen als bei einzelnen Verbrauchern. Die Bewertung und Implementierung eines Campusnetzes ist eine weitaus komplexere Aufgabe als die Wahl eines Handys und eines Mobilfunkvertrags.

Darüber hinaus erfordert die Entwicklung und Definition von Geräten und Software für spezialisierte Anwendungsfälle außerhalb des Massenmarkts deutlich mehr Zeit. Und in einigen Ländern war das 5G-Spektrum für Unternehmen bisher noch gar nicht verfügbar, wobei es hier allmählich besser wird.

Mit der zunehmenden Marktreife von 5G-Endgeräten und -Lösungen sowie komplementären Technologien wie Edge-Cloud werden diese Hindernisse überwunden, was darauf hindeutet, dass 5G in Unternehmen endlich in der Lage, sich nicht mehr hinter den öffentlichen Netzen verstecken zu müssen.

Wendepunkt erreicht?

Viele Unternehmen sind als Pioniere vorangegangen und haben das Einsatzgebiet von unternehmenseigenen „privaten“ 5G-Netzen (Campusnetze) immer weiter erweitert. So könnte es sein, dass man nach Jahren des langsam Wachstums an einem Wendepunkt angelangt ist, an dem die Zahl der privaten 5G-Campusnetze schnell wachsen wird. Daten von Analysys Mason prognostizieren, dass die Zahl der privaten LTE/5G-Netze von rund 4.000 im Jahr 2022 auf mehr als 60.000 bis 2028 steigen wird.

Was sind die Wachstumstreiber bei 5G in Unternehmen?

5G für Unternehmen ist erwachsen geworden. Das liegt am inzwischen ausgereiften Endgeräte-Ökosystem, bewährten Anwendungsfälle und der größere Nachfrage nach sicherer und zuverlässiger Konnektivität. Bis vor kurzem stellten nur wenige Anbieter 5G-fähige Geräte her, jetzt haben Unternehmen mehr Auswahl. Auch das Bestreben von Unternehmen, in künstliche Intelligenz (KI) zu investieren, hat neue Impulse und Kapital für private, unternehmenseigene Netze ermöglicht.

Die ultra-niedrige Latenz und die überlegene Durchsatzleistung von 5G machen es möglich, datenintensive Prozesse mit KI-Modellen zu verbinden, insbesondere am Rand (Edge) des Netzes. Das Aufkommen von 5G RedCap als überlegene Alternative zu LTE-M und NB-IoT beschleunigt ebenfalls den Wandel für industrielle Internet der Dinge. Beispiele für 5G RedCap-Anwendungen umfassen drahtlose Industriesensoren, Videoüberwachungssysteme, intelligente Netze und intelligente Zähler für Versorger sowie intelligente Wearables für die Arbeitssicherheit.

Hohe Dynamik bei privaten 5G-Netzen

Während es eine echte Dynamik hinter privaten 5G-Netzen gibt, spielt aber auch privates 4G/LTE nach wie vor eine wichtige Rolle. Die meisten privaten Netze, die lizenziertes Spektrum nutzen, basieren derzeit auf LTE, und diese Dominanz wird noch einige Jahre anhalten. In vielen Fällen ist LTE für die Anforderungen der Netze mehr als ausreichend, sodass der Generationswechsel keine Priorität hat. Viele dieser Netze sind auf 5G aufrüstbar, sodass Unternehmen den Wechsel zu einem Zeitpunkt vollziehen können, der ihren Bedürfnissen entspricht.

Industrielle Transformation

Die Transformation zu 5G geht in vielen Branchen leise vonstatten. Fortschrittliche Konnektivität ermöglicht intelligente Betriebsabläufe, Effizienz, erhöhte Sicherheit und mehr Nachhaltigkeit, die mit der gewohnten Infrastruktur nicht möglich wäre.

In San Sebastian hat der Flughafenbetreiber AENA in einem privaten 5G-Netz von Cellnex Drohnen für das Sicherheits- und Umweltmonitoring eingesetzt. Die Drohnen sammeln Umweltdaten, einschließlich Luftqualität, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lärm, um den Flughafenbetrieb nachhaltiger zu gestalten und die Auswirkungen auf die Umwelt vor Ort zu minimieren.

Flugzeugwartung mit 5G bei Lufthansa effizienter

Lufthansa Technik nutzt privates 5G in Hamburg, um die Flugzeugwartung effizienter zu gestalten. Früher musste man zu den Anlagen von Lufthansa Technik hinfahren, um wichtige Inspektionen von Triebwerksteilen durchzuführen. Die neue 'Virtual Table Inspection' (VTI), die durch privates 5G ermöglicht wird, bedeutet, dass Kunden wie Airlines aus der Ferne und in Echtzeit mit den Mechanikern kommunizieren können, um Wartungspläne zu beschleunigen und Reisen zu reduzieren.

Verizon hat ein privates 5G-Netz im Hafen von Southampton eingerichtet, einem der verkehrsreichsten Häfen im Vereinigten Königreich, der für Exporte im Wert von 40 Mrd. Pfund steht. Das Netz ermöglicht es dem Hafenbetreiber Associated British Ports (ABP), Serviceinnovationen wie Asset-Tracking, autonome fahrerlose Transportfahrzeuge, Workflow-Management, vorausschauende Wartung und Sicherheitsüberwachung anzubieten.

In Finnland haben Telia und Digita ein privates 5G-Netz für Posiva eingerichtet, ein Unternehmen, das innovative Methoden zur sicheren Entsorgung von Kernbrennstoffen entwickelt. Das Netz ermöglicht den Betrieb eines innovativen Automatisierungssystems, das die Prozesssicherheit für die Mitarbeiter verbessert.

Größte Anwender: Industriesektoren wie Fertigung und Transport

In den nächsten fünf Jahren werden laut Analysys Mason die Unternehmensausgaben für private 5G-Netze auf 9,2 Milliarden Dollar steigen. Doch trotz des hohen Interesses ist die Technologie aufgrund begrenzter Verfügbarkeit und hoher Kosten für 5G-Geräte auf dem Markt noch sehr jung. Derzeit ist die Akzeptanz auf große Unternehmen beschränkt, die das Personal und das finanzielle Kapital haben, um im großen Maßstab zu bauen. Mit zunehmendem Bewusstsein für die Vorteile von privaten Netzen und einer breiteren Verfügbarkeit wird jedoch erwartet, dass die Akzeptanz bis 2028 um 1.400 Prozent steigen wird.

Industriesektoren wie Fertigung, Transport und Bergbau sind die größten Anwender. Sie kommen in die Lage, Automatisierungsziele zu erreichen und Anwendungen mit hoher Bandbreite und niedriger Latenz wie KI und Robotik zu unterstützen. Aber auch die Nachfrage nach privaten Netzen in anderen Sektoren – wie Bildung, Gesundheitswesen und Notdienste – wächst stetig, da mehr Unternehmen digitale Transformationsprojekte durchführen, KI implementieren und veraltete Netze ersetzen.

China vorne bei 5G-Implementierungen

Weniger überraschend ist, dass bei 5G-Implementierungen China die Nase vorn hat. Unterstützt durch die Regierung ist das Land auf dem besten Weg, sein Ziel zu erreichen, Marktführer für 5G zu werden, wobei China allein bis 2028 für voraussichtlich 45 Prozent der eingesetzten privaten Netze stehen wird. Westeuropa und Nordamerika machten jeweils etwa ein Fünftel der Implementierungen im Jahr 2022 aus, während Märkte mit mittlerem und niedrigem Einkommen dank starker Nachfrage in ein oder zwei Schlüsselsektoren allmählich gewachsen sind.

In den nächsten fünf Jahren werden wir wahrscheinlich sehen, dass 5G-Campusnetze mit Wi-Fi koexistieren und Anwendungen unterstützen, bei denen Wi-Fi Grenzen hat. Dazu gehören die Abdeckung großer Außenbereiche zur Verbesserung der Kosteneffizienz sowie solche Innenbereiche, in denen dediziertes Spektrum in „lauten“ Signal-Umgebungen besser performt.

Der beschleunigte Übergang zu privaten 5G-Netzen in den nächsten fünf Jahren wird dazu führen, dass Unternehmensnetze aus dem Schatten ihrer öffentlichen kommerziellen Gegenstücke treten.

Während die Gesamtzahl der Verbindungen geringer im Vergleich zum Verbrauchersegment bleiben wird, werden die Auswirkungen der Transformation in Bezug auf Innovation, Produktivität sowie Wirtschaftswachstum und die Verbesserungen bei Nachhaltigkeit, Umwelt und Gesellschaft erheblich sein. Die nächsten fünf Jahre von 5G werden noch spannender als die letzten.

überarbeitet von: Dietmar Poll