Was ist eigentlich noch Cloud Computing und was schon Edge? Die technischen Aspekte sowie die praxisrelevanten Unterschiede zwischen diesen beiden Paradigmen klärt dieser Beitrag.

Was ist eigentlich noch Cloud Computing und was schon Edge? Die technischen Aspekte sowie die praxisrelevanten Unterschiede zwischen diesen beiden Paradigmen klärt dieser Beitrag. (Bild: putilov denis - stock.adobe.com)

Die digitale Transformation in Unternehmen vollzieht sich in rasantem Tempo – angetrieben durch technologische Fortschritte, die neue Möglichkeiten in der Datenverarbeitung eröffnen. Während Cloud Computing bereits als etablierte Lösung gilt, die Flexibilität und Skalierbarkeit in der IT-Infrastruktur ermöglicht, gewinnt Edge Computing zunehmend an Bedeutung. Edge bringt die Datenverarbeitung näher an den Ort der Datengenerierung, was entscheidende Vorteile in puncto Geschwindigkeit und Effizienz mit sich bringt. Doch was ist eigentlich noch Cloud und was schon Edge?

Die Bedeutung und Verbreitung von Cloud Computing in Deutschland nimmt stetig zu, und die Prognosen deuten auf ein anhaltendes Wachstum in den kommenden Jahren hin. Aktuell nutzen bereits 89 Prozent der deutschen Unternehmen Cloud-Anwendungen, Tendenz steigend.

Der Digitalverband Bitkom hat ermittelt, dass in den nächsten fünf Jahren 56 Prozent aller Unternehmen planen, mehr als die Hälfte ihrer IT-Anwendungen aus der Cloud zu beziehen – ein signifikanter Anstieg im Vergleich zu den derzeitigen 15 Prozent. Diese Entwicklung unterstreicht nicht nur die etablierte Position des Cloud Computings in der deutschen Wirtschaft, sondern auch das zunehmende Vertrauen in Cloud-basierte Lösungen zur Förderung von Innovation und Effizienz, insbesondere durch den Zugang zu fortschrittlichen Technologien wie Künstlicher Intelligenz.

Exponentielles Wachstum bei Edge Computing

Parallel dazu erlebt Edge Computing in Europa ein exponentielles Wachstum und entwickelt sich zu einer Schlüsseltechnologie für spezifische Anwendungsfälle. Market Research Community prognostiziert eine jährliche Wachstumsrate von 38 Prozent bis 2030 und ein Wachstum des Edge-Computing-Marktes auf 155,2 Milliarden US-Dollar weltweit.

Diese Entwicklung wird getrieben durch die zunehmende Nachfrage nach Lösungen, die hohe Performance, Stabilität und Qualität bieten, insbesondere in Bereichen wie Next-Generation Content-Delivery-Netzwerken, Netzwerkfunktionen und 5G-Virtualisierung sowie Streaming-Gaming. Edge Computing etabliert sich somit als eine maßgeschneiderte Technologie, die nicht nur die Marktnachfrage ankurbelt, sondern auch den Grundstein für eine Zukunft legt, in der Edge-Technologien weitreichend verfügbar sind.

Unterschied von Cloud und Edge Computing

Cloud Computing basiert auf der Nutzung zentralisierter Datenzentren. Rechenleistung, Speicherplatz und Software-Anwendungen werden über das Internet als Dienstleistung bereitgestellt. Diese zentralisierten Systeme sind über leistungsfähige Serverfarmen miteinander verbunden und bieten eine hohe Skalierbarkeit, die es Unternehmen erlaubt, ihre IT-Ressourcen dynamisch an den aktuellen Bedarf anzupassen, ohne in eigene Hardware investieren zu müssen.

Die zentrale Struktur von Cloud-Systemen erleichtert die Wartung, das Update und die Sicherheit der IT-Infrastruktur, kann jedoch bei datenintensiven Anwendungen zu höheren Latenzzeiten führen, da Daten über große Entfernungen hin- und zurück übertragen werden müssen.

Verteilte, dezentrale Architektur beim Edge Computing

Im Gegensatz dazu nutzt Edge Computing eine verteilte, dezentrale Architektur, die Rechenressourcen und Datenverarbeitung näher an den Ort der Datengenerierung bringt, also an den 'Rand' des Netzwerks. Diese Nähe zu den Datenquellen ermöglicht eine sofortige Verarbeitung von Informationen, was besonders in Anwendungen wie der industriellen Automatisierung, dem autonomen Fahren oder IoT-Geräten von entscheidender Bedeutung ist, wo Millisekunden über die Funktionalität und Sicherheit entscheiden können.

Edge Computing reduziert nicht nur die Latenzzeiten erheblich, sondern entlastet auch die Netzwerkbandbreite, indem es verhindert, dass große Datenmengen über das Netzwerk zu zentralen Servern übertragen werden müssen. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung der Netzwerkressourcen und einer verbesserten Leistung datenintensiver Anwendungen.

Vorteile und Einsatzmöglichkeiten von Edge Computing

Edge Computing bietet zahlreiche Vorteile, die es zu einer attraktiven Technologie für eine Vielzahl von Anwendungsfällen machen. Durch die Verlagerung der Datenverarbeitung an den Rand des Netzwerks, direkt zu den Datenquellen, ermöglicht Edge Computing schnelle Reaktionszeiten, etwa für Augmented-Reality- (AR) und Virtual-Reality- (VR) Anwendungen. Die direkte Verarbeitung von Sensorikdaten auf Endgeräten wie AR- und VR-Headsets sorgt für eine nahtlose und immersive Nutzererfahrung. Ohne virtuelle Unterstützung wäre die industrielle Produktion und insbesondere die Arbeit auf dem Shopfloor heute nicht mehr wettbewerbsfähig.

Zahlreiche Maschinenbauunternehmen nutzen bereits heute AR-Brillen wie beispielsweise Google Glass, um die Effizienz bei der Montage zu steigern. KundInnen können mit Hilfe der Augmented Reality einen QR-Code auf dem Produkt scannen, um wichtige Informationen wie den Einbauort zu erhalten, und die fertige Montage über die Brille bestätigen. Dieses Verfahren verkürzt nicht nur die Montagezeit, indem es den Zugriff auf benötigte Daten erleichtert, sondern ermöglicht auch eine transparente Nachverfolgung der einzelnen Montagefortschritte.

Kongress Digitale Fabrik

Digitale Fabrik
(Bild: Gorodenkoff - stock.adobe.com)

Auf dem Kongress "Digitale Fabrik" treffen sich jährlich Expertinnen und Experten der digitalen Produktions- und Fertigungsplanung zum intensiven und vor allem persönlichen Austausch.

 

Der nächste Kongress findet 2025 statt.

 

Weitere Informationen zum Kongress gibt es hier: Alles zur Digitalen Fabrik!

Neue Dimensionen der digitalen Transformation

Die Integration von Edge Computing mit anderen Schlüsseltechnologien wie Cloud Computing, dem Internet der Dinge und 5G-Mobilfunknetzen eröffnet neue Dimensionen der digitalen Transformation. Edge Computing und Cloud Computing ergänzen sich dabei ideal, indem sie eine flexible und skalierbare IT-Infrastruktur ermöglichen, die sowohl Echtzeitanwendungen am Netzwerkrand als auch komplexe Datenanalysen in der Cloud unterstützt. Im IoT-Bereich erlaubt die Kombination aus Edge- und Cloud-Computing eine effiziente Datenverarbeitung, indem Daten lokal vorverarbeitet und anschließend für weiterführende Analysen in die Cloud übertragen werden.

Mit der Einführung von 5G und dessen niedrigen Latenzzeiten sowie hohen Übertragungsraten können Edge Computing-basierte Anwendungen, wie etwa intelligente Verkehrsleitsysteme, in Echtzeit reagieren und gleichzeitig von der leistungsstarken Datenanalyse in der Cloud profitieren. Diese synergetische Zusammenarbeit zwischen Edge Computing, Cloud, IoT und 5G ermöglicht eine Vielzahl innovativer Lösungen, die die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, nachhaltig verändern werden.

Industrie als Edge-Computing-Vorreiter

Die stetig wachsende Verbreitung dezentraler Intelligenz und Steuerungstechnik in der Produktion, oft unter Begriffen wie Industrie 4.0, Smart Manufacturing oder intelligente Fabrik zusammengefasst, basiert zunehmend auf Edge Computing. Dieser Ansatz verlagert Rechenleistungen an den Rand des Unternehmensnetzwerks, zu sogenannten Edge-Geräten, die integraler Bestandteil des Internets der Dinge (IoT) sind. Die daraus resultierende Zunahme von Edge-Geräten fordert eine neue Herangehensweise in der Vernetzung und Datenverarbeitung innerhalb von Produktionsumgebungen.

Um die Potenziale der Industrie 4.0 voll auszuschöpfen, ist es entscheidend, die traditionellen Datensilos aufzubrechen und eine nahtlose Integration von Informationstechnologie (IT) und Betriebstechnologie (OT) zu gewährleisten. Edge-Lösungen müssen dabei sowohl die IT-Anforderungen für Datenverarbeitung und -speicherung als auch die OT-Anforderungen für die Kontrolle der Produktionsprozesse erfüllen. Diese Integration bildet die Grundlage für eine effektive Edge-Computing-Architektur, die neben der Cloud und anderen Unternehmenssystemen eine zentrale Rolle in der IoT-Datenstrategie eines Unternehmens spielt.

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Realisierung einer effizienten IoT-Datenplattform

Edge Computing ist daher aus mehreren Gründen für die Realisierung einer effizienten IoT-Datenplattform in Produktionsbetrieben von zentraler Bedeutung. Es ermöglicht eine Reduzierung der Datenlatenz durch die Verarbeitung von Daten direkt an ihrer Quelle, was für Prozesse mit Bedarf an schnellen Reaktionszeiten oder Entscheidungen unerlässlich ist.

Durch die lokale Datenverarbeitung können relevante von irrelevanten Daten getrennt und nur die wichtigen Informationen übertragen werden, was die Kosten für Datenerfassung, -übertragung und -speicherung erheblich senkt. Edge Computing stellt somit eine Schlüsseltechnologie für die Effizienzsteigerung in der Smart Factory und die Schaffung einer kosteneffizienten, skalierbaren IoT-Datenplattform dar.

Cloud und Edge als Schlüssel für die Smart Factory

In immer mehr Produktionsumgebungen findet sich eine immer größere Vielfalt an Geräten unterschiedlicher Generationen und Typen, die über Jahre hinweg installiert und aktualisiert wurden. Eine moderne IoT-Datenplattform muss daher in der Lage sein, eine breite Palette von Protokollen und herstellerspezifischen Sprachen zu unterstützen, um eine umfassende Sicht auf die Produktionsprozesse zu ermöglichen.

Diese Integration ist essenziell, da ohne sie eine vollständige Optimierung der Produktionsabläufe nicht möglich ist. Die Verknüpfung von neuen Edge-Computing-Geräten mit bestehenden älteren Systemen ist somit eine Kernanforderung für effektive Industrie-4.0-Lösungen, um unerwünschte Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Bereichen der Produktion zu vermeiden.

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Edge Computing und ein integriertes MES als Rückgrat

Zusätzlich erfordert das industrielle Internet der Dinge (IIoT) nicht nur die Sammlung von Daten aus diversen Quellen innerhalb der Produktionsanlagen und der erweiterten Lieferkette, sondern auch deren sinnvolle Nutzung durch die Hinzufügung von Kontext. Ein Manufacturing Execution System (MES) spielt hierbei eine zentrale Rolle, indem es den gesammelten Daten Kontext verleiht, was für eine kontinuierliche Optimierung der Prozesse unerlässlich ist.

So werden Daten nicht nur gesammelt, sondern auch in nützliche Informationen umgewandelt, die weit über die Grenzen des IIoT hinaus Einblicke in die Produktion bieten. Edge Computing und ein integriertes MES bilden zusammen das Rückgrat einer effizienten IoT-Datenplattform, die für die Realisierung einer Smart Factory unverzichtbar ist.

Das ist der Unterschied zwischen Edge Computing und Cloud Computing

Der Hauptunterschied zwischen Edge Computing und Cloud Computing liegt in der Datenverarbeitung. Beim Cloud Computing werden Daten zentral auf entfernten Servern verarbeitet, während beim Edge Computing die Daten dezentral am Rand des Netzwerks, in unmittelbarer Nähe zu den Endgeräten, verarbeitet werden. Dadurch ermöglicht Edge Computing eine schnellere Verarbeitung und Analyse von Daten, was besonders in Echtzeit-Anwendungen wie dem Internet der Dinge (IoT) und der Industrie 4.0 wichtig ist. Cloud Computing bietet hingegen Skalierbarkeit und umfassende Rechenleistung. Edge Computing wird oft als Ergänzung zur Cloud betrachtet, nicht als Ersatz. Es wird erwartet, dass beide Technologien in Zukunft koexistieren und sich gegenseitig ergänzen.

Fazit: Neue Ära der Datenverarbeitung hat begonnen

Edge Computing markiert einen Wendepunkt in der digitalen Transformation von Unternehmen, indem es die Verarbeitung von Daten direkt an ihrer Quelle ermöglicht und so die Grenzen traditioneller Cloud-Systeme erweitert. Diese Technologie, die sich durch eine dezentrale Architektur auszeichnet, bringt signifikante Vorteile in Bezug auf Geschwindigkeit und Effizienz, insbesondere in Bereichen, in denen jede Millisekunde zählt, wie in der industriellen Automatisierung oder beim autonomen Fahren.

Die Kombination aus Edge Computing und Cloud Computing schafft eine leistungsfähige, flexible und skalierbare IT-Infrastruktur, die sowohl die schnelle Datenverarbeitung am Netzwerkrand als auch die umfassende Datenanalyse in der Cloud ermöglicht. Diese Synergie eröffnet neue Möglichkeiten für innovative Anwendungen und Lösungen, die das Potenzial haben, unsere Lebens- und Arbeitsweise grundlegend zu verändern. In der Industrie wird Edge Computing bereits als treibende Kraft für die Umsetzung von Industrie 4.0 und Smart Manufacturing gesehen. Edge ermöglicht eine effiziente, kontextbezogene und in Echtzeit stattfindende Datenverarbeitung, die für die Optimierung der Produktionsprozesse und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich ist.

überarbeitet von: Dietmar Poll

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