IoT-Projekte für den Shopfloor sind nichts, was sich mal so eben nebenbei umsetzen lässt. Zu kompliziert sind Vernetzung und Komplexität.

IoT-Projekte für den Shopfloor sind nichts, was sich mal so eben nebenbei umsetzen lässt. Zu kompliziert sind Vernetzung und Komplexität. (Bild: metamorworks - stock.adobe.com)

Insbesondere im produzierenden Gewerbe werden Unternehmen mit großen (Produktions-)Datenmengen in Echtzeit konfrontiert. Dies stellt viele IT-Abteilungen vor eine große Herausforderung, da die deutlich gestiegene Komplexität mit der aktuellen IT-Infrastruktur nicht abgebildet werden kann. Aus diesem Grund ist ein ganzheitlicher Digitalisierungsansatz notwendig. Denn nur dieser sorgt für einen reibungslosen Datenaustausch über alle Unternehmensbereiche hinweg und reduziert die Komplexität. Im Folgenden werden fünf wesentliche Aspekte beleuchtet, die den Weg für erfolgreiche IoT-Projekte ebnen:

1. Ablösung von Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (Einführung einer Industrie 4.0-Plattform)

Die Einführung vieler einzelner, auf einen bestimmten Anwendungsfall zugeschnittener Insellösungen hat in den letzten Jahrzehnten in vielen produzierenden Unternehmen zunehmend zu einer unüberschaubaren und schwer zu verwaltenden I(o)T-Infrastruktur geführt. Problematisch ist dabei, dass die meisten Lösungen auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zwischen Datenproduzenten und Datenkonsumenten basieren (Server/Client-Architektur). Dies führt zu einer hohen Anzahl von direkten Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Komponenten. Mit der Anzahl der beteiligten Komponenten steigt auch der Administrationsaufwand. Gerade im Bereich der Maschinendatenerfassung mit einer erheblichen Anzahl potenzieller Datenproduzenten und -konsumenten behindert eine solche Architektur die flexible Kommunikation auf dem Shopfloor.

Dadurch wird die Integration neuer und die Anpassung bestehender Anwendungen immer komplexer. Eine nachhaltige Digitalisierungsstrategie sollte auf einem flexibel erweiterbaren IoT-Ökosystem basieren, dessen Verwaltung mit zunehmender Größe nicht schwieriger, sondern einfacher wird. Ein wichtiger Schritt in Richtung einer solchen Infrastruktur ist die Einführung und konsequente Nutzung von Publish/Subscribe-Kommunikationsmustern, insbesondere im Zusammenspiel mit Edge-Komponenten (Maschinensteuerungen, Sensoren). Diese vermeiden eine direkte Abhängigkeit zwischen Datenkonsumenten und -produzenten (Punkt-zu-Punkt-Integration).

Die Einführung einer Pub/Sub-basierten Architektur, z. B. mit Hilfe des Broker-basierten MQTT-Protokolls, sorgt für die notwendige Abstraktion in der Kommunikation und für die Auflösung direkter Verbindungen zwischen den einzelnen IoT-Komponenten. In einer solchen Architektur werden die einzelnen Systeme nicht als starre, hierarchisch organisierte Schichten betrachtet, sondern als lose miteinander verbundene Knoten eines übergreifenden digitalen Ökosystems. Dies ermöglicht eine einfache Erweiterung und Anpassung aller beteiligten Komponenten und schafft eine zukunftsfähige Lösung.

2. Verwendung offener Standards

Weiter ist es wichtig, dass die Kommunikation auf offenen Standards basiert, sodass keine unnötigen Abhängigkeiten von Softwareherstellern geschaffen werden. Kein Hersteller kann für das vielschichtige Portfolio an IoT-Anwendungen von Datenerfassung und -visualisierung über Produktionsplanung bis hin zu künstlicher Intelligenz die bestmögliche Lösung bieten. Deswegen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich Unternehmen mit einer offenen Architektur für die Zukunft aufstellen. So stellen Sie sicher, dass sich alle zukünftigen Komponenten, unabhängig vom Hersteller und tatsächlichen Zweck, nahtlos als Datenproduzenten und/oder -konsumenten in die Infrastruktur eingliedern lassen.

3. Strukturierte Modellierung der Unternehmensdaten

Um die erfassten IoT-Daten flexibel mit anderen Abteilungen oder sogar Unternehmen teilen zu können, ist der nächste wesentliche Schritt hin zu einer ganzheitlich digitalisierten Produktion die Einführung eines konsolidierten Datenmodells über alle Unternehmensbereiche hinweg. Denn häufig liegt die große Herausforderung nicht in der Datenerfassung an sich (diese ist an den Maschinen z.B. über OPC-UA oft zuverlässig gegeben), sondern im Fehlen eines unternehmensweit verständlichen Kontextes. Dies führt dazu, dass Maschinendaten die Abteilungsgrenzen nicht verlassen.

Für eine bestmögliche Optimierung der Unternehmensprozesse ist es jedoch zwingend notwendig, auch anderen Abteilungen wie Einkauf oder Finanzen einen verständlichen Zugriff auf die benötigten Informationen zu ermöglichen. Ein einheitliches Datenmodell schafft hierfür die Grundlage. Ein Beispiel hierfür ist die Modellierung nach dem ISA-95 Standard, der die Strukturierung des gesamten Unternehmens in fünf hierarchisch unterteilte Ebenen vorsieht (Enterprise -> Site -> Area -> Line -> Cell).

4. Integration des ERP-Systems (z.B. SAP)

Eine weitere Grundlage für den abteilungsübergreifenden Datenaustausch ist die Verteilung der relevanten Daten in alle Unternehmensbereiche. Hierzu wird die Integration in ein konsistentes System zur zentralen Verwaltung der Unternehmensdaten aus allen Abteilungen benötigt. Eine nachhaltige IoT-Infrastruktur ist ohne die nahtlose Einbindung des ERP-Systems folglich undenkbar. Die hier existierenden Datenstrukturen und der gepflegte Datenstamm können ein entscheidender Baustein für den Erfolg einer jeden IoT-Initiative sein, denn das führende ERP-System stellt schon heute in vielen Unternehmen eine wichtige Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Abteilungen dar. Erst durch die Verknüpfung der im Shop-Floor erfassten Live-Daten mit den unterschiedlichen Komponenten im ERP-System lassen sich völlig neue Optimierungspotentiale entlang der Wertschöpfungskette erschließen, da alle beteiligten Entscheider mit den wesentlichen Informationen versorgt werden.

Beispiel Server/Client vs. PubSub

Server Client: Punkt-zu-Punkt Verbindung zwischen Produzenten und Konsumenten. Neue Komponenten führen zu immer mehr Abhängigkeiten (Verbindungszahl steigt quadratisch) -> bei vielen Komponenten unmöglich zu überblicken und zu verwalten.
Server Client: Punkt-zu-Punkt Verbindung zwischen Produzenten und Konsumenten. Neue Komponenten führen zu immer mehr Abhängigkeiten (Verbindungszahl steigt quadratisch) -> bei vielen Komponenten unmöglich zu überblicken und zu verwalten. (Bild: membrain)
PubSub: zentrale Infrastruktur verknüpft Konsumenten und Produzenten lose miteinander. Neue Komponenten lassen sich flexibel integrieren (Verbindungszahl steigt linear).
PubSub: zentrale Infrastruktur verknüpft Konsumenten und Produzenten lose miteinander. Neue Komponenten lassen sich flexibel integrieren (Verbindungszahl steigt linear). (Bild: Membrain)

5. Intuitive und nutzerfreundliche Anwendungen als Erfolgsfaktor für den Fachbereich

Eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg von Digitalisierungsprojekten ist die Akzeptanz bei den Anwendern im jeweiligen Fachbereich. Denn nur eine intuitiv und einfach zu bedienende Lösung, z.B. auf Basis einer App, schafft einen höheren Mehrwert durch schnellere Arbeitsabläufe. So werden auch Fachbereiche ohne fundierte IT-Kenntnisse in die Lage versetzt, komplexe IT-Systeme zu bedienen und Daten direkt und unmittelbar in das komplexe ERP-System einzupflegen. Ein modularer Aufbau der Lösungsarchitektur bietet Unternehmen sowohl technisch als auch applikationsseitig die größtmögliche Flexibilität. Modulare Apps stehen für alle gängigen mobilen Endgeräte und Plattformen (iOS, Android, Windows) zur Verfügung. Dies gewährleistet eine zukunftssichere Investition, auch wenn sich die Hardware-Strategie im Unternehmen ändern sollte. Ein solcher Wechsel ist mit nativen Apps für neue Betriebssysteme problemlos möglich.

Darüber hinaus beschäftigen sich derzeit viele Unternehmen im SAP-Umfeld auch mit einem S/4 HANA-Upgrade. Hier ist die Flexibilität der eingesetzten Architektur inklusive der Schnittstellen besonders wichtig. Denn nur so ist ein Technologiewechsel problemlos möglich und nahtlos umsetzbar.

Kongress Digitale Fabrik

Digitale Fabrik
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Auf dem Kongress "Digitale Fabrik" treffen sich jährlich Expertinnen und Experten der digitalen Produktions- und Fertigungsplanung zum intensiven und vor allem persönlichen Austausch.

 

Der nächste Kongress findet 2025 statt.

 

Weitere Informationen zum Kongress gibt es hier: Alles zur Digitalen Fabrik!

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