Eine künstliche Hand und eine menschliche Hand berühren sich

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz auf dem Shopfloor kann schon heute Vorteile für die Produktion und die Fertigung bringen. (Bild: ipopba - stock.adobe.com)

Eine aktuelle Studie der Hochschule Koblenz besagt, dass bereits zwei Drittel von 120 befragten Unternehmen heute schon KI nutzen – allerdings 80 Prozent erst seit rund zwei Jahren. Der Blick in die Fertigungspraxis zeigt ein etwas anderes Bild. Für viele produzierende Unternehmen sind KI-basierte Prozesse nämlich noch immer Zukunftsmusik. Daten verfügbar zu machen und zu konsolidieren, stellt dabei das größte Hindernis dar. Darüber hinaus setzt die Einführung von Künstlicher Intelligenz viel Knowhow voraus und bindet zudem die durch den Fachkräftemangel immer knapper werdenden IT-Kapazitäten. All diese Gründe sollten Unternehmen jedoch nicht davon abhalten, in KI einzusteigen.

Automatisierung weitergedacht: KI als der nächste logische Schritt

In der Industrie ist die Automatisierung von Prozessen nicht neu. Spezielle Automatisierungssoftware übernimmt sich wiederholende Tätigkeiten und entlastet Mitarbeitende deutlich. Dadurch kann die Effizienz signifikant erhöht und Kosten sowie menschliche Fehler reduziert werden. Künstliche Intelligenz (KI) geht noch einen Schritt weiter. Sie basiert auf selbstlernenden Algorithmen, die mit großen Datenmengen trainiert werden. Dadurch verbessern sie im Laufe der Zeit ihre Leistungsfähigkeit. Im Gegensatz zur Automatisierungssoftware übernimmt KI nicht (nur) einfache, sondern komplexe Aufgaben. Das bedeutet auch, dass sie Entwicklungen vorhersagen und Entscheidungen treffen kann.

Anwendungsbereiche in der Fertigung

KI-basierte Software bietet eine Reihe von Möglichkeiten, Fertigungsprozesse zu verbessern, die Wirtschaftlichkeit zu steigern und über eine hohe Produktqualität Kunden und Kundinnen zu binden. Die Algorithmen der Künstlichen Intelligenz funktionieren ähnlich wie das menschliche Gehirn. Sie haben allerdings eine sehr viel höhere „Rechenleistung“ und können daher bestimmte Aufgaben in der Fertigung schneller und besser lösen als Menschen. In vier konkreten Bereichen findet die Künstliche Intelligenz schon heute Anwendung und sorgt für entscheidende Verbesserungen:

  1. Inbetriebnahme erleichtern

Mittels eines digitalen Zwillings lassen sich Schritt für Schritt diverse Abläufe ableiten, die Mitarbeitende durch die Inbetriebnahme führen. Auf diese Weise leitet KI die Werksmitarbeitenden auch durch den gesamten Prozess der Auftragsabwicklung. Da die Software aus allen Ereignissen auf dem Shopfloor lernt, sofern diese digital erfasst werden, optimieren Unternehmen im Laufe der Zeit ihre Fertigungsprozesse und können Ursachen für Fehler eliminieren.

  1. Produktivität steigern

Im Bereich Predictive Maintenance analysiert künstliche Intelligenz schon jetzt die Maschinendaten und leitet daraus Prognosen ab. So erkennen die Mitarbeitenden in der Fertigung frühzeitig, wann die Maschine gewartet werden muss, also beispielsweise Verschleißteile auszutauschen sind. Auch reguläre Wartungsintervalle lassen sich Algorithmen-basiert anpassen und gegebenenfalls vergrößern. Dadurch können Unternehmen direkt Kosten senken, ohne Stillstände zu riskieren. Anomalien fallen bereits auf, bevor Schaden entsteht. So steigern Unternehmen ihre Produktivität sowie Maschinenverfügbarkeit und senken die Instandhaltungskosten.

  1. Qualität sichern

KI erweitert den Handlungsspielraum in der Qualitätssicherung und ermöglicht es, eine kameragestützte Sichtkontrolle automatisiert durchzuführen. Die Software erkennt in Echtzeit geringste Abweichungen von den Gutteil- und Schlechtbildern, mit denen das System trainiert wurde, und analysiert die Ursachen dafür. Der Mitarbeitende lernt dadurch auch, wie der Arbeitsschritt künftig korrekt durchgeführt wird. Zugleich sinken die Kosten, weil die Fehler nicht erst bei der Qualitätskontrolle des fertigen Teils erkannt werden. Da die Produktqualität über die Auswertung der KI insgesamt steigt, haben die Kunden und Kundinnen wenig Anlass zu Reklamationen – ein wichtiger Beitrag zur Kundenbindung und Kostensenkung. Der automatisierte Prozess erhöht die Produktivität und senkt Nacharbeits- und Ausschusskosten. Außerdem gewinnen Fachkräfte Kapazitäten für weitere anspruchsvolle Arbeiten.

  1. Energiemanagement optimieren

Mit der Nachhaltigkeitsberichtspflicht sowie weiteren Anforderungen setzt die Gesetzgebung Standards, denen die Wirtschaft nachkommen muss. Insofern ist es ratsam, das Energiemanagement in die Produktionsumgebung zu integrieren. Oft ermöglicht dies erstmals, konkrete Energiefresser und ineffizientes Verhalten zu erkennen und abzustellen. In der Werkhalle verhelfen übergreifende, selbstoptimierende Systeme so zu einer besseren Energiebilanz und dem Erreichen der ESG-Ziele (Environment, Social, Governance).

Kongress Digitale Fabrik

Digitale Fabrik
(Bild: Gorodenkoff - stock.adobe.com)

Auf dem Kongress "Digitale Fabrik" treffen sich jährlich Expertinnen und Experten der digitalen Produktions- und Fertigungsplanung zum intensiven und vor allem persönlichen Austausch.

 

Der nächste Kongress findet 2025 statt.

 

Weitere Informationen zum Kongress gibt es hier: Alles zur Digitalen Fabrik!

LLMs und Machine Learning: KI-gestützte Software auf dem Shopfloor

Es zeigt sich: Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug mit enormem Potenzial zur Optimierung und Effizienzsteigerung des Shopfloors. Vor allem Large Language Models (LLMs) und Machine Learning können, richtig eingesetzt, die Workflows in der Werkhalle revolutionieren. Operations1 arbeitet in diesem Zusammenhang an einer eigenen KI-Lösungsidee, dem Shopfloor AI Assistant.

Durch die Nutzung von LLM können Informationen durch Mitarbeitende in natürlicher Sprache abgerufen werden. Der Assistent soll Hilfestellungen geben oder Datenabfragen ermöglichen, ohne hierbei Daten zu suchen oder vorab aufbereiten zu müssen. So soll er die Mitarbeitenden in der Werkhalle zum Beispiel bei Fragestellungen während des Instandhaltungsprozesses unterstützen und Auskunft über frühes, kostenschonendes Troubleshooting und präventive Vorgehensweisen geben.

Ein weiterer Anwendungsbereich wird Computer Vision sein. Durch Machine Learning (ML) und den Einsatz von Algorithmen kann Computer Vision Muster, Objekte und relevante Merkmale in visuellen Daten wie Bilder und Videos erkennen und interpretieren. Mitarbeitende können von der KI durch Bildabgleich in Echtzeit direkt bei der Inspektion und Qualitätssicherung unterstützt werden und genaue Rückmeldungen sowie Hinweise auf mögliche Gefahren erhalten.

Lassen Sie sich von KI-Anwendungsbeispielen inspirieren!

Theorie ist gut, Praxis ist besser. Die Redaktion sucht immer wieder nach interessanten Anwendungsbeispielen und stellt sie Ihnen vor. Finden Sie Ihre KI-Idee:

Alle Artikel zu künstlicher Intelligenz und Implementierungsmöglichkeiten in der Industrie finden Sie in unserem zugehörigen Fokusthema.

Fazit

Künstliche Intelligenz ist mehr als Automatisierung. Dank selbstlernender Algorithmen ist sie dazu in der Lage, Vorhersagen zu treffen und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Fertigungsunternehmen können sich das in vielen Bereichen zunutze machen – angefangen von der Auftragsabwicklung und vorausschauenden Wartung bis zur Qualitätskontrolle und dem Energiemanagement. Die Nutzung von KI am Shopfloor wird zahlreiche Probleme lösen und führt dank Technologien wie maschinellem Lernen und Computer Vision zu verbesserten Interaktionen zwischen Mensch und Maschine. Dies erhöht die Sicherheit am Arbeitsplatz und erlaubt es den Mitarbeitenden, sich stärker auf wertschöpfende Tätigkeiten zu fokussieren. Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind bereits heute vielfältig und werden künftig eine zentrale Rolle in der Architektur von Operations1 spielen. Sie werden in verschiedenen Bereichen unserer Software integriert, um Nutzern maßgeschneiderte, operativ wertvolle Lösungen zu bieten.

 

Benjamin Brockmann ist CEO und Co-Founder bei Operations1. (Bild: Operations1)

Über den Autor:

  • Benjamin Brockmann ist seit 2017 CEO und Co-Founder bei Operations1.
  • Er studierte von 2014 bis 2016 an der TU München und forschte gemeinsam mit seinen Mitgründern am Fraunhofer Institut, was in seine Masterarbeit über Werkerinformationssysteme einfloss.
  • Weitere Erfahrungen sammelte er bei KPMG im Bereich IT & Finance Consulting sowie bei Arthur D. Little im Bereich Strategy, Innovation & Technology.
  • Als Mitglied im VDMA gilt er als international vernetzter Experte und spricht regelmäßig in seinem Podcast über die Digitalisierung der Produktion.

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