Skyline von Shenzhen. Die chinesische Metropole ist in einer der Knotenpunkte der Neuen Seidenstraße.

Skyline von Shenzhen. Die chinesische Metropole ist in einer der Knotenpunkte der Neuen Seidenstraße. - (Bild: Pixabay)

Die neue Seidenstraße führt nun bis Kap Hoorn. Auf dem G20-Gipfel in Buenos Aires vereinbarte Chinas Staatschef Xi Jinping Anfang Dezember mit Argentiniens Präsident, Mauricio Macri, die Zusammenarbeit bei 37 Energie-, Infrastruktur- und Bergbauprojekten – in Bereichen also, in denen die Volksrepublik Länder im Rahmen der „Belt-and-Road-Initiative“ (BRI) unterstützt. 

Mit der in Europa als „Neue Seidenstraße“ bekannten BRI will Peking zwar vor allem Schienenwege durch Kasachstan und Russland sowie den Iran und die Türkei nach Europa bauen. Es soll eine Bahnstrecke von Kunming nach Singapur mit einem Abzweig über Myanmar nach Kalkutta entstehen sowie ein 3.000 Kilometer umfassendes Netz aus Straßen, Schienensträngen und Pipelines in Pakistan.

Darüber hinaus will China seinen Westen an den Hafen Gwadar anschließen. Außerdem baut die Volksrepublik die Infrastruktur entlang dreier Schifffahrtswege zwischen dem Fernen Osten und Europa. Bezahlt werden die Infrastrukturprojekte zumeist von den Staaten, in denen die Straßen, Bahnstrecken und Kraftwerke entstehen. Doch Peking gewährt großzügige Kredite und sichert sich so die politische Loyalität der Empfängerländer.

„Die BRI ist nicht nur ein Infrastrukturprojekt“, erklärt Dr. Nadine Godehardt, stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe Asien bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Peking verfolge damit andere Ziele - nicht nur in Eurasien. Letztlich gehe es darum, Handelsströme und Märkte weltweit im Interesse Chinas zu ordnen ohne, das Land selbst stark anpassen oder verändern zu müssen. „Für die KP steht dabei im Vordergrund, die innere Stabilität der Volksrepublik und damit ihre eigene Legitimation zu erhalten“, erklärt Godehardt.

„China ist hoch verschuldet, die demographische Schieflage nach Jahrzehnten der Ein-Kind-Politik größer als in Japan oder Deutschland. Zugleich befinden sich die Sozialsysteme noch im Aufbau“, ergänzt Friedolin Strack, Leiter der Abteilung Internationale Märkte beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

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Export von Überkapazitäten

Gleichzeitig hat das Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren auf gut sechs Prozent nachgelassen. Um das zu ändern und den sozialen Frieden zu erhalten, verfolgt die KP die Go-West-Strategie, mit der sie die Wirtschaft in den Provinzen im Landesinneren fördert, den industriepolitischen Masterplan „Made in China 2025“ sowie die BRI.

„Diese ist im Grunde ein Wirtschaftsförderprogramm, mit dem die Volksrepublik Überkapazitäten in ihrer Stahl- und Bauindustrie ins Ausland exportiert, indem sie dort durch Infrastrukturprojekte Nachfrage schafft“, sagt Lisa Flatten, Asienrefentin bei Germany Trade and Invest (GTAI).

China will die Wirtschaft in den Westprovinzen zudem stärker mit den Nachbarstaaten vernetzen. „Es ist ein ernsthaftes Anliegen Pekings, die Wirtschaft in seiner zentralasiatischen Nachbarschaft zu entwickeln“, weiß BDI-Experte Strack. Sollen Unternehmen in Chinas Landesinnerem gedeihen, gibt es dazu keine Alternative. Denn bislang gehen nur neun Prozent der chinesischen Exporte in die 14 Nachbarländer.

Deutschland liefert 37 Prozent seiner Ausfuhren an seine Nachbarn. Für Unternehmen in Zentralasien ist diese Politik ein Segen: 2017 führte China 27 Prozent mehr Waren aus den Staaten entlang der Seidenstraße ein als im Jahr zuvor.

Warum auch deutsche Maschinenbauer profitieren

Von dem Wachstum würden auch deutsche Maschinenbauer profitieren, hinge die BRI nicht eng mit der „Made in China 2025“-Politik zusammen. Diese sieht unter anderem vor, chinesische Anbieter von Robotik und Automatisierungstechnik so zu stärken, dass sie Wettbewerber aus Industrieländern bis 2025 ein- und schließlich überholen.

Mit der BRI baut China die Transportwege, über die die staatlich gepäppelten Unternehmen ihre Produkte künftig nach Europa bringen können. Noch erinnern solche Szenarien an schlechte Science-Fiction-Filme. Dabei geraten deutsche Unternehmen durch die BRI in Eurasien schon heute unter Druck.

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Von Shenzhen bis Sankt Petersburg  

So verloren europäische Firmen durch die nach der Annexion der Krim gegen Russland verhängten Sanktionen dort über 100 Milliarden Euro Umsatz, hat das Institut für Weltwirtschaft berechnet. Eigenen Angaben zufolge lieferte China dagegen im ersten Halbjahr 2018 Güter für 22,5 Milliarden Euro nach Russland – 18 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Russlands Präsident Wladimir Putin weiß, dass China einer seiner wenigen außenpolitischen Freunde ist und träumt davon, die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) mit Chinas BRI zusammenzuführen.

Es entstünde ein Wirtschaftsraum, der von Shenzhen bis Sankt Petersburg reicht und zu dem deutsche Firmen kaum noch Zugang finden dürften. Derzeit gehören der EAWU Russland, Weißrussland, Kasachstan, Kirgistan und Armenien an. Iran hat China seiner Wirtschaft schon erschlossen.

Wenige Tage nach Kündigung des Atomabkommens durch die USA fuhr im Mai 2018 der erste chinesische Güterzug in den Iran. Bis 2025 wollen China und die islamische Republik ihren Handel auf 600 Milliarden US-Dollar mehr als verzehnfachen. Seit Juni 2018 wickeln sie Geschäfte in der chinesischen Währung Renminbi ab.

Die Exporte deutscher Unternehmen in den Iran gingen dagegen zwischen Januar und August 2018 um 4,2 Prozent zurück. Das trifft vor allem deutsche Maschinenbauer. Sie waren lange der wichtigste Lieferant der iranischen Industrie.

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Deutsche Firmen können profitieren

„Insgesamt können deutsche Unternehmen als Zulieferer chinesischer Firmen aber oft von BRI-Projekten profitieren“, räumt Flatten von der GTAI ein. So unterzeichnete Siemens allein 2018 mehr als zehn Kooperationsvereinbarungen im Bereich der Industrie 4.0 und Energieerzeugung mit chinesischen Staatskonzernen. Der schwäbische Maschinenbauer Voith liefert für 200 Millionen Euro drei 470 Megawatt-Turbinen sowie die elektrische und mechanische Ausrüstung für die Erneuerung des Wasserkraftwerks Tarbela in Pakistan.

Das Staudammprojekt ist wichtiger Bestandteil des Wirtschaftskorridors mit dem China seinen Westen mit dem Hafen Gwadar verbindet. Von solchen Aufträgen profitieren auch die Zulieferer von Siemens und Voith. Nur wie lange noch?

Langfristig sieht die KP bei ihrer wirtschaftlichen Neuordnung Eurasiens keine eigenständige Rolle für ausländische Unternehmen vor. „China stellt sich die Welt als Netzwerk vor“, erklärt Godehardt von der SWP.

Die Welt als riesiges Netzwerk und China in der Mitte

In dessen Mittelpunkt stehe Peking und bestimme, welche Bedeutung andere Akteure in dem Netzwerk hätten. Um die Welt in diesem Sinne zu gestalten, schließt China im Rahmen der BRI bilaterale Handelsabkommen und Zollverträge mit Staaten von Lateinamerika bis Kasachstan. Da es der wirtschaftlich stärkere Partner ist, kann es seine Vorstellungen in Zweierbeziehungen leichter durchsetzen als etwa in der WTO.

Peking unterwirft seinen Interessen auch den Dialog der BRIC-Staaten mit Brasilien, Indien und Russland. So gewährte es Thailand Zugang zu dem Forum. Im Gegenzug unterzeichnete Siams Ministerpräsident, Prayuth Chan-ocha, zwei umstrittene Verträge mit chinesischen Staatsunternehmen über den Bau des thailändischen Abschnitts der Bahnverbindung von Kunming nach Singapur.

In Osteuropa gestaltet Peking das Netzwerk durch den 16+1-Dialog. An ihm nehmen auch elf EU-Staaten aus der Region teil. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit finanziert die Volksrepublik auch BRI-Projekte wie eine Schnellzugstrecke von Budapest nach Belgrad. Dafür verhindern osteuropäische EU-Staaten, dass die Gemeinschaft eine einheitliche Antwort auf die außenpolitische Herausforderung Chinas entwickelt.

Die Volksrepublik stelle mit der BRI ihre diplomatischen Beziehungen zum Rest der Welt auf neue Grundlagen und verschiebe das Kräfteverhältnis in der Weltwirtschaft zugunsten chinesischer Staatsunternehmen, warnten daher 27 EU-Botschafter im Frühjahr 2018 in einem gemeinsamen Kommuniqué. Ungarn enthielt sich. Inzwischen stößt die BRI aber immer öfter auf Hindernisse.

In Abhängigkeit von Peking 

„Staaten erkennen, dass sie in Abhängigkeit von Peking geraten, wenn sie Infrastrukturprojekte mit chinesischen Krediten finanzieren, die sie kaum bedienen können“, erklärt Bernhard Bartsch, Leiter des Asien-Programms der Bertelsmann Stiftung. Malaysia hat daher den Bau von Pipelines im Wert von drei Milliarden Dollar sowie das 20 Milliarden Dollar teure malaiische Teilstück der Bahnverbindung Kunming - Singapur abgesagt.

Andere Staaten nehmen chinesische Kredite dagegen nach wie vor an. Fraglich ist, ob sie sie auch bedienen können. Denn Ratingagenturen bewerten die Bonität von 27 Staaten, in denen Peking BRI-Projekte finanziert, als mangelhaft.

„Unter Umständen hat die KP die finanziellen Risiken der BRI unterschätzt und sich mit dem Versuch übernommen, die Weltwirtschaft im Dienste ihres Machterhalts neuzugestalten“, mutmaßt Bernt Berger. Er verantwortet bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik die Asienforschung. Ein Scheitern der BRI sei aber nicht im Interesse deutscher Unternehmen. Ihre Umsätze hingen zu sehr vom Wachstum der chinesischen Wirtschaft ab.

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