Allein zur Konferenz Huawei Connect zum Thema künstliche Intelligenz in Shanghai kamen etwa 25.000 Teilnehmer. Eric Xu, Rotating CEO des südchinesischen Technologiekonzerns, leitet die künstliche Intelligenz aus der menschlichen Entwicklung ab.
Der chinesische Blick reicht viele tausend Jahre zurück auf die technologischen Entwicklungsstufen der Menschheit. 60 Jahre Computertechnik sind darin ein sehr kurzer Zeitraum, so Xu. "Eine Reise von 10.000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt. Diesen ersten Schritt zur Realisierung von künstlicher Intelligenz müssen wir jetzt wagen", so Xu.
"Die gewaltigen Rechnerquantitäten ermöglichen neue Qualitäten im Einsatz von Elektronik. Gefragt sind zukünftig nicht diese gewaltigen Datenmengen, sondern qualitativ hochwertige Daten und Prozesse, welche diese für die Wertschöpfung nutzbar machen. Die intelligente Nutzung der Daten ist gefragt", erklärte Xu.
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Strategie: Kooperationen von Konzernen und Start-ups
Für diese rasche Umsetzung der KI in der Praxis sind Kooperationen vieler IT-Konzerne und Start-ups notwendig. Andreas Falkner, Vizepräsident Open Telekom Cloud bei T-Systems ist sich sicher, dass KI-Lösungen nur zusammen mit Partnern angeboten werden können.
"Wir entwickeln beispielsweise Videostreaming-Angebote, die wir über alle Vertriebskanäle anbieten können. Ziel ist es, KI-Anwendungen in der Cloud einfach mit einer App, wie wir sie vom Smartphone kennen, zu bedienen. In Deutschland haben wir für die Open Telekom Cloud die notwendigen Zertifizierungen und wir garantieren einen sicheren Betrieb nach den deutschen und europäischen Datenschutzrichtlinien. Mit unseren chinesischen und internationalen Cloud-Partnern können wir auch eine weltweit nutzbare Cloud für unsere Geschäftskunden aufbauen“, so Falkner in Shanghai.
Noch ist dafür einiges zu klären. Die Innovationskraft der Public Cloud ist einer privaten Business Cloud weit voraus, erklärt Falkner. Doch die Innovationsgeschwindigkeit treibt die Realisierung solcher Cloud-Systeme. "Dies ist ein offenes technisches System, von daher sind solche Kooperationen wichtig. Ein einzelner Konzern kann die Innovationskraft, die für solch komplexe Systeme notwendig ist, kaum aufbringen."
Huawei stellt hunderte Cloud-Experten ein
Dafür bietet China gewaltige Potentiale. "Huawei stellte in China etwa 800 Open-Cloud-Experten ein, während wir in Deutschland große Herausforderungen hatten die ersten Mitarbeiter für diesen Bereich an Board zu nehmen“, berichtet Falkner. Personalchefs aus deutschen Elektrokonzernen, die in China fertigen und entwickeln, berichten, das die chinesische Konkurrenz Neueinsteiger in diesem Bereich 40 Prozent mehr Gehalt bieten können, als sie selbst und man da nur sehr schwer mithalten könne.
Im Rahmen der Konferenz haben Huawei Technologies und T-Systems International in Shanghai den Start des privater Netzzugangsdienst (PLAS) bekanntgegeben. In die Kooperation bringt Huawei seine Hard-, Software- und Lösungskompetenz ein, während T-Systems die notwendige Cloud-Expertise, das Netzwerk und das zertifizierte deutsche Cloud-Rechenzentrum einbringt. "Dies ist ein gemeinsames Geschäftsmodell," betont auch Daniel Godde, Partner Manager Huawei.
"Maschinen werden niemals Liebe und Leidenschaft empfinden können. Sie haben Chips, Menschen haben ein Herz." - Alibaba-Gründer Jack Ma
Bosch und Huawei bieten cloudbasierten Service
In Shanghai verkündete Bosch eine neue Partnerschaft mit dem chinesischen Netzwerkriesen. Cloudbasierte Services der Bosch IoT-Suite werden künftig über die Plattform von Huawei Cloud auch in China verfügbar sein.
"Die Nachfrage nach IoT-Lösungen in China steigt steil an. In den kommenden Jahren rechnen wir mit einem Wachstum von 70 Prozent. Die Partnerschaft zwischen Bosch und Huawei Cloud ist ein entscheidender Schritt für Bosch in einem der am schnellsten wachsenden IoT-Märkte in Asien", sagte Dr. Stefan Ferber, Chef von Bosch Software Innovations, einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft von Bosch.
Die Zukunft ist schon da: Ein erster Service, der chinesischen Kunden über die Huawei-Cloud zur Verfügung gestellt wird, ist der Bosch IoT Remote Manager, ein Service zur Verwaltung und Steuerung von Gateways, Sensoren und Geräten. Weitere Services der Bosch-IoT-Suite sollen 2019 folgen.
"Die Huawei-Cloud ist eine global schnell wachsende Cloud-Plattform. Es ist uns ein besonderes Anliegen, unsere Lösung mit Partnern voranzutreiben", so Zheng Yelai, Vizepräsident von Huawei und Chef der Geschäftseinheit Huawei Cloud. "Ich bin überzeugt, dass unsere Unternehmen durch diese Kooperation die Entwicklung des IoT in China vorantreiben werden", erklärte auch Dr. Stefan Ferber, CEO Bosch Software Innovations.
Automatisierungsquote: Wo arbeiten die meisten Roboter?
Global betrachtet arbeiten im Schnitt 74 Roboter pro 10.000 Mitarbeiter in der Fertigungsindustrie. Das gab die International Federation of Robotics (IFR) in der jüngsten Statistik bekannt. Klicken Sie sich durch und sehen Sie, wie die Roboterdichte laut IFR weltweit verteilt ist.
Unterschiedliche nationale Voraussetzung erfordern angepasste KI-Systeme
Meng Guangbin, President Huawei IT Storage Produkt Line, erklärt, dass eine Kooperation mit deutschen Unternehmen schon allein wegen des sehr unterschiedlichen Umgangs mit Daten notwendig ist.
"In China geht man sehr sorglos mit digitalen Daten um. In Deutschland sind bestimmte Daten, zum Beispiel Personalinformationen, nicht einfach austauschbar. Daher entwickeln wir mit europäischen Konzernen passende Lösungen. Auch wenn es Cloud heißt: die Daten befinden sich nicht im Himmel in einer Wolke. Sie sind auf der Erde in Servern gespeichert. Wo dieser steht und welche Daten ausgetaucht werden, entscheiden die Unternehmen selbst." Für Unternehmens- und Produktionsdatencenter biete Huawei mit seiner Cloud FusinStorage eine leistungsfähige und flexible Plattform mit einfachen Updatefunktionen, so Meng.
Foshan-Zhuhai – zukünftiges Weltzentrum vernetzter Fabrikautomation
Die chinesischen Standorte deutscher Unternehmen konzentrieren sich bislang auf Shanghai und Peking, wo auch der Huawei Connect stattfand. Die südchinesische Zwölf-Millionen-Stadt Shenzehn entwickelte sich dagegen zum Weltzentrum für Elektronik und Informatik.
Doch die Implementierung der Elektronik und Informatik in die Produktion könnte schwerpunktmäßig vom östlichen Guangdong zwischen Foshan und Zhuhai erfolgen. Weder in den USA, noch in Europa - ja, nirgendwo auf der Welt werden neue Technologien schneller in Produktionswerken eingesetzt, als in diesem, im Westen noch nicht sehr bekannten Wirtschaftsraum.
Auch hier setzen die Strategen auf Kooperationen mit Deutschland. In der futuristischen Foshan New City entsteht die Sino-German Industrial Zone. In der neuen Industriezone konstruierte die Deutsche Messe Technologie Academie die Robotation Academie Foshan, in der überwiegend Fabrikautomation aus Deutschland in einer Demonstrationsanlage gezeigt wird.
Unternehmensreisen in Zukunftsmärkte
"Es geht hier zunächst nicht darum, einzelne Komponenten zu zeigen, sondern zu veranschaulichen wie diese verschiedenen Komponenten in der Industrie 4.0 zusammenwirken", erklärt Thomas Rilke, Managing Direktor der Robot Academy, die auch auf dem Hannoveraner Messegelände ähnliche Konzepte anbietet.
Direkt neben der Academy ist ein großes Messegelände, das zurzeit umfassend erweitert wird. Hier fand Ende Oktober die Fachmesse Internet+ Expo powered by Cebit statt. In diese Region ging auch die diesjährige Mitglieder-Chinareise des ZVEI.
"Für unsere Mitglieder bieten wir Unternehmensreisen in Zukunftsmärkte mit Firmenbesichtigungen und Konferenzen an. So können vor Ort diese Entwicklungen gesehen, der Markt sondiert und Netzwerke geknüpft werden", erklärte ZVEI-Präsident Michael Ziesemer auf der Sino-German Smart Manufacturing Cooperation Conference, die messebegleitend in Foshan stattfand.
Um diese Wirtschaftsgrößen trauerte die Welt 2018
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Midea und Kuka bauen voll integrierte digitale Fabriken
Wenn ein chinesischer Massenhersteller, der in seiner Produktion tausende Industrieroboter einsetzt und seine Fertigung voll automatisiert, selbst anfängt, Roboter herzustellen, ist dies eine Bedrohung für europäische Hersteller von Robotertechnologie. Die können dann nicht nur weitaus größere Mengen herstellen, sondern wissen durch ihre eigene Produktionserfahrung, wie diese Industrieautomation in der Praxis funktioniert. Dieses Szenario war in jüngster Zeit oft von etablierten Unternehmen zu hören.
Jetzt startet einer der weltgrößten Produzenten für Haushaltsgeräte und Klimaanlagen nicht nur damit, sondern bietet diese Systeme digital und mit künstlicher Intelligenz an. Für die Midea-Tochter Kuka mit Stammsitz in Foshan erschließt sich ein gewaltiger Markt. In Blickweite der Robotation Academy Foshan baut Kuka zwei riesige Fabriken, in denen bald komplette digital vernetzte Fabriken mit Künstlicher Intelligent produziert werden.
"Wir hoffen, dass alle Länder, alle Mitglieder des Globalen Dorfes, sich gegenseitig einbeziehen und unterstützen, sodass wir Antworten finden auf die Chancen und Risiken neuer Technologien" - Lui He, chinesischer Vize-Premier.
China sucht Kooperation
Doch China fehlt es noch an vielen technologischen Spitzenprodukten, die oft aus Deutschland kommen. Bei KI komme es entscheidend auf internationale Kooperation an, sagte der chinesische Vize-Premier Lui He in einer Rede auf der World Artificial Intelligence Conference Mitte September in Shanghai.
"Wir hoffen, dass alle Länder, alle Mitglieder des Globalen Dorfes, sich gegenseitig einbeziehen und unterstützen, sodass wir Antworten finden auf die Chancen und Risiken neuer Technologien", so He.
In Südchina ist zu sehen, dass eine Fabrik zwar digital gesteuert werden kann. Doch dies erfordert noch mehr Sensortechnik oder Messtechnik als bislang. Bereiche, in denen Deutsche Unternehmen immer noch führend sind. Für Fabrikautomation deutscher Unternehmen könnte Chinas KI-Strategie gute Geschäftsmöglichkeiten bieten, wenn sie die Entwicklungen vor Ort gut kennen.
5 Fakten zur Künstlichen Intelligenz
1. Die Wiege der Künstlichen Intelligenz:
Der Begriff artificial intelligence wurde 1956 bei einem Workshop zu einem Forschungsprojekt zur Künstlichen Intelligenz am Dartmouth College in New Hampshire, USA, zum ersten Mal erwähnt. Die Dartmouth Conference gilt heute als Gründungsveranstaltung zur Forschung an Künstlicher Intelligenz.
2. Der große Unbekannte:
Mit Big Data können die meisten Deutschen (noch) nichts anfangen. Laut TNS Infratest kennen 74 Prozent den Begriff gar nicht, nur neun Prozent würden sich zutrauen zu erklären, was mit Big Data gemeint ist. Als Big Data bezeichnet man große Datenmengen, die gesammelt, analysiert und verwertet werden. Sie sind die Basis für Künstliche Intelligenz.
3. Lernen aus Millionen von Bildern:
Deep Learning, das zum maschinellen Lernen gehört, basiert auf einem mehrschichtigen neuronalen Netz im Computer, ähnlich dem menschlichen Gehirn. Während einem Kleinkind ein paar Katzen reichen, um danach jede Katze als solche zu erkennen, betrachtet der Computer Millionen von Katzenbildern, bis er eine Katze erkennt.
4. Smarte Assistenten:
Das Marktforschungsunternehmen Gartner sagt voraus, dass bis 2024 rund zehn Prozent der Aktivitäten, die potenziell das menschliche Leben gefährden, von smarten Systemen ausgeführt werden. Ein Beispiel sind Assistenzsysteme in Fahrzeugen. Damit werden Fahrzeuge der Zukunft immer besser kommunizieren, ihre Umgebung immer präziser erfassen, Daten immer schneller auswerten können – und irgendwann komplett autonom fahren.
5. So clever wie ein Mensch:
Experten gehen davon aus, dass eine Künstliche Intelligenz auf dem Niveau der menschlichen Intelligenz noch in diesem Jahrhundert erschaffen wird.