Das neue Jahr könnte so turbulent beginnen, wie das alte endete. Deutschland wählt im Februar vorzeitig neu, Donald Trump sitzt dann wieder im Weißen Haus. Währenddessen kämpfen Menschen in der Ukraine und im Nahen Osten ums Überleben, und stolze Wirtschaftsnationen rüsten sich für stürmische Zeiten. Da fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Doch ein stiller Riese sollte aus fünf Gründen nicht aus den Augen verloren werden: China.
Grund 1: Problematische Verbündete
Partner, Konkurrent, Systemgegner - wie die Bundesregierung die Volksrepublik in ihrer China-Strategie beschreibt, macht deutlich, wie komplex das Verhältnis zu Peking ist. Doch davon, dass China zunehmend die Nähe des Westens sucht, kann derzeit keine Rede sein. Verbündete sind andere: Mit Russland, das seit fast drei Jahren einen Angriffskrieg in der Ukraine führt, Nordkorea und dem Iran kooperiert Peking immer enger.
Auf der internationalen Bühne tritt die Volksrepublik als Vermittler auf. Regelmäßig ruft Peking zur Deeskalation im Ukraine-Krieg auf und will den Konflikt nach eigenen Angaben politisch lösen. Dabei ist Peking der wichtigste Rückhalt Moskaus und hat das russische Vorgehen im Nachbarland bislang nicht verurteilt. Die Bundesregierung geht inzwischen sogar davon aus, dass China seine Verbündeten mit der Produktion von Drohnen unterstützt, was Peking zurückweist.
„Chinas anhaltende Unterstützung für Russland stellt eine indirekte Bedrohung für die Sicherheit Europas dar“, sagt China-Analyst Alexander Brown vom Institut Merics in Berlin.
Grund 2: Schwierige Handelsbeziehungen
Deutschland und die übrige EU sowie die USA sind wirtschaftlich eng mit China verflochten. Die wirtschaftlichen Verflechtungen stehen jedoch zunehmend auf dem Prüfstand. 2025 wird vor allem die Frage von Bedeutung sein, inwieweit der designierte US-Präsident Donald Trump die angedrohten Zölle gegen China umsetzen wird.
„Ich halte es durchaus für möglich, dass wir hohe Zölle sehr früh in der Amtszeit zusammen mit einer Reihe anderer Instrumente sehen werden“, sagt Scott Kennedy von der US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS). Der China-Analyst vermutet, dass die neue US-Regierung die amerikanische Wirtschaft von der chinesischen abkoppeln will - auch um die Volksrepublik zu schwächen.
Sollte China durch hohe US-Zölle Einbußen im Handel mit den USA erleiden, könnte dies wiederum Auswirkungen auf die EU haben. Peking könnte dann versuchen, verstärkt billige chinesische Produkte auf dem europäischen Markt abzusetzen.
Grund 3: Die chinesische Wirtschaft
Chinas Wirtschaft schwächelt wie lange nicht mehr - und es ist unklar, wie die Führung die Trendwende schaffen will. Der Immobiliensektor steckt in der Krise, der Konsum schwächelt, was auch internationale Unternehmen auf dem chinesischen Markt zu spüren bekommen. Als wäre der Wettbewerb mit chinesischen Konkurrenten nicht schon groß genug, geraten dadurch auch deutsche Konzerne auf ihrem Schlüsselmarkt weiter unter Druck.
Als Reaktion auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten hat die chinesische Regierung für 2025 weitere Konjunkturhilfen angekündigt. Erstmals seit 14 Jahren soll eine «moderat lockere» Geldpolitik verfolgt werden - ein deutlicher Kurswechsel. Die Maßnahmen sollen Zinssenkungen und gezielte Investitionsanreize umfassen. Zudem hat Peking angedeutet, den Konsum ankurbeln zu wollen. Trotz dieser Bemühungen bleibt der Ausblick auf 2025 unsicher.
4. Grund: Die Taiwan-Frage
Die Inselrepublik Taiwan ist von China nur durch eine Meerenge getrennt. Sie hat seit Jahrzehnten eine demokratische Regierung. Doch China zählt Taiwan zu seinem Territorium und Xi Jinping will Taiwan an China binden. Im Westen gibt es Befürchtungen, dass die chinesische Armee in Taiwan einmarschieren könnte - schließlich gibt es immer wieder Drohungen der chinesischen Führung, wenn der Anschluss nicht friedlich gelinge, dann mit Hilfe der Armee. Die USA haben Taipeh für diesen Fall militärischen Beistand zugesagt und beliefern die Republik mit Waffen, auch wenn sie sie offiziell nicht anerkennen.
Es ist möglich, dass die USA unter Trump einen neuen Kurs einschlagen - der Republikaner forderte im Wahlkampf, Taiwan solle für den US-Schutz zahlen. Doch die Taiwan-Frage dürfte die Beziehungen zwischen Peking und Washington weiter belasten.
Experten sehen eine zunehmende Bedrohung in der Taiwanstraße. Die Wahrscheinlichkeit, dass es 2025 zu einem bewaffneten Konflikt kommt, sei aber eher gering, sagt Su Tzu-yun vom taiwanesischen Institut für nationale Verteidigung und Sicherheitsforschung. Selbst bis 2027 - die USA hatten dieses Jahr unter anderem wegen des 100. Jahrestages der Gründung der Volksbefreiungsarmee für einen möglichen Angriff Chinas ins Spiel gebracht - sei ein bewaffneter Konflikt eher unwahrscheinlich.
Ein Krieg in der Meerenge zwischen China und Taiwan sowie im Südchinesischen Meer hätte fatale Folgen für den Welthandel, da über diese Routen ein entscheidender Teil des internationalen Frachtverkehrs abgewickelt wird. China hat Taiwan wiederholt als „rote Linie“ in den Beziehungen zu den USA bezeichnet, die nicht überschritten werden dürfe.
5. Grund: Alarmierende Menschenrechtslage
Menschenrechtsorganisationen werfen der chinesischen Regierung vor, trotz heftiger internationaler Kritik weiter gegen Uiguren und andere turkstämmige Muslime in der westchinesischen Region Xinjiang vorzugehen. Auch in Tibet gehen die Repressionen weiter. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch staatliche Zensur ist ein weiteres Thema, das China immer wieder in die Kritik bringt. In Hongkong werden die Prozesse gegen prominente Demokratieaktivisten fortgesetzt.
Seit der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes 2020 hat die chinesische Regierung ihre Kontrolle über die Sonderverwaltungszone ausgeweitet. Zahlreiche prodemokratische Aktivisten wurden inhaftiert, Proteste niedergeschlagen.