Aufbruchsstimmung bei Continental: Der neue CEO Nikolai Setzer hat heute seine Strategie für das Unternehmen vorgestellt. Sein ambitioniertes Ziel: Continental will besonders im Autozulieferergeschäft aus der Krise herauswachsen und in vielen Bereichen schneller als der Markt wachsen. Das heißt: In den kommenden drei bis fünf Jahren soll der Konzern durchschnittlich rund fünf bis acht Prozent organisch wachsen.
Im Bereich Automotive Technologies rechnet die Konzernleitung zum Beispiel damit, dass der Markt pro Jahr rund fünf bis sieben Prozent wächst. Continental will dieses Wachstum um rund zwei bis vier Prozentpunkte übertreffen. „Mit unseren zukunftsorientierten Technologien und unserem erfolgsgetriebenen weltweiten Team werden wir zu den Gewinnern der Transformation der Mobilitätsindustrie zählen“, sagte Setzer.
Gelingen soll das mit einer Drei-Punkte-Strategie:
Continental unterscheidet zwischen Wachstum und Ertrag
Continental will künftig zwischen Produkten in einem dynamischen Marktumfeld und Produkten in gesättigten Märkten unterscheiden. Das bedeutet, es gibt eine Unterteilung in „Fokus Wachstum“ bei dynamischen und „Fokus Ertrag“ bei gesättigten Märkten. Setzer nennt es „wertschaffendes Wachstum“.
Bei letzterem gehe es vor allem um Generierung von Cash und Erhaltung der Profitabilität, so Setzer. Dazu zählen Bereiche wie Sicherheitslösungen sowie Anzeige- und Bediensysteme. Überproportionales Wachstum erwartet der CEO dagegen beim autonomen Fahren und digitalen Dienstleistungen. Hier wolle man seine Kompetenz als Softwareunternehmen ausspielen. Durch diese Unterscheidung sollen ausreichend Mittel zum wettbewerbsfähigen und auf Markt- sowie Technologieführerschaft ausgerichteten Ausbau der Wachstumsfelder erwirtschaftet werden. Um das zu schaffen, denkt das Unternehmen auch über Zukäufe nach, erklärte Finanzvorstand Wolfgang Schäfer.
Der geplante Spin-Off von Vitesco Technologies soll wie geplant 2021 stattfinden.
Leistungsfähigkeit soll gesteigert werden
Der zweite Punkt der Strategie ist eine Stärkung der operativen Leistungsfähigkeit. Damit soll die Kostenstruktur an die weltweiten Marktbedingungen angepasst werden, so der CEO. Diese Maßnahmen wurden bereits im Strukturprogramm „Transformation 2019-2029“ zusammengefasst und werden seit September umgesetzt.
Wie berichtet, sind rund 30.000 Arbeitsplätze von den Sparplänen betroffen. Sowohl Setzer als auch Finanzvorstand Schäfer betonten, es handle sich nicht um einen Stellenabbau, sondern um eine Veränderung. Jobabbau sei lediglich die letzte Variante. Ziel sei es, die Zahl der Entlassungen so gering wie möglich zu halten.
Zuletzt hatte die IG Metall Gespräche mit Continental abgebrochen. Die Gewerkschaft wirft dem Unternehmen vor, kein Interesse daran zu haben, Massenentlassungen zu verhindern und über Alternativen zum Arbeitsplatzabbau zu sprechen (mehr dazu lesen Sie hier).
Auch Kurzarbeit ist bei Continental weiter ein Thema. Im November waren noch rund 2.000 Beschäftigte in allen Unternehmensbereichen davon betroffen, sagte Schäfer auf Nachfrage. Zum Vergleich: Im September waren es noch 10.000, im Frühjahr sogar 30.000 Mitarbeiter. Auch im Dezember gebe es vereinzelt Kurzarbeit. Wie stark die Werke ausgelastet sind, hänge von der Nachfrage der Kunden ab, so Schäfer.
Nachhaltigkeit wird immer wichtiger
Daneben sollen in Schritt zwei der Strategie kontinuierlich Produktivitätsverbesserungen durchgeführt werden – zum Beispiel durch Automatisierung und Digitalisierung in den Werken. Dazu zählen auch autonome, fahrerlose Transportsystem, die Continental künftig selbst produzieren will. Nicht nur Continental beschäftigt sich mit dem Thema, auch Kuka und BMW setzen auf autonome Systeme.
Als dritten Punkt will das Unternehmen künftig stärker auf Vernetzung und Nachhaltigkeit setzen. So will das Unternehmen bis 2030 der fortschrittlichste Hersteller in der Reifenindustrie werden. Bis 2050 soll die Reifenproduktion komplett auf nachhaltig erzeugte Materialien umgestellt werden.
Nächstes Jahr feiert der Zulieferer übrigens sein 150-jähriges Bestehen. „Wir treten mit der gleichen Gewinnermentalität an, wie die erste Generation“, erklärte der CEO.